02.02.2022 | Prof. Dr. Christoph Schalast

2021 und die Covid-19-M&A-Welle?

Mein Vorgänger als Herausgeber der M&A Review, Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, vertritt seit längerem die These, dass der M&A-Markt immer wieder durch sogenannte „Wellen“ gezeichnet ist, die von einem spezifischen Thema geprägt sind. Die letzten signifikanten Wellen waren insoweit von New Economy und Globalisierung und vor allem dem rasanten Aufstieg der Finanzinvestoren/Private Equity Mitte der 2000er Jahre bestimmt.

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Mein Vorgänger als Herausgeber der M&A Review, Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, vertritt seit längerem die These, dass der M&A-Markt immer wieder durch sogenannte „Wellen“ gezeichnet ist, die von einem spezifischen Thema geprägt sind. Die letzten signifikanten Wellen waren insoweit von New Economy und Globalisierung und vor allem dem rasanten Aufstieg der Finanzinvestoren/Private Equity Mitte der 2000er Jahre bestimmt. Genau dies führte dazu, dass wir im Jahr 2007, unmittelbar vor Beginn der Finanzkrise, ein bislang unerreichtes weltweites M&A-Allzeithoch erreicht hatten. Unmittelbar darauf folgte schon in der zweiten Jahreshälfte 2007 ein massiver Abschwung, der schließlich in der Finanzkrise kulminierte. Wer hätte gedacht, dass diese beeindruckende Zahl im Covid-19-Pandemiejahr 2021 geknackt wird – niemand, den man im Frühjahr 2020 gefragt hätte. Doch schon in der zweiten Jahreshälfte war ein positiver Trend feststellbar, und nun ist es offenbar: Das Jahr 2021 wird für Deutschland wie auch weltweit zum neuen Spitzenjahr, ja man kann von einer Pandemiewelle sprechen.

Interessant ist dabei, dass alle M&A-Bereiche gleichermaßen erfasst sind. Wir sehen große Deals, wie etwa in Deutschland Vonovia/Deutsche Wohnen mit fast 30 Mrd. EUR Transaktionsvolumen, wir sehen aber vor allem einen sehr stabilen Mid-Cap-Markt unterhalb der „Elefantenzone“, und auch Small-Cap-M&A boomt. Dazu kommt ein relativ stabiles Börsenhoch.

Was sind die Ursachen? Zunächst einmal – und das wird viele überraschen – wurden offensichtlich vor der Pandemie insbesondere im Start-up-Bereich endlich die Hausaufgaben gemacht, was dazu geführt hat, dass insbesondere E-Commerce-Geschäftsmodelle made in Germany, Fintechs und andere digitale Geschäftsmodelle die Unicorn-Reife erreicht haben. Für ein Land, das seit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes vor mehr als 20 Jahren mit seinem Start-up-Ökosystem zu Recht hadert, ein bemerkenswerter Schritt. Genau diese Unicorns waren dann das „Salz in der Suppe“ des auch ansonsten 2021 nicht gerade faden deutschen Börsengeschehens. Obwohl spannende Themen wie Auto1 letztendlich mit ihrer Performance bisher enttäuschten, bleiben das Geschäftsmodell und die Idee spannend.

Dazu – und das macht ja eine gute Mischung aus – kamen „Klassiker“ wie die Abspaltung von Daimler Trucks und der folgende Börsengang. Denn dadurch wurde erst die Modell- und Markenbreite der Truck-Sparte erkenn- und auch bewertbar. Die PKW-Sparte kann sich nun auf die große Zukunftsausaufgabe der E-Mobilität und zugehörige Dienstleistungen fokussieren. In diesem Zusammenhang haben weitere Themen wie Suse im Software-Bereich oder aber Vantage Towers mit dem Dauerbrenner Infrastruktur gut funktioniert.

Hinzu kam ein Megatrend aus den USA, die SPAC-Börsenhüllen, die dort in den letzten 18 Monaten den IPO-Markt dominiert haben. Ein Trend, der langsam, aber spürbar nach Deutschland herübergeschwappt ist, etwa mit den Börsengängen von FEWO Direkt und signifikant kleiner, aber dafür sehr charmant, den Hörspielfiguren Tonies.

Diese bunte Börsenlandschaft wurde dann von Finanzinvestoren intensiv bespielt, die sie zunächst als Exit-Channel endlich wieder nutzen konnte. Darüber hinaus etablieren sich aber zunehmend auch Take-Over in Deutschland – ein Trend, der ebenfalls aus den USA kommt, Aareal und Zooplus stehen dafür. Bei Zooplus konnten wir dabei eine höchst seltene Variante beobachten: Zwei Wettbewerber haben sich zum Zwecke der Übernahme überraschend verbündet. All dies zeigt, dass M&A nicht nur größer, sondern auch abwechslungsreicher geworden ist.

Schließlich noch ein Blick auf die klassischen Deals, denn diese gab es mit vielen Facetten. Deutschland steht – völlig zu Recht – weiterhin für Familienunternehmen, und wir haben mit Hella und insbesondere Birkenstock zwei spektakuläre Transaktionen gesehen. Auffällig war dabei insbesondere die Bewertung für Birkenstock, die zeigt, welches Potenzial in berühmten Marken steckt, insbesondere wenn man sie modernisiert, wie dies in den letzten Jahren vor dem Verkauf so erfolgreich gelungen war.

All dies zeigt, dass M&A mit all seinen Facetten auch in einer Pandemie gut funktionieren kann, insbesondere wenn trotz oder wegen dieser Pandemie im Markt ausreichend Liquidität und Mut für eine Übernahme vorhanden ist – an allem, Liquidität, Erfahrung und Mut, hat es etwa in den Jahren 2008 und 2009 zu oft gemangelt.

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Autor
Prof. Dr. Christoph Schalast

Prof. Dr. Christoph Schalast, Rechtsanwalt und Notar, ist Managing Partner von Schalast LAW | TAX, akademischer Direktor des M&A Master-Studiengangs (LL.M.) der Frankfurt School of Finance & Management sowie Herausgeber der M&A Review.

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