08.03.2024 | Kristina Ganzen

Die Bedeutung von Netzwerken für Frauen im M&A-Umfeld

Interview mit Kristina Ganzen, Deloitte, zur Bedeutung von Netzwerken für Frauen im M&A-Umfeld

M&A Review: Frau Ganzen, als langjährige Expertin, die seit fast 20 Jahren im M&A-Umfeld unterwegs ist – was begeistert Sie an der Arbeit in M&A?

Kristina Ganzen: Ich befasse mich mit der Transaktionsberatung von Mandanten, die sich dazu entscheiden, Unternehmen oder Teilgruppen zu akquirieren oder zu veräußern. In diesem Rahmen unterstütze ich mit meinem Team bei der Financial Due Diligence auf der Käufer- und Verkäuferseite, seit einigen Jahren mit dem Schwerpunkt Data Analytics.

Was mich in diesem Kontext insbesondere begeistert, ist die Tatsache, dass wir unsere Mandanten bei einem besonderen Ereignis im Rahmen des Unternehmenszyklus begleiten, sei es bei der Nachfolgeregelung oder der Expansion in neue Märkte. Diese Projekte weisen sich insbesondere durch eine hohe Komplexität und Schnelllebigkeit aus, die sowohl mich als auch mein Team jeden Tag aufs Neue fordern. Die Verhandlungen mit wichtigen Stakeholdern bringen oft neue Perspektiven ins Blickfeld und erweitern den Horizont. Wir stehen jeden Tag vor Herausforderungen, die eine besondere Kreativität, Zahlenaffinität und Hingabe benötigen. Für mich ist es erfüllend, dass ich die direkte Auswirkung meiner Arbeit bei den M&A-Deals miterlebe.

M&A Review: Mit welchen Herausforderungen sehen Sie Frauen in M&A konfrontiert? Warum brauchen wir eine gesonderte Initiative für Frauen?

Kristina Ganzen: Das M&A-Umfeld ist bekannt für viel Wettbewerb, hohen Druck und lange Arbeitszeiten. Das kompetitive und schnelllebige Projektgeschäft bringt besondere Herausforderungen mit sich. In diesem Zusammenhang sehen sich Frauen und Männer vor individuelle Probleme gestellt. Aufgrund von wenigen Frauen in M&A-Führungspositionen fehlt es Frauen an Vorbildern, die mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn es um die spezifischen Herausforderungen und Erfahrungen von Frauen im Berufsleben geht. Daraus resultiert eine Unbekannte, die man mittels gesonderten Initiativen aufklären kann. Außerdem ermöglichen Vorbilder und fördernde Personen einen Zugang zu einem weiteren Netzwerk sowie Karriereentwicklungsstrategien.

Erfahrungsgemäß findet starkes Netzwerken über informelle Kanäle statt wie beispielsweise Sport, Kultur und Entertainment, also zwischen Menschen mit gleichen Interessen. Diese Kanäle resultieren oftmals in beruflichen Beziehungen, kommunikativem Austausch und Zusammenarbeit. Ein Beispiel: Aufgrund der geschlechtsspezifischen Trennung in vielen Sportarten teilen Frauen traditionell nicht die gleichen informellen Netzwerke wie ihre männlichen Counterparts. Dieser fehlende informelle und oft karrierefördernde Zugang zu den Entscheidern in der Branche stellt eine große praktische Herausforderung dar.

Aus diesem Grund sehe ich Networking, also den Ausbau und die Förderung des Netzwerkes, als primäres Ziel von gesonderten Initiativen für Frauen an.

M&A Review: Warum hat Ihrer Meinung nach das Network im Bereich M&A so einen hohen Stellen-wert?

Kristina Ganzen: In unserem Bereich M&A-Transaktion wird man häufig vor komplexe Fragestellungen gestellt. Erforderlich ist breites und spezifisches Wissen sowie ein Netzwerk von spezialisierten Personen mit unterschiedlichen Qualifikationen, was wesentlich zum Projekterfolg beiträgt. Schnell die richtige Ansprechperson mit einer spezifischen Lösung zu finden ist essenziell und schafft Vertrauen zwischen Mandanten und Beratenden. Das zeigt auf, dass im M&A-Umfeld Beziehungen von zentraler Bedeutung sind. Frauen sind historisch gesehen in dieser Branche unterrepräsentiert, daher ist ein starkes Netzwerk entscheidend, um Zugang zu Ressourcen, Informationen und Möglichkeiten zu erhalten.

Netzwerke bieten eine gute Plattform, um sichtbar zu werden, Einfluss auszuüben und Karrieremöglichkeiten zu erweitern. Darüber hinaus gibt ein starkes Netzwerk Möglichkeiten, um als Vorbild und Fördernde zu agieren. Durch erhöhte Sichtbarkeit, interne Sponsoringbeteiligte sowie Fördernde können Karrieren vorangetrieben werden.

M&A Review: Wie können Unternehmen die Netzwerkbildung von Frauen fördern?

Kristina Ganzen: Unternehmen können gezielt Mentorenprogramme und Netzwerkveranstaltungen für Frauen ins Leben rufen, die beim Vernetzen unterstützen können. Unternehmen können eine Plattform als Supportfunktion bereitstellen, die die Wahrnehmung über Frauen in unterschiedlichen Rollen steigert und die Durchlässigkeit sowie Verfügbarkeit von Fördernden und Sponsoringbeteiligten erhöht.

M&A Review: Welche konkreten Schritte können Frauen unternehmen, um ihre Netzwerke im M&A-Bereich zu erweitern? Wie können Frauen effektiv Netzwerke aufbauen und pflegen?

Kristina Ganzen: Frauen sollten aktiv an Branchenveranstaltungen teilnehmen, Online-Plattformen nutzen, um Kontakte zu knüpfen, und sich in fachlichen Netz-werkgruppen, insbesondere für Frauen, engagieren. Es ist vorteilhaft, sich auf sichtbaren Projekten und Rollen zu positionieren.

Frauen sollten darauf achten, dass sie proaktiv Beziehungen aufbauen und sich fördernde Personen suchen. Es ist wichtig, dass man authentische Beziehungen aufbaut und diese über lange Zeiträume pflegt.

Autor
Kristina Ganzen

Kristina Ganzen ist Wirtschaftsprüferin und Partnerin im Bereich Financial Advisory von Deloitte, leitet M&A Transaction Services Analytics und ist Co-Leiterin der Women in der M&A-Initiative bei Deloitte. Sie erbringt innovative Leistungen im Bereich Analytics, Financial Due Diligence und Post-Merger-Integration und berät Private Equity sowie strategische Mandanten in Pre- und Post-Deal-Anlässen insbesondere im Bereich Software, E-Commerce und Handel und hilft ihnen, mittels innovativer Lösungen aus Daten transaktionsrelevante Insights zu generieren.

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