Page

Pages

<p>Die M&amp;A REVIEW wurde 1990 von Prof. Dr. Günter Müller-Stewens ins Leben gerufen und von 1992 bis 2016 vom Institut für Betriebswirtschaft (IfB) an der Universität St. Gallen betreut. Seit 2016 ist Prof. Dr. Christoph Schalast der Herausgeber. <br><br>Das Magazin liefert monatlich Fachbeiträge zu Unternehmensübernahmen und Fusionen im deutschsprachigen Raum und international. Sie bietet einen Überblick über aktuelle M&amp;A-Trends, erfolgte Transaktionen und beteiligte Interessengruppen wie Käufer, Verkäufer, Berater und Intermediäre. Die Themen umfassen praxisrelevante Fragestellungen entlang des gesamten M&amp;A-Prozesses, Analysen von Verflechtungsstrukturen einzelner Konzerne und Branchen, statistische Auswertungen, Länderanalysen sowie juristische und steuerrechtliche Beiträge.</p>

<p>Die M&amp;A REVIEW richtet sich vornehmlich an M&amp;A-Professionals im deutschsprachigen Raum. Dazu gehören zunächst Führungskräfte in Strategie- und M&amp;A-Abteilungen von Unternehmen sowie deren Unternehmensleitungs- und Kontrollebene. Daneben zählen Unternehmensberater, Vertreter von Investmentbanken und Corporate Finance-Boutiquen sowie Partner und Mitarbeiter von Wirtschaftsprüfungs-/Steuerberatungs- sowie Rechtsanwaltssozietäten, die im Bereich der Unternehmensübernahmen und Fusionen tätig sind, zum Leserkreis. Auch Finanzinvestoren beziehen regelmäßig die M&amp;A REVIEW. Aufgrund der wissenschaftlichen Fundierung und des universitären Hintergrunds ist die Fachzeitschrift auch in vielen Universitäten und Forschungseinrichtungen verfügbar.</p>

<ul><li><p> Mit über 30 Jahren führende Fachzeitschrift rund um M&amp;A seit 1990 (deutschsprachig)</p></li><li><p>Seit 1.1.2015 offizielles Publikationsorgan des Bundesverbands Mergers &amp; Acquisitions e.V.</p></li><li><p>10 Ausgaben im Jahr mit Doppelausgaben im Januar/Februar und Juli/August</p></li><li><p>Print-Auflage bei ca. 1.000 Exemplaren pro Ausgabe</p></li><li><p>kostenloser M&amp;A REVIEW Online-Zugriff auf Archiv (nur für Abonnenten – hauptsächlich deutschsprachig)</p></li><li><p>Seit Juni 2020 Zusammenarbeit mit dem französischen Fachmagazin Fusions &amp; Acquisitions, seit 2023 gemeinsamer Auftritt mit englisch-sprachigen Fachmagazin Combuyn</p></li></ul>

Thumbnails

ausgabenuebersicht-teaser.png

Publikation

Leo Berthier

leo.berthier@manda.co

Ausgabenübersicht

Sonderausgaben

Jahresindizes

Autorinnen und Autoren

Dossiers

Podcasts

Partner

Kontakt

MANDACO

NEWSROOM

M&A REVIEW

LEBENSWERK

COMBUYN

Login

Profil

Logout

M&A Advisor

M&A Tool Provider

Corporate

University Member

PE, Family Office

Student

Others...

mandaco

M&A Review

Combuyn

Lebenswerk

Allgemein

optional

Recht & Steuern

<p>Tassilo Klesen ist Partner bei ADVANT Beiten in Berlin und Mitglied der Praxisgruppe Corporate/M&amp;A. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen Mergers &amp; Acquisitions und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen. Er berät seine nationalen und internationalen Mandanten insbesondere bei Transaktionen, Umstrukturierungen sowie zu handelsrechtlichen Fragestellungen.</p>

Tassilo Klesen

<h3>1. Einleitung</h3><p>Produkthaftung stellt schon jetzt ein nicht zu unterschätzendes Risiko für produzierende Unternehmen dar. Mit einem Richtlinien-Entwurf vom 28.09.2022 des Europäischen Gesetzgebers wird das Produkthaftungsgesetz noch einmal aktualisiert und nachgeschärft. Worum es in der Produkthaftungsrichtlinie geht, worauf Unternehmen achten sollten und wie man sich in M&amp;A-Transaktionen vor produkthaftungsrechtlichen Risiken schützt, wird hier dargestellt.</p><h4>1.1 Produkthaftungsgesetz derzeit</h4><p>In Deutschland wurde die bisherige Produkthaftungsrichtlinie (ProdHaftRL) aus dem Jahr 1985 (RL 85/374/EWG) durch das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) umgesetzt. Ausgangspunkt ist dabei § 1 Abs. 1 ProdHaftG. Im Grunde muss dabei der Hersteller eines fehlerhaften Produktes Schadensersatz leisten, wenn durch das fehlerhafte Produkt ein Mensch getötet oder verletzt wird oder wenn dieses Produkt eine andere Sache beschädigt. Da es sich um eine Gefährdungshaftung handelt, ist allein der objektive Umstand der Beschädigung oder Verletzung durch das fehlerhafte Produkt maßgeblich. Auf einen Vorsatz oder andere subjektive Umstände kommt es nicht an.</p><p>Damit geht auch einher, dass sich der Hersteller nur in begrenzten Situationen von der Haftung befreien kann, beispielsweise indem er darlegt und beweist, dass das Produkt zum Zeitpunkt, in dem es in den Verkehr gebracht worden ist, den gültigen und anerkannten Regelungen der Technik entsprochen hat.</p><h4>1.2 Geplante Neuerungen</h4><p>Da das Produkthaftungsgesetz auf der Richtlinie aus dem Jahr 1985 beruht und es seitdem keine wesentlichen Änderungen gab, hat die Europäische Kommission entschieden, die Richtlinie an die Gegebenheiten des digitalen Marktes anzupassen. Insbesondere die gelebte Praxis in der Softwareindustrie, Software nicht als Produkt im Sinne des ProdHaftG zu klassifizieren, wird durch den Entwurf zur ProdHaftRL vom 28.09.2022 („RL-E“) so nicht mehr weiter bestehen können.</p><p>Insgesamt werden in dem Entwurf der persönliche (Wer ist „Hersteller“ im Sinne des Gesetzes) und der sachliche (Was ist „Produkt“ im Sinne des Gesetzes) Anwendungsbereich erweitert. Darüber hinaus wurden auch die Entlastungsmöglichkeiten des Herstellers eingeschränkt und der Beweisrahmen zulasten des Herstellers verschärft. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Am 09.10.2023 hat der gemeinsame Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie Rechtsfragen mit Änderungen an der RL-E abgestimmt.</p><h5>1.2.1 Wer ist Hersteller? Der persönliche Anwendungsbereich</h5><p>Im Rahmen des persönlichen Anwendungsbereichs sollte zunächst beachtet werden, dass der Hersteller nach der RL-E zukünftig nicht nur der physische Produzent der Ware ist, sondern auch Hersteller von Teilprodukten („Komponenten“), welche in ein anderes Produkt eingebaut werden. Selbst die Unternehmer, die Produkte im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes wesentlich verändern, unterfallen in Zukunft dem „Herstellerbegriff“ unter der RL-E.</p><p>Neben dem physischen Hersteller der Ware haftet auch der europäische Importeur der Ware. Dabei ist anzumerken, dass auch der Bevollmächtigte des Herstellers im Sinne des Produktsicherheitsrecht haften kann, wenn der Hersteller seinen Sitz außerhalb der EU hat. Dies gilt auch für sogenannte „Fulfillment-Dienstleister“. Zudem ist auch der „Quasi-Hersteller“ – also derjenige, der nur sein Logo oder seine eigene Marke am Produkt eines anderen Herstellers anbringen lässt – Hersteller im Sinne des Richtlinienentwurfs.</p><p>In besonderen Fällen ist auch die Haftung des Händlers vorgesehen. So haftet der Händler dann, wenn ein in der Lieferkette vorangeschalteter Wirtschaftsakteur nicht feststellbar ist und der Händler innerhalb eines Monats keine Auskunft über diesen geben kann. Diese Händlerhaftung erstreckt sich nach dem Richtlinienentwurf auch auf Onlineplattform-Anbieter.</p><h5>1.2.2 Erfasste Produkte – Der sachliche Anwendungsbereich</h5><p>Bislang umfasste das Produkthaftungsgesetz bewegliche Sachen und Elektrizität. Der Entwurf erweitert diesen Anwendungsbereich nunmehr und bezieht ausdrücklich digitale Bauunterlagen und Software (Art. 4 (1) RL-E) mit ein. Die diesbezüglich geführte Kontroverse, ob Software in den sachlichen Anwendungsbereich des Produkthaftungsgesetzes fällt, ist damit obsolet geworden.</p><p>Die Begründung des Entwurfs listet beispielhaft als „Software“ auf: Betriebssysteme, Firmware, Computerprogramme, Anwendungen oder KI-Systeme. Zudem stellt der Entwurf klar, dass Software sowohl ein eigenständiges Produkt sein als auch als Komponente in andere Produkte integriert werden kann.</p><h5>1.2.3 Fehlerhaftigkeit</h5><p>Der Fehlerbegriff ist grundsätzlich identisch zur bisherigen Gesetzeslage. Ein Produkt ist fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die die breite Öffentlichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände erwarten darf. Dabei ist neben einem Basisstandard auch der Sicherheitsstandard für die schwächste in Betracht kommende Nutzergruppe zu berücksichtigen.</p><p>Die Besonderheit des Richtlinienentwurfs liegt in dem konkretisierten Regelkatalog der Umstände (Art. 6 RL-E). Zu den Umständen zählen insbesondere die Aufmachung des Produkts, einschließlich der Anweisungen für Installation, Verwendung und Wartung, die vernünftigerweise vorhersehbare und missbräuchliche Nutzung des Produkts und zudem Sicherheitsanforderungen in Bezug auf die Cybersicherheit.</p><p>Zuletzt wird auch auf die spezifischen Erwartungen der Endnutzer, für die das Produkt bestimmt ist, ab-<br>gestellt.</p><p>Für die – in Gerichtsverfahren – mit vielen Gutachten behaftete Beweisfrage, ob ein Produkt fehlerhaft ist, gibt es von der Rechtsprechung vereinfacht drei Fehlerkategorien, anhand derer man eine Beurteilung, ob ein Produkt fehlerhaft ist, vornehmen kann. Dabei wird zwischen Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern unterschieden.</p><p>Fabrikationsfehler liegen vor, wenn ein Produkt von den Standardvorgaben der Produktserie abweicht. In solchen Fällen ist der Hersteller fast immer haftbar. Selbst für seltene „Ausreißer“ mit geringer Wahrscheinlichkeit aufgrund aufwendiger Qualitätskontrollen kann der Hersteller haften. Gelegentlich kann eine umfassende Dokumentation und Kontrolle aller ausgelieferten Produkte dazu dienen, das Vorliegen eines Fabrikationsfehlers beim Inverkehrbringen zu widerlegen.</p><p>Konstruktionsfehler sind relevant, wenn es zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts alternative Konstruktionsmöglichkeiten gab, die Schäden verhindert hätten. Bei der Produktkonstruktion sollten die allgemein anerkannten Regeln der Technik ermittelt, beachtet und dokumentiert werden. Es könnte erforderlich sein, in späteren Serien die Konstruktion zu überarbeiten, um erkannte Produktrisiken zu minimieren.</p><p>Ein Instruktionsfehler tritt auf, wenn der Verbraucher nicht ausreichend über die korrekte Verwendung des Produkts und die damit verbundenen Gefahren informiert wird. Dies erfordert zunächst eine Analyse der Gefährdungspotenziale des Produkts. Hersteller sollten klare, verständliche und korrekte Gebrauchsanweisungen bereitstellen. Bei Bedarf können Warnhinweise auf dem Produkt in Form von Piktogrammen erforderlich sein. Auch die Produktverpackung sollte sorgfältig gestaltet werden, da sie möglicherweise zu Fehlgebrauch führen kann und somit eine Haftung auslösen könnte. Dies gilt auch für die Werbung des Produkts.</p><p>Anhand dieser Kategorien lässt sich auch ein Ein-druck gewinnen, was als „fehlerhaft“ im Sinne des ProdHaftG gilt.</p><h5>1.2.4 Maßgeblicher Zeitpunkt</h5><p>Bislang war der maßgebliche Zeitpunkt das Inverkehrbringen für die Anwendung des Produkthaftungsrechts. Nach dem Richtlinienentwurf können neben dem Inverkehrbringen auch die Inbetriebnahme oder der Zeitpunkt, in welchem das Produkt den Kontrollbereich des Herstellers verlässt, maßgeblich sein.</p><p>Für den Tech-Bereich ist der in Art. 10 Abs.2 RL-E genannte Rückausschluss relevant. Danach ist der Umstand, dass die Fehlerhaftigkeit des Produkts zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht bestand oder erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt entstanden ist, unerheblich, wenn dieser Umstand mit einer Software-Aktualisierung oder einem Software-Update behoben werden kann.</p><h5>1.2.5 Haftungshöchstgrenzen und Ausschlüsse</h5><p>Die Haftungshöchstgrenze, welche derzeit bei Personenschäden bei 85 Mio. EUR liegt, soll künftig entfallen. Zudem soll der Haftungsselbstbetrag bei Sachschäden bis zu 500 EUR künftig entfallen.</p><h5>1.2.6 Beweisregelungen</h5><p>Als eine praktisch wichtige Neuerung sind die Vorschriften zur Offenlegungspflicht und die Vermutungsregelungen zu nennen. Durch die Einführung dieser entsteht zusammen mit dem der Produkthaftung zugrundeliegenden Prinzip der Gefährdungshaftung ein ungünstigeres Klima für die betroffenen Wirtschaftsakteure.</p><p>Eine Beweiserleichterung für den Geschädigten in Bezug auf den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen einem Produktfehler auf der einen Seite und einem Schaden auf der anderen Seite ist zugunsten des Geschädigten anzunehmen, wenn der Schaden aufgrund einer offensichtlichen Fehlfunktion des Produkts während einer ordnungsgemäßen Nutzung auftritt.</p><p>Weiter sieht der Entwurf – entgegen den Regelungen der deutschen Zivilprozessordnung – eine Offenlegungspflicht des Wirtschaftsakteurs vor. Danach können die Gerichte auf Antrag der geschädigten Person verlangen, dass der Hersteller die in seiner Verfügungsgewalt befindlichen relevanten Beweismittel, wie etwa Konstruktionsunterlagen oder Produktbeobachtungsergebnisse, vorlegen muss.</p><h4>1.3 Weiterer Gesetzgebungsverlauf</h4><p>Der Gesetzgebungsprozess für die Richtlinie ist noch im Gange und es können sich an der finalen Fassung der Richtlinie noch einige Änderungen ergeben. Der gemeinsame Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie Rechtsfragen hat am 09.10.2023 abgestimmt und den Berichtsentwurf mit Änderungen angenommen.1</p><p>Im Berichtsentwurf2 waren in den Änderungsvorschlägen einige Einschränkungen zugunsten der Hersteller vorgenommen worden. So sollte beispielsweise im Rahmen des Schadensbegriffes der Verlust von Daten gestrichen werden, da dieser Schadensfall bereits von der DSGVO gedeckt sei. Weiter müssten psychologische Schäden des Geschädigten durch einen gerichtlich bestellten Gutachter bestätigt werden. Zudem sollten unter dem Punkt der Fehlerhaftigkeit Cybersicherheitslücken nur dann fehlerhaft sein, wenn das Produkt nicht entsprechenden europäischen oder nationalen Cybersicherheitsanforderungen entspricht. Auch sollte die Vermutungsregelung unter strengere Voraussetzungen gestellt werden (und damit faktisch entkernt) und nur dann greifen, wenn der Kläger hinreichend dargelegt hat, dass das Produkt sehr wahrscheinlich fehlerhaft war und eine sehr wahrscheinliche Ursache für den eingetretenen Schaden darstellt. In diesem Zusammenhang wurden im Änderungsvorschlag die Bedingungen für die Beweisoffenlegungen etwas verschärft.</p><p>Demgegenüber stehen die Anmerkungen des Rats vom 14.06.2023.3 Diese verbraucherfreundlichen Änderungsvorschläge sehen Erleichterungen im Rahmen der Vermutungsregelung zugunsten des Verbrauchers vor. Zudem soll die Verjährungsfrist bei Körperschäden von 15 Jahren auf 20 Jahre verlängert werden, wenn die körperlichen Schäden erst verzögert auftreten. Zudem sollen in den sachlichen Anwendungsbereich auch Rohstoffe miteinbezogen werden, was auch unter anderem Gas und Wasser betreffen könnte.</p><p>Der Bundesrat hat in einer Stellungnahme vom 16.12.2022 den Änderungsvorschlag der Europäischen Kommission und die damit verfolgten Ziele, die Produkthaftungsrichtlinie zu modernisieren, grundsätzlich begrüßt.4 So sei die Erweiterung des sachlichen und persönlichen Anwendungsbereichs ein notwendiger Schritt zur Modernisierung. Insbesondere begrüßt der Bundesrat dabei die Aufteilung der Beweislast zwischen dem Hersteller und dem Geschädigten und die Regelungen zur Beweisoffenlegung und zur Vermutungsregelung. Zudem befürwortet der Bundesrat die Möglichkeit, Ansprüche Dritter beispielsweise im Rahmen der Verbandsklage geltend zu machen. Lediglich bei der technischen Umsetzung hat der Bundesrat Bedenken geäußert.</p><p>Aus der Wirtschaft werden ablehnende Stellungnahmen verlautbart. Insbesondere der Entfall des Haftungsselbstbetrags böte in Verbindung mit der bald umgesetzten Verbandsklagenrichtlinie5 einen zusätzlichen Grund zur Sorge.</p><p>Im Bericht vom 12. Oktober 2023 wurden teils vermittelnde Positionen gefunden.6 Grundton des Berichts war die gerechte Verteilung von Risiken zwischen Verbrauchern und Produzenten. In den Schadensbegriff wurde etwa der Verlust oder die Verfälschung von Daten wieder aufgenommen, allerdings mit der Qualifikation, dass dies nur greife, wenn der Schaden einen Betrag von 1.000,00 EUR übersteigt. Die Verjährungsfrist bei Körperschäden wurde sogar von 15 Jahren auf 30 Jahre verlängert, wenn die körperlichen Schäden erst verzögert auftreten und der Geschädigte – dies ist neu – trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht in der Lage war, innerhalb von 10 Jahren ein Verfahren einzuleiten.</p><h3>2. Absicherung</h3><p>Nachdem nun die Grundzüge des Produkthaftungsrechts und des Richtlinienentwurfs vorangestellt worden sind, ist leicht erkennbar, welche Risiken sich aus dem Bereich der Produkthaftung ergeben. Diese wirken sich auch auf M&amp;A-Transaktionen aus.</p><h4>2.1 Due Diligence und Regelungen im Kaufvertrag</h4><p>Für eine hinreichende Absicherung vor produkthaftungsrechtlichen Risiken sind die Due-Diligence-Prüfung, Gewährleistungen (Representations &amp; Warranties) und Freistellungen (Indemnities) relevant.</p><p><strong>Due Diligence</strong></p><p>Die Durchführung einer Due-Diligence-Prüfung eines Zielunternehmens kann dazu beitragen, bestehende oder potenzielle Produkthaftungsrisiken zu erkennen. Die Ergebnisse dieser Prüfung dienen als Grundlage für Produkthaftungsgewährleistungen und/oder Freistellungsklauseln im Unternehmenskaufvertrag. Obwohl die technische Überprüfung der hergestellten oder vertriebenen Produkte nicht immer den Umfang der möglichen Produkthaftung vorhersagen kann, ist es möglich, die Produkthaftungsrisiken durch die rechtliche Prüfung der Kundenverträge genauer einzuschätzen (Legal Due Diligence). In diesem Zusammenhang sollte der Prüfer in erster Linie die Verträge mit den wichtigsten Kunden und die relevanten Vertragsklauseln überprüfen.</p><p><strong>Gewährleistungen</strong></p><p>Die Gewährleistungen beziehungsweise Garantien (im folgenden nur Gewährleistungen) des Verkäufers sind zentrale Bestandteile des Unternehmenskaufvertrages.</p><p>Da Produkthaftungsrisiken ein großes Risiko für Unternehmen sein können, werden regelmäßig bezüglich produkthaftungsrechtlicher Ansprüche Gewährleistungen aufseiten des Verkäufers im Vertrag übernommen. Dabei schützen Gewährleistungen grundsätzlich vor unbekannten Risiken. Soweit jedoch der Verkäufer dem Käufer gewährleistungsrelevante Umstände vor Vertragsabschluss offenlegt (Disclosure), wird die Gewährleistung des Verkäufers meist ausgeschlossen. Für vor Vertragsschluss bekannte Risiken gibt es die spezifischen Freistellungen.</p><p>Sofern eine Produkthaftungsgewährleistung verhandelt wird, ist es ratsam, für die Produkthaftungsfälle eine längere Verjährung vorzusehen, da Produkthaftungsfälle aller Regel nach mit einer Verzögerung auftreten.</p><p><strong>Freistellungen</strong></p><p>Im Rahmen von spezifischen Freistellungen wird der Käufer nur dort freigestellt, wo den Parteien etwaige Risiken des Zielunternehmens bekannt sind, jedoch Unsicherheiten bezüglich der Entstehung von Ansprüchen sowie Unsicherheiten bezüglich der Höhe der Ansprüche bestehen. Regelmäßig bezieht sich eine Freistellung dabei auf Steueransprüche und Umweltschäden. Freistellungen für die Produkthaftung finden sich hingegen selten bis nie.</p><h4>2.2 Versicherungen</h4><h5>2.2.1 Produkthaftpflichtversicherung</h5><p>Wenn der Verkäufer keine hinreichenden Gewährleistungen gewährt, hat der Käufer die Möglichkeit, sich durch die (mittelbare) Übernahme der Produkthaftpflichtversicherung des Zielunternehmens oder den Abschluss einer neuen Produkthaftpflichtversicherung ausreichend abzusichern.</p><p>Dafür gibt es verschiedene Produkthaftpflichtversicherungen und Rückrufpolicen. Diese Versicherungen bieten Schutz vor Schäden, die insbesondere durch Produkte verursacht wurden, die vom Versicherungsnehmer hergestellt oder geliefert wurden. Sie decken nicht nur produkthaftungsrechtliche Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz ab, sondern auch Schäden aus der deliktischen Produzentenhaftung.</p><p>Der Versicherungsabschluss schließt bestehende Gewährleistungen nicht aus, jedoch sind die Gewährleistungen aus dem Kaufvertrag regelmäßig nur subsidiär zum bestehenden Versicherungsschutz.</p><p>Bei Konzernstrukturen gilt es darauf zu achten, ob die Zielgesellschaft selbst versichert oder nur zum Teil über eine Police für mehrere Konzerngesellschaften erfasst ist (Umbrella Insurance Policy). In einem solchen Fall muss der Käufer sicherstellen, dass der Konzernversicherungsschutz (unter Berücksichtigung möglicher Übergangsräume) mit dem Abschluss des Unternehmenskaufvertrages endet, und für Anschlussversicherungen sorgen.</p><h5>2.4.1. W&amp;I-Versicherungen</h5><p>Ein neuer Versicherungstyp ist die W&amp;I-Versicherung (Warranty and Idemnity Insurances). Diese Versicherungen bieten den Transaktionsteilnehmern Deckung für unbekannte, in der Vergangenheit begründete Risiken des Zielunternehmens. Sie dienen dabei der Sicherung und Beschleunigung des M&amp;A-Transaktionsprozesses, denn sie bieten dem Käufer zusätzlichen Schutz, indem sie ihm einen zahlungsfähigen Anspruchsgegner geben. Häufig besteht der Verkäufer auf den Abschluss einer W&amp;I-Versicherung und die Zahlung der Police durch den Käufer.</p><p>Regelmäßig decken W&amp;I-Versicherungen jedoch keine Produkthaftungsschäden ab, sondern verlangen eine grundlegende Prüfung des bestehenden Versicherungsschutzes der Zielgesellschaft.</p><p>Ist der existierende Versicherungsschutz der Zielgesellschaft ausreichend, besteht eine Möglichkeit darin, im Rahmen der W&amp;I-Versicherung eine „Top-up-Deckung“ zu integrieren. Dabei wird auf einen bestehenden Versicherungsschutz aus der Produkthaftpflichtversicherung aufgesattelt und die Deckungssumme der zugrundeliegenden Versicherung erhöht, wenn die Verletzung der Garantie gleichzeitig auch einen Versicherungsfall für die Produkthaftpflichtversicherung darstellt und der Schaden die Deckungssumme der Produkthaftpflichtversicherung übersteigt. Die zusätzliche Summe wird dann von der W&amp;I-Versicherung übernommen.</p><h3>3. Fazit</h3><p>Mit der Umsetzung des Richtlinienentwurfs werden die Risiken einer produkthaftungsrechtlichen Inanspruchnahme voraussichtlich deutlich ansteigen, auch wenn die Änderungen im Gesetzgebungsverfahren abzuwarten sind.</p>

<p>Im M&amp;A-Verfahren stehen jedoch verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um sich dagegen abzusichern. Neben einer gründlichen technischen und rechtlichen Due-Diligence, die die Grundlage für die Transaktion bei einem risikoreichen Zielunternehmen darstellen sollte, geben auch Gewährleistungen beziehungsweise W&amp;I-Versicherungen eine gewisse Sicherheit für den Käufer. </p><hr><p>1 https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2023-0291_EN.pdf (Zugriff am 17.10.2023)</p><p>2 www.europarl.europa.eu/doceo/document/CJ24-PR-745537_EN.pdf (Zugriff am 09.10.2023)</p><p>3 https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10694-2023-INIT/en/pdf (Zugriff am 09.10.2023)</p><p>4 www.europarl.europa.eu/RegData/docs_autres_institutions/parlements_nationaux/com/2022/0495/DE_BUNDESRAT_CONT1-COM(2022)0495_DE.pdf (Zugriff am 09.10.2023)</p><p>5 U-Verbandsklagenrichtlinie 2020/1828: Kernstück ist die Einführung einer kollektiven Leistungsklage (Abhilfeklage), die neben die Musterfeststellungsklage tritt.</p><p>6 https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2023-0291_EN.pdf (Zugriff am 17.10.2023)</p>

Produkthaftung stellt schon jetzt ein nicht zu unterschätzendes Risiko für produzierende Unternehmen dar. Mit einem Richtlinien-Entwurf vom 28.09.2022 des Europäischen Gesetzgebers wird das Gesetz noch einmal nachgeschärft.

Die neue Produkthaftungsrichtlinie und Risiken in M&A-Verfahren

02) Subscription: mandaco student

03) Subscription: mandaco online