10.07.2025 | Thomas Krempl

Datenraum-Auswahl: Wann es Zeit für einen Wechsel ist

Trotz einzelner Lichtblicke bleibt die Lage am M&A-Markt angespannt. Zwar prognostizieren Experten für 2025 einen leichten Zuwachs der Transaktionen, doch gerade in Europa überwiegt vielerorts noch Zurückhaltung. Umso wichtiger ist es, bestehende Projekte gut über die Bühne zu bringen. Ein Teil des Erfolges beruht dabei auch immer auf den verwendeten Tools. Insbesondere der für Kommunikation und Datenaustausch eingesetzten Software wird eine wichtige Rolle zuteil.

Special Topic

1. Einleitung

Trotz einzelner Lichtblicke bleibt die Lage am M&A-Markt angespannt. Zwar prognostizieren Experten für 2025 einen leichten Zuwachs der Transaktionen, doch gerade in Europa überwiegt vielerorts noch Zurückhaltung. Umso wichtiger ist es, bestehende Projekte gut über die Bühne zu bringen. Ein Teil des Erfolges beruht dabei auch immer auf den verwendeten Tools. Insbesondere der für Kommunikation und Datenaustausch eingesetzten Software wird eine wichtige Rolle zuteil.

So sind virtuelle Datenräume (Virtual Data Rooms, VDRs) heute aus dem M&A-Geschäft nicht mehr wegzudenken. Als digitales Rückgrat sind sie Teil fast aller Due-Diligence- und Transaktionsprozesse – und stehen doch selten im Rampenlicht. Man könnte es auch so beschreiben: Ein VDR ist wie das WLAN im Konferenzraum. Niemand lobt es, wenn es funktioniert – aber wehe, es funktioniert nicht oder ist langsam! Trotzdem schrecken Unternehmen oft vor einem Wechsel des Datenraum-Anbieters zurück. Denn im Projektalltag bleibt kaum Zeit für einen fundierten Auswahlprozess – stattdessen wird der gewohnte Datenraum-Anbieter eingesetzt. Nicht unbedingt, weil er optimal passt, sondern weil man sich an das Produkt und auch an seine Schwächen gewöhnt hat. Der Aufwand, dies zu ändern, scheint größer als der Nutzen, zumindest auf den ersten Blick.

Doch genau das kann zur strategischen Schwachstelle werden: Wo Transaktionen heute schneller, internationaler und datenintensiver ablaufen, steigen gleichzeitig auch die Anforderungen an Sicherheit, Nachvollziehbarkeit und Verfügbarkeit. Der VDR ist dabei nicht nur eine Dokumentenablage, sondern auch die zentrale Plattform für alle Fragen und Antworten im Rahmen einer Due Diligence und eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation. Tools, die bei dieser Dynamik nicht mithalten, kosten Zeit und gefährden im schlimmsten Fall einen Deal.

Die Wahl des VDRs beeinflusst nicht nur die operative Effizienz und die Zufriedenheit potenzieller Käufer, sondern auch zentrale Aspekte wie Datenschutz, rechtliche Absicherung und Reaktionsfähigkeit im Projektverlauf. Wer die Entscheidung weiterhin als technische Nebensache behandelt, riskiert mehr als nur verlorene Zeit. Es gibt klare Hinweise, wann der Wechsel eines VDR-Anbieters tatsächlich sinnvoll sein kann – und worauf bei einer Neubewertung von Anforderungen und Angebot besonders zu achten ist.

2. Transaktionen im Wandel: Effizienz, Sicherheit und digitale Souveränität stellen „Bewährtes“ infrage

Dass Transaktionen heute unter anderen Vorzeichen stattfinden als noch vor wenigen Jahren, zeigt sich nicht nur an Tempo, Datenvolumen und Internationalität, sondern auch an der zunehmenden Abhängigkeit von digitalen Technologien wie dem virtuellen Datenraum. Er ist Kommunikationszentrale, Schaltstelle für Berechtigungen und sicherheitskritisches Element. Seine Effizienz und Resilienz können über den Erfolg einer Transaktion mitentscheiden.

Auf einen bereits etablierten und gewohnten Anbieter zurückzugreifen, ist nachvollziehbar, birgt aber mitunter Risiken. Denn gerade im internationalen Kontext steigen die Anforderungen an Compliance, Zugriffssteuerung und Kontrolle sensibler Informationen. Digitale Souveränität ist dabei längst mehr als Idealismus – sie ist Teil unternehmerischer Verantwortung.

Immer wichtiger wird dabei die Kontrolle über sensible Daten. In Zeiten wachsender regulatorischer Anforderungen und global verteilter IT-Infrastrukturen stellt sich zunehmend die Frage: Wo liegen meine Daten – und wer hat im Zweifel Zugriff darauf? Für viele M&A-Teams war das lange kein entscheidendes Kriterium. Doch je nach Branche und Deal-Struktur kann die Wahl der Infrastruktur – Hosting-Standort, Sicherheitsarchitektur, rechtlicher Rahmen – auch zum Risikofaktor werden. Labels wie „Hosted in Germany“ mögen ein erster Anhaltspunkt sein, entscheidend ist jedoch: Wie transparent, belastbar und rechtlich abgesichert ist die Plattform wirklich – auch unter Stress?

3. Zwischen Benutzerfreundlichkeit und Kontrolle

Die Erfahrung im Unternehmensalltag zeigt: In vielen Transaktionen scheitert der Einsatz eines virtuellen Datenraums nicht an technischen Defiziten – sondern an der Realität der Anwender. Das ist keine Randnotiz, sondern ein zentrales Thema. Insbesondere M&A-Prozesse bringen Teams zusammen, die nicht nur fachlich, sondern auch technisch unterschiedlich aufgestellt sind. Partner und Associates, externe Berater, internationale Käufergruppen, unternehmensinterne Fachkräfte – alle müssen mit dem System umgehen können, oft ohne vorherige Schulung oder besondere IT-Affinität.

Das Problem liegt daher selten in einem akuten Funktionsmangel. Im Gegenteil: Viele Lösungen sind so funktionsstark geworden, dass sie kaum noch intuitiv bedienbar sind. Die Folge sind Behelfslösungen, Rückfragen und Unsicherheiten – gerade in Phasen, in denen keine Zeit für Fehlersuche oder Schulungen bleibt. Besonders bei hochspezialisierten Tools, die auf eine bestimmte Branche oder Nische zugeschnitten sind, wird die Bedienung schnell zur Hürde: Komplexe Rechtevergabe, unübersichtliche Benutzeroberflächen oder schwer auffindbare Funktionen führen dazu, dass Prozesse außerhalb des VDRs stattfinden – das Gegenteil von dem, was gewünscht ist. Ein gutes System lässt sich daran erkennen, dass es Prozesse vereinfacht, nicht erschwert – und dass es auch unter Stress funktioniert. Der Maßstab lautet deshalb: So viel Funktionalität wie nötig, aber so viel Benutzerfreundlichkeit wie möglich.

Deshalb sollten VDRs von vornherein so konzipiert sein, dass sie auch ohne technisches Spezialwissen zuverlässig bedient werden können. Dabei unterstützen klare Strukturen, selbsterklärende Funktionen und durchdachte Benutzerführung – sowohl auf der Verkäufer- als auch Käuferseite. So können auch juristische Sachbearbeiter oder kaufmännische Fachkräfte Einrichtung und Betreuung des Datenraums eigenständig übernehmen. Um ein hohes Niveau an Benutzerfreundlichkeit zu erreichen, unterstützen zum Beispiel Werkzeuge wie automatische Indexierung (also die automatische Erstellung einer Inhaltsstruktur beim Hochladen), vorstrukturierte Datenraum-Vorlagen oder integrierte Freigabeprozesse.

Auch beim Thema Support zeigen sich große Unterschiede zwischen den Anbietern. Entscheidend ist, wie schnell und kompetent auf Rückfragen reagiert wird – idealerweise nicht über Callcenter oder anonyme Ticketsysteme, sondern durch feste Ansprechpartner, die mit der Praxis und dem System vertraut sind. Gerade bei technischen oder funktionellen Fragen im laufenden Projekt ist es ein enormer Vorteil, wenn man nicht erst durch eine mehrstufige Supportstruktur navigieren muss, sondern schnell zur Lösung gelangt. Kompetenter, direkter und verbindlicher Support ist daher nicht nur ein Serviceversprechen – sondern ein echter Produktivitätsfaktor.

Und schließlich: Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz können Potenziale entfalten – aber nur, wenn sie nicht zur Blackbox werden. Intelligente Suchfunktionen oder automatische Klassifizierungen sind nur dann hilfreich, wenn sie nachvollziehbar arbeiten, kontrollierbar sind und keine eigenen Schlüsse ziehen, die der Nutzer nicht überblickt. Besonders im M&A-Umfeld, in dem jede Information rechtssicher dokumentiert und kontextualisiert werden muss, braucht es KI mit Augenmaß – nicht als Ersatz für Expertise, sondern als Werkzeug zur Unterstützung.

Ein moderner VDR zeichnet sich nicht durch maximale Komplexität und überflüssige Funktionalität aus, sondern durch das Gegenteil: durch durchdachte, nutzerzentrierte Einfachheit, die Funktionstiefe nicht auf Kosten der Effizienz erreicht. Dadurch reduzieren sich auf der anderen Seite nämlich auch für den Anbieter Wartungs- und Supportkosten, die nicht unwesentlichen Einfluss auf die laufenden Lizenzkosten haben können.

4. Entscheidung mit Weitblick: Wann ein Anbieterwechsel sinnvoll ist

Ein Wechsel des VDR-Anbieters ist kein Selbstzweck. Und doch kann er – richtig begründet – ein Befreiungsschlag sein. Denn zu oft bleiben Unternehmen bei dem Anbieter, den sie „schon immer hatten“. Nicht, weil er am besten geeignet ist – sondern weil man sich an ihn gewöhnt hat.

Der Markt, die Anforderungen und die Technologien entwickeln sich weiter. Was gestern noch funktional war, kann morgen zum Engpass werden – nicht zwangsläufig, weil etwas fehlt, sondern weil das Bestehende nicht mehr zur Realität der Projekte passt. Verantwortliche sollten sich daher regelmäßig die ehrliche Frage stellen: Passt das Angebot noch zu dem, was ich heute und künftig brauche? Die folgenden Probleme sind typische Anzeichen, die für einen Anbieterwechsel sprechen:

  • Wiederkehrende Workarounds: Wenn zentrale Funktionen zu komplex oder unübersichtlich sind und Teams beginnen, sich regelmäßig mit E-Mails, Screenshots oder Telefonrückfragen zu behelfen, ist das ein Anzeichen für ein strukturelles Problem. In solchen Fällen braucht es eine Plattform mit klarer Struktur, intuitiver Benutzerführung und differenzierter Zugriffskontrolle – einfach zu bedienen, auch unter Zeitdruck.

  • Unklare oder grenzüberschreitende Datenspeicherung: Wenn sensible Informationen über Infrastrukturen laufen, die außerhalb vertrauenswürdiger Rechtsräume betrieben werden, entstehen Risiken – sei es im Hinblick auf Compliance, Verfügbarkeit oder Datenschutz. Digitale Souveränität bedeutet heute mehr als nur ein deutsches Hosting-Label. Sie verlangt überprüfbare Standards, Transparenz in der Datenverarbeitung und nachvollziehbare Kontrolle.

  • Eingeschränktes Benutzer- und Rechtemanagement: Wer nur zwischen pauschalen Rollen wählen kann oder auf Zugriffsdokumentationen verzichten muss, wird spätestens bei komplexeren Transaktionen oder rechtlichen Rückfragen Probleme bekommen. Was gebraucht wird, ist eine revisionssichere, präzise Rechtevergabe mit vollständiger Protokollierung – von der Einladung der Benutzer bis zur letzten Aktivität im Datenraum.

  • Schlechter Support: Die Belastbarkeit eines Systems zeigt sich oft erst in der heißen Phase eines Projekts – dann, wenn das Zeitfenster schmal wird, internationale Beteiligte Fragen haben oder der Mandant nach einem Link fragt, der nicht funktioniert. Ein Anbieter, der in solchen Momenten für technische oder funktionsbezogene Rückfragen nicht verlässlich erreichbar ist, verursacht nicht nur Verzögerungen, sondern auch einen Vertrauensverlust. Persönlicher, kompetenter Support mit definierten Reaktionszeiten ist deshalb kein Bonus – sondern Voraussetzung für professionelles Arbeiten.

  • Preismodelle, die nicht zur Projektpraxis passen: Transaktionen unterscheiden sich hinsichtlich Volumina, Dauer und Beteiligtenstruktur. Ein Lizenzmodell, das permanente Anpassungen erfordert und bei dem man schnell den Überblick über die tatsächlichen Kosten verliert, passt nicht zur modernen Projektarbeit. Ein virtueller Datenraum ist im besten Fall Partner für den gesamten Projektlebenszyklus und gewährleistet Planungssicherheit, Transparenz und Einfachheit bei der Kostenplanung.

5. Was ein guter Datenraum leisten sollte – und was nicht

Ein guter VDR bündelt genau jene Funktionen, die in der Praxis tatsächlich gebraucht werden, und ist nicht mit überflüssigen Spielereien überfrachtet. Wer dies bei der Auswahl eines VDRs oder der Neubewertung eines bestehenden Anbieters berücksichtigt, entscheidet nicht nur über ein Werkzeug – sondern über Effizienz, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit im gesamten Transaktionsprozess. Auf diese Aspekte kommt es dabei besonders an:

  • Intuitive Benutzeroberfläche: Ein klar strukturiertes, übersichtliches Interface ermöglicht allen Beteiligten einen schnellen Einstieg – ohne lange Einarbeitungszeit.

  • Niedrige Einstiegshürden: Gute Datenräume bieten eine selbsterklärende Bedienung oder stellen passende Schulungsmaterialien, Tutorials oder Vorlagen bereit, um Bedienfehler zu minimieren – für Administratoren ebenso wie für Benutzer.

  • Alles an einem Ort: Im besten Fall sind die wichtigsten Tools für die Transaktionsabwicklung Teil der Datenraum-Funktionalität und ein Medienbruch ist nicht erforderlich.

  • Feingranulare Rechtevergabe: Eine differenzierte, rollenbasierte Zugriffskontrolle sorgt für Sicherheit und klare Zuständigkeiten – auch bei wechselnden Teams und komplexen Projekten. Dadurch wird der VDR zum zuverlässigen Begleiter in allen Projektphasen.

  • Zuverlässiger, erreichbarer Support: Guter Support ist zu-
    verlässig, persönlich und ohne komplizierte Umwege einfach zu erreichen. Außerdem ist eine breite Dokumentation für schnelle Selbsthilfe eine wichtige Ergänzung.

  • Hohe Anpassungsfähigkeit: Ein moderner VDR passt sich den Anforderungen des Projekts an – nicht umgekehrt. Struktur, Umfang und Funktionen sollten sich skalieren und bedarfsgerecht anpassen lassen.

6. Besser entscheiden – für mehr Sicherheit und weniger Reibungsverluste

Virtuelle Datenräume sind oft unsichtbar – bis sie zum Problem werden. Sie laufen im Hintergrund, bis sie ausbremsen, was eigentlich beschleunigt werden sollte. Doch je komplexer, internationaler und datengetriebener die Prozesse werden, desto spürbarer sind die Reibungsverluste, die aus veralteter, überladener oder unflexibler Software entstehen. Und desto dringender stellt sich die Frage: Muss das so sein?

7. Fazit: Strategisch statt reflexartig entscheiden

Ein Anbieterwechsel ist kein Selbstläufer. Aber wenn er gut vorbereitet ist, stellt er auch kein Risiko dar. Wer sich die Zeit nimmt, Funktionen, Benutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Support einmal grundsätzlich zu hinterfragen, handelt nicht gegen, sondern für den Projekterfolg. Denn ein guter Datenraum entlastet, statt zu belasten. Er schützt, statt zu behindern. Und er passt sich an – an neue Projekte, neue Teams und neue Anforderungen. Wer das erkennt, trifft keine technische Entscheidung – sondern eine strategische.

Autor
Thomas Krempl

Thomas Krempl ist Geschäftsführer und Gründer der netfiles GmbH. Der studierte Informatiker war zunächst in mehreren großen IT-Firmen tätig, bevor er in den Anfangs-jahren des Internets seine ersten Unternehmen gründete und leitete. 2001 gründete er mit netfiles einen der ersten Anbieter von virtuellen Datenräumen für die effiziente Durchführung von Due Diligence und den sicheren standortübergreifenden Datenaustausch.

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