LEBENSWERK: Wo liegen die größten Herausforderungen auf dem Weg?
Prof. Oliver Herkommer: Gestiegene Energiekosten, instabile Lieferketten und ein durchgängiger Fachkräftemangel – das sind nur einige Themen, auf die Unternehmen akut reagieren müssen. Angesichts der steigenden Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit gilt es, sich neu zu positionieren, um effektiv und zugleich nachhaltig durch diese unsicheren Zeiten zu navigieren. Das fängt bei den Themen Materialbeschaffung und Produktdesign an und geht über die Fabrikplanung bis hin zur nachgelagerten Logistik und Recycling. Die Industrie steht hauptsächlich vor der Herausforderung, erreichbare und gleichzeitig ambitionierte Ziele zu definieren und diese durch gezielte Maßnahmen zur Emissionsreduktion anzugehen. In unserer Studie wurde vor allem die Investitionshöhe entsprechender Maßnahmen als hemmender Faktor genannt. Dies lässt vermuten, dass ganzheitliche Kosten-management-Methoden wie beispielsweise das Life-Cycle-Costing im verarbeitenden Gewerbe derzeit noch keine breite Anwendung finden. Die Emissionsverringerung in der vor- und nachgelagerten Lieferkette ist insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen eine derzeit nahezu unlösbare Aufgabe.
LEBENSWERK: Wie kann ein Unternehmen die Investitionen stemmen, die für eine sinnvolle ESG-Strategie nötig sind?
Prof. Oliver Herkommer: Die größten Investitionen sind zur Optimierung der eigenen Wertschöpfung erforderlich. Um diese Optimierung zu erreichen, gilt es im ersten Schritt, die Unternehmensstrategie mit der ESG-Strategie zu verknüpfen. Auf dieser Basis kann dann eine Roadmap erstellt und daraus ein auf zehn Jahre entwickelter Masterplan abgeleitet werden. Somit sind Neuinvestitionen mit den Ersatzinvestitionen verknüpft und in machbare Schritte aufgeteilt. Unternehmen müssen anfangen, Nachhaltigkeit nicht als Kostenfaktor zu definieren, sondern als Investition in ihre eigene Zukunftsfähigkeit. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet nicht zwangsläufig höhere Kosten, sondern birgt in vielen Fällen ökonomisches Potenzial. Aus der Erfahrung in unseren Kundenprojekten können wir sagen, dass Maßnahmen in Richtung Nachhaltigkeit immer langfristig wirken.
LEBENSWERK: Wie kann eine Beratung wie Ingenics auf diesem Weg unterstützen?
Prof. Oliver Herkommer: Die Themen Nachhaltigkeit und Reduzierung von CO2-Emissionen stehen für uns vor allem in den Bereichen Produktion, Logistik und Wertschöpfung im Fokus. Hier verfügen wir aus unseren Projekten über zahlreiche Use-Cases und Best Practices. Zudem unterstützen wir unsere Kunden auch dahingehend, in der vorgelagerten Prozesskette die Supply Chain zu optimieren. In diesem Bereichen verfügen wir über das Know-how und die entsprechenden technologischen Lösungen, um Kosten und CO2-Emissionen gegenüberzustellen. Generell zeigt sich: Unternehmen wünschen sich Unterstützung und sind teilweise sogar auf diese angewiesen. Wir verstehen uns in erster Linie als Transformationspartner, der Nachhaltigkeit in allen Bereichen mitdenkt und umsetzt.
LEBENSWERK: Herr Herkommer, danke für die spannenden Anregungen.
Zum Interviewpartner:
Prof. Oliver Herkommer ist Inhaber und Managing Partner der Unternehmensberatung Ingenics. Eine besondere Expertise von Ingenics ist die Transformation und Digitalisierung von Geschäftsmodellen, Produkten und Prozessen. Seit über 40 Jahren ist das Unternehmen branchenübergreifender Partner mit Expertise in Strategie-, Prozess- und Organisationsberatung sowie Umsetzung und Softwarelösungen. Im Fokus steht ein nachhaltiger Ansatz für den Erfolg der Kunden. Das Thema Nachhaltigkeit ist Prof. Herkommer auf beruflicher wie persönlicher Ebene ein großes Anliegen. Seine Vision: die Zero Emission Company.