3. Wesentliche Regelungsinhalte
3.1 Keine Pflicht zur FDI-Kontrolle
Die FDI Screening-VO verlangt von den Mitgliedstaaten nicht, dass sie ein Investitionsprüfungsregime einrichten. Die Mitgliedstaaten sollen weiterhin ihre jeweilige Situation und ihre nationalen Gegebenheiten berücksichtigen können. Die FDI Screening-VO schafft daher keine Pflicht für die Mitgliedstaaten, einen Kontrollmechanismus einzuführen.7
Hinsichtlich der Art der Investitionen, die kontrolliert werden, und der sensitiven Sektoren gibt die Verordnung ebenfalls keine Vorgaben. Sie benennt aber diverse Hoch- und Zukunftstechnologien als sicherheitsrelevant und unterstützt die Eingriffsbefugnisse der Mitgliedstaaten bei ausländischen Direktinvestitionen in europäische Schlüsseltechnologieunternehmen. Hierzu zählen unter anderem KI-Unternehmen (Künstliche Intelligenz), Robotik (in bestimmten Bereichen), Halbleiter- oder Quantentechnologie.
Das FDI Screening und etwaige Beschränkungen des ausländischen Investors dürfen weiterhin nur aus Gründen der Sicherheit und öffentlichen Ordnung erfolgen (Art. 3 und 4). Die FDI Screening-VO legt darüber hinaus bestimmte Mindestanforderungen an das Verfahren fest, was die Transparenz8, Diskriminierungsfreiheit, gerichtliche Kontrollmöglichkeit9 und Dauer anbelangt10.
3.2 Keine Prüfeintrittsschwelle
Anders als viele Mitgliedstaaten, die bereits über ein Investitionsprüfungsverfahren verfügen, legt die Verordnung keine Prüfeintrittsschwelle fest; auch der Begriff der Investition in Art. 2 Abs. 1 ist weiter und erfasst insbesondere auch „Greenfield-Investments“ (d.h. Investitionen in die Errichtung einer ersten Tochtergesellschaft im betreffenden Mitgliedstaat) sowie Investments in einzelne Vermögensgüter wie Grundstücke oder Immobilien, die für die Nutzung kritischer Infrastrukturen von wesentlicher Bedeutung sind.11 In Polen, Frankreich, Österreich und Deutschland sind derzeit weder Greenfield-Investments noch Investitionen in einzelne Assets wie Immobilien erfasst.
3.3 Kooperationsmechanismus
Der Fokus der Verordnung liegt auf einer „Verklammerung“ der FDI-Prüfung der Mitgliedstaaten durch einen Kooperationsmechanismus, der gegenseitigen Informationsaustausch und Stellungnahmen ermöglichen soll, und damit eine Art „neighborhood watch“.
Der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten soll über jeweils in den Mitgliedstaaten einzurichtende Kontaktstellen stattfinden. Die Kontaktstelle für Deutschland ist beispielsweise beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) angesiedelt.
Die FDI Screening-VO räumt den Mitgliedstaaten nichtsdestoweniger ausdrücklich das Letztentscheidungsrecht ein, ob – und wenn ja, wie – sie eine ausländische Direktinvestition im Rahmen der FDI Screening-VO überprüfen.12 Weder die Kommission noch andere Mitgliedstaaten können eine Investition in einem (anderen) Mitgliedstaat verhindern; möglich ist es ihnen nur, ihre Bedenken in Form von Kommentaren (Mitgliedstaaten) oder Stellungnahmen (Kommission) zu übermitteln.13 Diese muss der betroffene Mitgliedstaat „angemessen berücksichtigen“14 und eine Abweichung begründen („comply or explain“).15 Die Mitgliedstaaten haben dennoch hierdurch künftig die Möglichkeit, einen Unternehmenserwerb zu prüfen und notfalls zu verbieten respektive prüfen und verbieten zu lassen, wenn die Investition die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eines anderen Mitgliedstaats voraussichtlich beeinträchtigt. Den Kommentaren und Stellungnahmen soll vornehmlich beratende Funktion zukommen. Es besteht aber eine einheitliche Informationspflicht.16
Nicht ganz unproblematisch ist, dass bei nicht geprüften Transaktionen Kommentare noch bis zu 15 Monate nach Abschluss der ausländischen Direktinvestition übermittelt werden können.17 Kürzer ist diese Frist augenscheinlich nur, wenn Informationen vom Mitgliedstaat erfragt werden.18 Diese starre Frist steht in Widerspruch zu Art. 3 Abs. 3 der FDI Screening-VO, wonach die Mitgliedsstaaten einen eigenen Zeitrahmen für ihr jeweiliges Prüfungsregime setzen und eine Berücksichtigung der Kommentare und Stellungnahmen ermöglichen dürfen.