Eine Übernahme in krisengezeichneten Zeiten
Mit einem jährlichen Umsatz von über 3 Mrd. EUR zählt die Heizungs- & Kühlungsbranche in Deutschland zu den wichtigsten Pfeilern des Klimasektors. Die Branche ist im Wandel, und die Forderungen nach energieeffizienten und umweltfreundlichen Lösungen werden immer lauter.
Mit einem jährlichen Umsatz von über 3 Mrd. EUR zählt die Heizungs- & Kühlungsbranche in Deutschland zu den wichtigsten Pfeilern des Klimasektors. Die Branche ist im Wandel, und die Forderungen nach energieeffizienten und umweltfreundlichen Lösungen werden immer lauter. Im Jahr 2023 nahm die Diskussion auch in der Politik immer mehr Fahrt auf in Form des umstrittenen „Heizungsgesetzes“, initiiert durch Robert Habeck. Im gleichen Zeitraum gab das deutsche Familienunternehmen Viessmann bekannt, dass die Heizungssparte des Konzerns von dem Klimatechnologie-Anbieter Carrier für rund 14 Mrd. EUR übernommen wird – eine der größten Transaktionen im Jahr 2023.
Seitdem richtet sich der Familienkonzern immer weiter auf eine sich wandelnde Klimabranche aus. Neben dem gefragten Wärmepumpen-Geschäft, welches nun mit Carrier geleitet wird, zählen in der Branche nachhaltige Lösungen. Nach dem Atomkraftwerk-Aus 2023 rücken in diesem Rahmen besonders erneuerbare Energien in den Vordergrund der Investoren und Marktteilnehmer. Während der Anteil hiervonam Strommarkt vor zwanzig Jahren noch bei circa 10% lag, machen die neuen Technologien nun mehr als 58% des gesamten Strombedarfs aus – ein neues Rekordhoch. Auch Viessmann hat sich in diesem Rahmen entschieden, das aus dem Verkauf der Klimasparte erlöste Kapital in einen nachhaltigen Energiemix zu investieren. Im März 2024 akquirierte Viessmann daher zusammen mit dem US-Finanzinvestor KKR das Hamburger Unternehmen Encavis, die führende deutsche Plattform für erneuerbare Energien. Ziel sei es, in diesem Rahmen einen positiven Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten und die Ambition des Familienunternehmens zu unterstreichen, die weltweite grüne Energiewende durch unternehmerisches Engagement voranzutreiben. Dafür zahlte das Investoren-Konsortium einen Betrag von ca. 4,3 Mrd. EUR.
Zusätzlich rücken in der Klimabranche die Stromnetze immer weiter in den Vordergrund, da sie eine zentrale Rolle in der Energiewende spielen. Eine flexible und gut ausgebaute Infrastruktur ist wichtig, um den wachsenden Bedarf und die steigende Erzeugung erneuerbarer Energien zu decken. Nicht immer ist jedoch das Stromnetz in der Lage, den verkauften Strom zum Verbraucher zu transportieren. Ein Ausbau der Speise- und Speicherungsmöglichkeiten ist daher vonnöten. Vor allem profitieren Unternehmen von dieser Entwicklung, die komplementäre Anwendungen für Energienetze anbieten. Dazu gehörte auch das Capiton-Portfoliounternehmen Gritec – vormals Betonbau. Das Unternehmen agiert als Lösungsanbieter für schlüsselfertige Technikgebäude und -stationen für Energie-, Wasser- und Industrie-Infrastruktur in Deutschland. Das Unternehmen ist spezialisiert auf intelligente Infrastrukturlösungen und entscheidende Komponenten für die Transformation hin zu einem dezentralen und grünen Energienetz. Im Oktober 2024 erwarb Viessmann in diesem Kontext eine Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen, um seine neue Portfolioausrichtung rund um die Energiewende fortzuführen. Auf der Verkaufsseite beriet dabei die Investment Bank Houlihan Lokey.
Damit investierte das Familienunternehmen Berichten zufolge mehrere Milliarden Euro des eingesammelten Kapitals nur ein Jahr nach dem Verkauf des Klimageschäfts. Neben der Stromkomponente der Energiewende steht auch die Wärmebranche im Fokus der Betrachter. Seit Russland 2022 den Angriffskrieg in der Ukraine startete, rückte die Energieversorgung und die Anfälligkeit der deutschen Wärmenetze im Rahmen der „Heizungsdiskussion“ ebenfalls ins Rampenlicht. Nach dem Vorbild nordischer Länder wie Norwegen, Finnland und Dänemark machte sich die Politik besonders stark für eine effizientere Fernwärmeverteilung, Pläne, die sie zuletzt verwarf. Auch Viessmann erkannte den Trend für sich und erwarb gegen Ende des Jahres die ISOPLUS Group, einen Anbieter für energieeffiziente, vorgedämmte Rohre zur nachhaltigen Wärmeverteilung, von dem Private-Equity-Haus Egeria. Viessmann äußerte, dass man mit der Transaktion „anhaltendes Engagement, die Energiewende voranzutreiben“, unterstreiche.
Ob das Familienunternehmen auch im Jahr 2025 weiterhin übernahmeaffin bleibt, ist abzuwarten. Noch im Jahr 2024 beteuerte Viessmann CEO Max Viessmann gegenüber dem Manager Magazin, dass man den Wärmepumpen-Giganten nun zu einem „grünen Milliardenkonzern“ umfirmieren möchte.
Autor: EMERGERS: Henrik Kröger