11.04.2024

Carrier übernimmt Viessmann Climate Solutions

Dealbeschreibung der EMERGERS Autoren Emil Maruschky & Konstantin Genadiev

Emergers

Carrier-Vorstand und CEO David Gitlin spricht von einer „game-changing opportunity“ – die Rede ist von einer der größten Akquisitionen des letzten Jahres. Carrier Global Corporation, der weltweit größte US-Hersteller von Kälteanlagen, übernimmt Viessmann Climate Solutions, den Kerngeschäftsbereich des Familienunternehmens Viessmann. Bekannt gegeben wurde die 12 Mrd. EUR teure Übernahme des deutschen Herstellers von Wärmepumpen und Klimageräten am 25. März 2023.

Hintergrund der Transaktion ist der Umstieg auf erneuerbare Energien, der insbesondere durch europäische Regierungen rasant vorangetrieben wird. Auch der deutsche Gesetzgeber forciert mit der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes – Gebäudeenergiegesetz (GEG) – den verstärkten Umstieg auf klimaneutrales Heizen. Infolge dieser geopolitischen Treiber erwartet Carrier eine Verdreifachung des europäischen Marktes für Wärmepumpen auf insgesamt 15 Mrd. USD bis 2027. Auch auf dem US-Markt ist die Tendenz in Folge des Inflation Reduction Act steigend – er gilt als großer Wachstumsmarkt.

Carrier hat dieses progressive Marktumfeld und -potenzial erkannt und mit der Übernahme des deutschen Mittelständlers den Weg für die eigene Portfoliotransformation geebnet. Die transatlantische Partnerschaft erweitert das Leistungsportfolio von Carrier zum branchenweit umfassendsten Angebot intelligenter, nachhaltiger Technologien. Durch die Integration der Viessmann Kompetenzen in den US-Konzern können die Wachstums- und Skalierungspotenziale deutlich erhöht und vielfältige Synergien geschaffen werden, um die eigene Position als Branchenführer mittelfristig zu festigen. Absehbar sind beispielsweise laufende Kostensynergien in Höhe von 200 Mio. EUR in den Bereichen Procurement und Insourcing sowie Umsatzsynergien aus verschiedenen Cross-Selling-Möglichkeiten. Gleichzeitig will sich Carrier im laufenden Geschäftsjahr 2024 von den Geschäftsbereichen Fire & Security wie auch Commercial Refrigeration trennen, um sich rein auf das wachstumsstarke Angebot von nachhaltigen Klimatechnologien und -dienstleistungen zu fokussieren.

Doch nicht nur Carrier, sondern auch Viessmann glaubt an die Synergie- und Wachstumspotenziale in Folge der Übernahme. Dies spiegelt sich auch im Zahlungspaket wider. 80% (9,6 Mrd. EUR) des Kaufpreises erhält Viessmann in Cash, während die restlichen 20% (2,4 Mrd. EUR) in Form von Stammaktien an die Viessmann Family Holding gehen, was die Viessmann Group damit zu einem der größten Shareholder Carriers macht. Zusätzlich wechselt Max Viessmann in den Carrier Verwaltungsrat.

Beim Verkauf wurde Viessmann umfassend durch Goldman Sachs beraten. Hengeler Mueller und Davis Polk & Wardwell berieten in allen rechtlichen Aspekten auf Verkäuferseite. Carrier hingegen mandatierte J.P. Morgan sowie die Kanzleien Linklaters und Paul, Weiss, Wharton & Garrison.

Der Carrier-Viessmann-Deal markiert einen bedeutenden Schritt in der Bündelung von Expertise im Bereich der Heizungs- und Klimatechnik. Insbesondere für Viessmann kommt der Verkauf zum richtigen Zeitpunkt. Hersteller aus Asien produzieren bereits heute wettbewerbsfähiger – günstigere Energie- und Lohnkosten sind die Ursache. Mit Carrier als strategischem Partner gehen jedoch auch die Wärmepumpen Made in Germany in die Massenproduktion, sodass entsprechende Skaleneffekte zu erwarten sind. Grundsätzlich erinnert das Marktumfeld stark an die deutsche Solarindustrie vor einem Jahrzehnt. Infolge staatlicher Subventionen in Milliardenhöhe folgte eine Reihe von Übernahmen durch chinesische Hersteller, und die Industrie wanderte nach China ab. Es ist also nicht auszuschließen, dass zukünftig weitere derartige Übernahmeangebote für deutsche Wärmepumpenhersteller, insbesondere aus dem asiatischen Raum, folgen könnten. Eine solche Entwicklung bleibt vorerst jedoch abzuwarten.

Autoren: Emergers Emil Maruschky & Konstantin Genadiev

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