b) Verfahren
Die Verfahren sind in allen vier Ländern ähnlich und seit der Umsetzung der FDI Screening-VO deutlich transparenter ausgestaltet. Je nach Gesetzgebung muss unmittelbar vor oder nach dem Signing eine Benachrichtigung an die verantwortliche Stelle erfolgen, wenn eine Meldepflicht besteht. Diese Stelle muss innerhalb weniger Wochen entscheiden, ob die Transaktion direkt genehmigt wird oder allenfalls vertieft geprüft werden muss (in Deutschland: ob das Prüfverfahren als „Hauptverfahren“ überhaupt eröffnet wird). Letzteres löst eine neue Frist von einigen Monaten aus. Eine Verlängerung dieser Frist ist unter gewissen Umständen möglich. Nach Abschluss der vertieften Prüfung erfolgt entweder die Erteilung der Genehmigung, wobei diese mit Auflagen verbunden sein kann, oder die Untersagung des Erwerbs, was eine Verweigerung der Transaktion zur Folge hat.
c) Sanktionen und Folgen
Auch die Sanktionsandrohungen zur Abwehr nicht genehmigter, aber meldepflichtiger Transaktionen ähneln sich stark. Wer gegen ein Vollzugsverbot verstößt oder dieses zu umgehen versucht, kann mit erheblichen Bußgeldern rechnen: In Deutschland können die involvierten Personen eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 500.000 EUR erhalten. In Österreich drohen bis zu drei Jahre Haft. Zur Durchsetzung einer Anordnung kann in Frankreich ein Zwangsgeld von bis zu 50.000 EUR pro Tag verhängt sowie der Zugang zu Gewinnen oder die Ausübung von Stimmrechten verhindert werden. Bei Nichtbeachtung kann zudem eine vom Transaktionsvolumen abhängige Geldstrafe verhängt werden. Auch in Polen sind die Strafen äußerst rigide; es drohen bis zu fünf Jahre Haft und eine Geldstrafe von maximal 12,5 Mio. EUR.

Abb. 1 • Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Quelle: Eigene Darstellung
(6) Differenzen
a) Voraberledigung
In Frankreich ist es für einen Investor oder das Zielunternehmen möglich, im Vorhinein abzuklären, ob die Tätigkeit des Zielunternehmens in einen der vom Investitionsschutz betroffenen Sektoren fällt. Derlei Anfragen werden vom Wirtschaftsministerium innerhalb von zwei Monaten beantwortet. Auch in Österreich ist es möglich, eine gewisse Rechtssicherheit bereits vor dem Signing zu erreichen: Es kann vor Vertragsabschluss eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt werden. Aufgrund der hohen Anforderungen geschieht dies in der Praxis aber erst, wenn die Transaktionsstruktur klar ist. Auch hier haben die Behörden zwei Monate Zeit, sich zu äußern. In Deutschland besteht diese Möglichkeit für Unternehmen, die der sektorenübergreifenden Prüfung unterliegen, seit der letzten Revision der Außenwirtschaftsverordnung nur dann, wenn sie nicht in den Katalog der meldepflichtigen Erwerbe fallen (d.h. in den Katalog des § 55a AWV). Ein entsprechendes Freigabeverfahren kann erst nach der Meldung der Transaktion lanciert werden, weil es an die Meldepflicht anknüpft. In Polen muss eine solche Transaktion bereits vor dem Abschluss eines erwerbsverpflichtenden Vertrages gemeldet werden.
b) Gruppeninterne Transaktionen
Ebenfalls unterschiedlich werden gruppeninterne Transaktionen gehandhabt. In Frankreich sind gruppeninterne Investitionen von der Investitionskontrolle ausgenommen, wenn alle juristischen Personen der Gruppe zu mehr als 50% vom gleichen Aktionär direkt oder indirekt kontrolliert werden. Dies gilt nicht, wenn durch die Investition ein kritischer Geschäftszweig ins Ausland verlegt werden soll. In Deutschland entfällt die Meldepflicht, wenn sowohl die veräußernde als auch die erwerbende Gesellschaft sowie deren gemeinsame Muttergesellschaft den Sitz im gleichen Drittland haben. Keine generellen Ausnahmen für gruppeninterne Transaktionen sieht Österreich vor. Nach Ansicht der dortigen Behörden können prinzipiell alle internen Umstrukturierungen genehmigungspflichtig sein. Ähnlich verhält es sich in Polen. Auch dort greift keine Ausnahme bei gruppeninternen Transaktionen.
c) Schwellenwerte
Im Grundsatz ähnlich, aber nicht identisch, sind die Schwellenwerte, ab welchen eine Investition vom Investitionsschutz erfasst wird. In Frankreich ist prinzipiell der Kontrollerwerb oder Erwerb eines Geschäftszweigs maßgeblich. Darunter fällt auch eine Beteiligung von mehr als 25% der Stimmrechte. Im Zuge der Covid-Pandemie wurde diese Schwelle für börsennotierte Unternehmen vorübergehend, das heißt bis zum 31. Dezember 2022, auf 10% reduziert. In Deutschland gilt für besonders kritische Sektoren eine Schwelle von 10%, für Industrien außerhalb der eigentlichen Grundversorgung eine Schwelle von 20% und für alle übrigen (nicht meldepflichtigen) Industrien eine Schwelle von 25%. Auch in Österreich sind Investitionen in besonders sensiblen Bereichen bereits ab einer Beteiligung von 10% genehmigungspflichtig. Ist diese Schwelle bereits vor der Transaktion überschritten, gilt eine Folgeschwelle von 25%, respektive 50%, falls auch letztere bereits überschritten sein sollte. Bei weniger sensiblen, aber dennoch geschützten Sektoren entfällt die erste Schwelle. Auch Polen unterstellt Kontrollübernahmen in bestimmten Sektoren einer Bewilligungspflicht. Darunter fällt bereits das Erlangen einer beherrschenden Stellung. Das ist ab einer Übernahme von 20% der Anteile einer Unternehmung oder demselben Anteil der Stimmen im entscheidungsbefugten Organ, oder ab einer 40% Beteiligung am Gewinn der Fall. Zusätzlich ist auch die Verpachtung des Gesamtgeschäfts einer geschützten Unternehmung betroffen. Ausgenommen sind jedoch Investitionen in Gesellschaften, die in einem der beiden vorangehenden Jahre einen Umsatz von weniger als 10 Mio. EUR erzielten. Eine ähnliche Regelung besteht in Österreich. Dort sind Kleinstunternehmen und Start-ups ebenfalls ausgenommen.