12.06.2025 | Daniel Gärtner

Career through M&A: Unternehmerische Nachfolge als Karriereoption im Wandel der Zeit

Immer mehr Fachkräfte entscheiden sich für einen alternativen Karriereweg: Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens über den Weg des "Entrepreneurship through Acquisition" bietet Chancen, aber auch Herausforderungen. Der Artikel zeigt, warum dieser Pfad in Zeiten wachsender Nachfolgelücken im Mittelstand besonders relevant ist

Special Topic

1. M&A als Karrierepfad

Karrierewege stehen zunehmend unter Druck. Globalisierung, Digitalisierung und ein Wertewandel innerhalb der Arbeitswelt haben dazu geführt, dass viele Fach- und Führungskräfte neue Wege suchen, um Verantwortung und unternehmerischen Impact zu kombinieren. In diesem Kontext gewinnt die Übernahme bestehender Unternehmen als Karriereoption zunehmend an Bedeutung. Das Konzept „Entrepreneurship through Acquisition“ (ETA) bietet erfahrenen Mid-Career Professionals die Möglichkeit, etablierte Unternehmen zu übernehmen und so eine Unternehmerkarriere einzuschlagen, ohne ein Start-up gründen zu müssen. Diese Entwicklung ist nicht nur ein temporärer Trend, sondern Ausdruck eines fundamentalen Strukturwandels im Karrieremarkt.

Zudem führt die zunehmende Individualisierung von Karrierewegen dazu, dass sich immer mehr Professionals bewusst für eine selbstbestimmte Zukunft entscheiden. Während der klassische Aufstieg in Konzernen oft mit langen Entscheidungswegen, kulturellen Kompromissen und begrenztem Einfluss verbunden ist, bietet der unternehmerische Weg durch Akquisition eine Kombination aus Ownership, Gestaltungsmacht und direktem Impact.

Der Einstieg über die Übernahme eines bestehenden Unternehmens stellt dabei einen attraktiven Mittelweg zwischen dem klassischen Karriereweg im Angestelltenverhältnis und dem hohen Risiko einer Unternehmensgründung dar. Besonders für erfahrene Führungspersönlichkeiten, die sich in Konzernstrukturen nicht mehr ausreichend entfalten können oder wollen, bietet sich hier eine echte unternehmerische Alternative.

2. Marktumfeld und strukturelle Notwendigkeit

Der europäische und insbesondere der deutsche Mittelstand ist durch eine zunehmende Nachfolgelücke gekennzeichnet. Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn werden bis 2026 rund 190.000 mittelständische Unternehmen eine Nachfolgelösung benötigen. Gleichzeitig schrumpft die Zahl potenzieller familieninterner Nachfolger kontinuierlich. Immer mehr Unternehmensinhaber finden innerhalb der Familie keinen geeigneten Übernehmer, wodurch externe Lösungen an Bedeutung gewinnen.

Dieser Trend ist nicht nur auf die DACH-Region beschränkt: Auch in anderen europäischen Ländern sowie in Nordamerika wird die Nachfolgefrage zu einer strukturellen Herausforderung. In den USA beispielsweise erwartet das Exit Planning Institute, dass in den kommenden zehn Jahren etwa 4,5 Mio. Unternehmen eine Nachfolgeregelung benötigen werden.

Hinzu kommt: Mit dem Generationenwechsel verändert sich nicht nur die Eigentümerstruktur, sondern auch das Selbstverständnis von Unternehmern. Während frühere Generationen auf familiäre Nachfolge fokussierten, sind heutige Unternehmer offener für externe, professionelle Übergaben – sofern Vertrauen, Werte und Kontinuität gewährleistet sind.

Gleichzeitig wächst das Interesse (institutioneller) Investoren an nachhaltigen Investmentmodellen. Anders als bei Start-ups liegt bei etablierten Mittelständlern ein klar nachvollziehbares Geschäftsmodell mit belastbaren Kennzahlen und stabilen Cashflows vor – ein Umstand, der in volatilen Märkten besonders attraktiv ist.

3. Chancen und Risiken – Karriere als Unternehmer

Eine Karriere als Unternehmer durch Unternehmensübernahme bietet attraktive Chancen: Erwerb eines historisch erfolgreichen Unternehmens mit einer etablierten Marktposition, Zugang zu bestehenden Kundenbeziehungen sowie eingespielten Teams. Für viele Professionals bedeutet dies eine einmalige Möglichkeit, ihre unternehmerischen Ambitionen zu verwirklichen und zugleich auf ein bewährtes Fundament aufzubauen.

Darüber hinaus ist die Möglichkeit zur unmittelbaren Wertgenerierung ein entscheidender Vorteil. Anders als bei Start-ups ist das Produkt beziehungsweise die Firma am Markt etabliert und Umsatz vorhanden. Die Herausforderung liegt nicht in der Neuschaffung, sondern in der Weiterentwicklung, Digitalisierung und strategischen Skalierung.

Doch dieser Weg bringt auch Herausforderungen mit sich. Erfolgreiches Unternehmertum erfordert nicht nur finanzielles Engagement, sondern auch Führungskompetenzen, emotionale Intelligenz, Verhandlungsgeschick und strategische Fähigkeiten. Das Finden des richtigen Unternehmens, die Due Diligence, der Aufbau von Vertrauen mit dem verkaufenden Unternehmer sowie die anschließende Transformation stellen hohe Anforderungen. Laut einer Studie von Harvard Business Review scheitern etwa 30% der Unternehmenskäufe an mangelnder kultureller Integration.

Hinzu kommen die psychologischen Aspekte: Der Übergang von einer sicheren Anstellung hin zu unternehmerischer Eigenverantwortung erfordert Mut, Resilienz und einen starken inneren Antrieb. Wer diesen Wandel erfolgreich meistert, kann jedoch langfristig nicht nur wirtschaftlich, sondern auch persönlich stark profitieren.

4. Professionalisierung des Zugangs – Die Rolle spezialisierter Plattformen

Um den komplexen Anforderungen eines ETA-Prozesses gerecht zu werden, gewinnen spezialisierte Plattformen zunehmend an Bedeutung. Sie bieten strukturierte Auswahlverfahren, intensive Trainingsformate, Zugriff auf Finanzierungsnetzwerke und begleiten die Unternehmerpersönlichkeiten über mehrere Jahre hinweg.

Ein Beispiel für solch ein professionelles Setup ist das „Operator Led Search Fund Programm“ von Novastone Capital Advisors. Dieses Programm verbindet die Vorteile eines individuellen Unternehmertums mit der Stärke eines institutionellen Ökosystems. Die Plattform stellt nicht nur Kapital, sondern auch tiefgehende operative, juristische und strategische Unterstützung zur Verfügung – von der Deal-Sourcing-Phase über die Akquisition bis zur Skalierung nach der Übernahme.

Darüber hinaus werden die Suchenden („Searchers“) engmaschig betreut und durch Coachingformate, Peer-Austausch und praxisnahe Gremienarbeit begleitet. Diese Kombination aus Eigenverantwortung und professionellem Support ist ein zentraler Erfolgsfaktor für den langfristigen Unternehmenserfolg.

Professionelle Plattformen übernehmen dabei auch eine wichtige Filterfunktion. Durch strukturierte Auswahlverfahren wird sichergestellt, dass nur unternehmerisch geeignete Kandidaten in das Programm aufgenommen werden – ein Aspekt, der sowohl für die Unternehmer als auch für die beteiligten Investoren entscheidend ist.

5. Finanzierung und Strukturoptionen

Eine der größten Herausforderungen im ETA-Prozess ist die Finanzierung der Unternehmensübernahme. Üblicherweise wird diese über eine Kombination aus Eigenkapital, Senior Debt, Mezzanine-Finanzierungen und Verkäuferdarlehen realisiert. Besonders relevant sind dabei Modelle wie Earn-outs oder gestaffelte Kaufpreiszahlungen, die den Cashflow in der Anfangsphase unterstützen.

In den letzten Jahren ist die Bereitschaft von Banken, Debt Funds und spezialisierten Kreditplattformen deutlich gestiegen, solche Transaktionen zu begleiten. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich übernommene Mittelstandsunternehmen überdurchschnittlich stabil entwickeln, wenn sie von qualifizierten und branchenerfahrenen CEOs geführt werden. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die zunehmende Standardisierung solcher Strukturen, die Investoren mehr Sicherheit bei gleichzeitig attraktiven Renditeprofilen bieten.

Viele Plattformen stellen in der Suchphase ein Grundgehalt sowie ein persönliches Suchbudget zur Verfügung. Bei erfolgreicher Akquisition erhält man ein hochattraktiver Equity-Anteil von 20-25%, bestehend aus fixen Anteilen sowie Performance-Anteilen, was eine langfristige Bindung und Interessengleichrichtung sicherstellt.

Darüber hinaus sorgen Co-Investorenstrukturen für zusätzliche Sicherheit: Durch die Einbindung erfahrener Industriepartner kann nicht nur Kapital, sondern auch strategisches Know-how zur Verfügung gestellt werden.

6. Erfolgsfaktoren für ETA-Unternehmer

Aus der Analyse zahlreicher ETA-Fälle lassen sich zentrale Erfolgsfaktoren ableiten:

  • Geduld und Ausdauer: Die Suche nach dem richtigen Unternehmen benötigt Zeit – die meisten ETA-Programme sind auf eine maximale Dauer von bis zu 24 Monaten für die Suchphase ausgelegt.

  • Vertrauensaufbau mit dem Verkäufer: Gerade im Mittelstand sind emotionale Faktoren entscheidend. Häufig hängt der Verkaufsprozess nicht nur an Zahlen, sondern an Menschen.

  • Die richtige Dealstruktur: Ein gesunder Leverage-Ratio, Rückbeteiligung von Verkäufern, Earn-outs und wenn erforderlich Downside-Protection für Investoren erhöhen die Erfolgschancen.

  • Sorgfältige Due Diligence: Neben der finanziellen und rechtlichen Prüfung ist besonders die kulturelle, operationale und strategische Analyse entscheidend.

  • Führungskompetenz und Change Management: Unternehmerische Transformation erfordert Fingerspitzengefühl und Entschlossenheit. Es geht darum, das Bestehende zu bewahren und gleichzeitig zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

Auch die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur kontinuierlichen Weiterentwicklung ist entscheidend. Erfolgreiche ETA-Unternehmer zeichnen sich durch Lernbereitschaft, Bescheidenheit und unternehmerische Resilienz aus. Gerade in der Anfangsphase nach der Übernahme ist es wichtig, einen klaren strategischen Kurs zu definieren, operativ nah am Geschehen zu bleiben und gleichzeitig das Vertrauen der Belegschaft zu gewinnen.

7. Risiken und Misserfolgsgründe

Trotz aller Chancen bleiben Risiken bestehen. Zu den häufigsten Misserfolgsgründen zählen:

  • Überbewertung des Zielunternehmens beziehungsweise „Falling in Love“ mit einem bestimmten Target

  • Fehlende strategische Fähigkeiten in der Formulierung der Zukunftsvision/-mission für das Unternehmen gegenüber Investoren

  • Überschätzung der eigenen Managementkompetenzen

  • Fehlende Integration in bestehende Teams

  • Unzureichende Kapitalausstattung und mangelnde Liquiditätsplanung

Hinzu kommen externe Faktoren wie Marktveränderungen, regulatorische Änderungen oder konjunkturelle Schwankungen. Diese lassen sich nicht immer verhindern – umso wichtiger ist ein belastbares Netzwerk aus erfahrenen Mentoren, Investoren und Fachexperten, die dem neuen Unternehmer zur Seite stehen.

8. Fazit – Karriere durch Übernahme als Zukunftsmodell

„Career through M&A“ ist weit mehr als ein kurzfristiger Trend. Angesichts der strukturellen Dynamik im Mittelstand und der wachsenden Bereitschaft von Fachkräften, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen, wird das Modell des Entrepreneurship through Acquisition beziehungsweise Operator-Led Search Funds langfristig weiter an Relevanz gewinnen. Es bietet eine einzigartige Möglichkeit, bestehende Unternehmen zu bewahren, Innovation zu fördern und zugleich individuelle Karriereziele auf unternehmerische Weise zu verwirklichen.

Nicht zuletzt stärkt dieser Ansatz auch die wirtschaftliche Stabilität ganzer Regionen: Lokale Wertschöpfung bleibt erhalten, Arbeitsplätze werden gesichert und Unternehmen erhalten eine zukunftsfähige Perspektive. Investoren profitieren dabei von attraktiven Renditen, Professionals von unternehmerischer Freiheit – und der Mittelstand von zukunftsfähigen Nachfolgelösungen.

Wir erleben eine Zeitenwende: Diese neuen Wege zur Unternehmensübernahme werden für Talente zunehmend zur bewussten Karriereentscheidung – zum Startschuss für eine unternehmerische Laufbahn als CEO und Miteigentümer eines etablierten Unternehmens.

Autor
Daniel Gärtner

Daniel Gärtner ist Managing Partner bei Novastone Capital Advisors, einem in der Schweiz ansässigen, global
agierenden Unternehmen, das durch sein Operator-Led Search Fund-Programm nachhaltige Nachfolgelösungen für KMU sicherstellt. Er verfügt über umfassende Erfahrung in den Bereichen M&A, Entrepreneurship through Acquisition sowie in
der Begleitung von Unternehmensnachfolgen im internationalen Mittelstand.

Profil
Das könnte Sie auch interessieren