07.11.2024 | Jakob Wilhelm, Marius Fischer, Philipp Zirn

Einsatzfelder für Intelligente Prozess-Automatisierung in M&A: Ansätze für mehr Effizienz und bessere User Experience einer innovativen Prozessplattform

Die digitale Transformation ist ein unaufhaltsamer globaler Trend, der tiefgreifende Veränderungen in nahezu allen Industrien mit sich bringt. Immer mehr Unternehmen erkennen die digitale Transformation als zentralen Erfolgsfaktor und integrieren entsprechende Maßnahmen in ihre strategische Planung. Laut einer aktuellen IDG-Studie nutzen bereits mehr als 80% der deutschen Unternehmen Intelligent Process Automation (IPA).

Industry Special

1. Einleitung

Die digitale Transformation ist ein unaufhaltsamer globaler Trend, der tiefgreifende Veränderungen in nahezu allen Industrien mit sich bringt. Immer mehr Unternehmen erkennen die digitale Transformation als zentralen Erfolgsfaktor und integrieren entsprechende Maßnahmen in ihre strategische Planung. Laut einer aktuellen IDG-Studie nutzen bereits mehr als 80% der deutschen Unternehmen Intelligent Process Automation (IPA). Im Fokus stehen dabei End-to-End-Automatisierungsplattformen, die Zentralisierung und Effizienzsteigerung versprechen. Jene Relevanz wird ebenfalls in einem Report von McKinsey & Company verdeutlicht. Demnach könnten zwischen 50% und 70% der Aufgaben automatisiert werden, was laut der Studie jährliche Kosteneinsparungen von 20% bis zu 35% ermöglichen kann. Zudem kann die Durchlaufzeit von Prozessen um 50% bis 60% reduziert werden, wodurch eine deutliche Steigerung der Produktivität und Kundenzufriedenheit möglich ist.

In einer Zeit, in der die Digitalisierung für viele Unternehmen eine zentrale Rolle spielt, nutzen zahlreiche Firmen gezielte M&A-Strategien, um ihre Marktposition zu stärken und ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Paradoxerweise bleiben jedoch die M&A-Prozesse selbst häufig hinter den digitalen Möglichkeiten zurück. Der Einsatz von IPA ermöglicht es Schlüsselakteuren, insbesondere in diesem Bereich Prozesse effizienter zu gestalten und die digitale Transformation proaktiv voranzutreiben.

2. Status quo

Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen hinkt der M&A-Sektor im Bereich Prozessautomatisierung deutlich zurück. Nach wie vor wird größtenteils auf funktionale, aber ineffiziente Technologien gesetzt. Dabei sind Excel, PowerPoint, Word, Telefon und E-Mail weiterhin zentrale Bestandteile des Beratungsalltags.

Um das Potenzial der Automatisierung von Prozessen und den Status quo in M&A besser zu verstehen, gehen wir im Folgenden genauer auf den aktuellen Stand anhand von Prozessbeispielen ein. Der Übersicht halber wird der Prozess in drei Phasen aufgeteilt: Vorbereitung, Qualifikation und Deal-Making.

In der Vorbereitungsphase steht vornehmlich das Einarbeiten in alle relevanten Zahlen, das Erstellen von Verkaufsprospekten und das Zusammenstellen einer Longlist im Vordergrund. In dieser ersten Phase wird aktuell noch kaum auf zukunftsweisende Technologien oder Software im Allgemeinen gesetzt. Finanzmodelle werden von Grund auf manuell aufgebaut und in minutiöser Handarbeit mit neuen Ist-Zahlen des Mandanten aktualisiert. Datenpakete werden von Menschen gesichtet, in relevante Kategorien eingeordnet und archiviert. Auch die Erstellung von Verkaufsprospekten ist heute immer noch ein menschlich getriebener Prozess aus dem Sammeln von Informationen und kreativer Neuanordnung. Selbst bei der Identifikation von möglichen Käufern und Kaufobjekten kommen einschlägige Datenbanken und die Online-Suchmaschine zum Einsatz, bevor teils widersprüchliche Daten manuell aggregiert werden.

In der Qualifizierungsphase nimmt der organisatorische Aufwand noch einmal deutlich zu. In dieser Phase treten die verschiedenen Investoren dem Prozess bei und müssen ebenfalls über die aktuellen Geschehnisse informiert und durch den Deal geführt werden. Einzelne Aufgaben, wie das Verhandeln der NDAs, das Verschicken des Information Memorandum oder das Einsammeln der Indikativen Angebote, kosten trotz ihrer simplen Art unverhältnismäßig viel Zeit, da sie für jeden einzelnen Investor wiederholt werden müssen.

Die Deal-Making-Phase als dritte und letzte Phase eines M&A-Projektes ist die wohl am schwierigsten zu automatisierende Phase. Das Verhandeln der Details eines Deals ist ein sehr persönlicher, vertrauensbasierter Prozess, der sehr viel menschliches Feingefühl erfordert und daher in jedem Fall unter die Kernkompetenzen eines Beraters fällt. Mit der Due Diligence gibt es hier den vermutlich technologisch innovativsten Teil eines M&A-Projekts, welcher heutzutage typischerweise in virtuellen Datenräumen (VDR) spezialisierter Anbieter abläuft. Diese VDRs unterstützen allerdings allein die Verteilung vertraulicher Dokumente, ohne den genauen Prozessablauf zu berücksichtigen.

Abschließend muss angemerkt werden, dass der beschriebene Prozess stark vereinfacht wurde und somit in der Realität kaum zu finden sein wird. Jede Investor-Journey ist anders und nicht leicht vorhersehbar. Daher muss eine Software, die das Projekt End-to-End begleitet, über eine gewisse Flexibilität verfügen, um eben solche Abweichungen des Prozesses darstellen zu können. Gerade durch diese Unvorhersehbarkeit und die unterschiedlichen Anforderungen der Beteiligten zeigt sich das Potenzial einer End-to-End-Plattform in M&A: Sie bietet nicht nur Struktur und Effizienz, sondern auch die notwendige Flexibilität, um individuelle Prozessabweichungen reibungslos zu integrieren.

3. Potenziale von End-to-End-Plattformen in M&A

Eine solche zentrale Plattform würde es verschiedenen Stakeholdern – Beratern, Verkäufern und Käufern – ermöglichen, effizient zusammenzuarbeiten und Prozesse erheblich zu beschleunigen. Anstatt isoliert auf unterschiedlichen Applikationen, Plattformen und Kommunikationskanälen zu agieren, hätten alle Beteiligten Zugang zu einem einheitlichen System, das durch Echtzeit-Informationsaustausch die Nachverfolgung von Transaktionsschritten und die Entscheidungsfindung erleichtern würde. Diese Vernetzung würde somit gewährleisten, dass alle relevanten Daten stets aktuell und für die richtigen Personen verfügbar sind.

3.1. Gesteigerte Effizienz und Effektivität durch IPA

Ein offensichtlicher Vorteil einer vollautomatisierten Plattform ist vor allem die drastische Effizienzsteigerung. Indem zeitraubende, manuelle Aufgaben wie das ständige Aktualisieren von Stati oder das Suchen und Sortieren von Datenpaketen automatisiert werden, können Berater und ihre Mandanten wertvolle Zeit einsparen. Denn eine solche Plattform könnte nicht nur in Echtzeit erkennen, wenn ein bestimmter Prozessschritt abgeschlossen wurde, sondern auch automatisch die entsprechenden Parteien informieren, Dokumente bereitstellen oder den nächsten Prozessschritt einleiten.

Komplexe Vorgänge, wie das Verhandeln und Unterzeichnen von Vertraulichkeitserklärungen (NDAs) oder die Verwaltung von Angeboten, können ebenfalls teilautomatisiert werden, wodurch Fehler minimiert und Verzögerungen vermieden werden können. Dies sorgt für einen deutlich flüssigeren Ablauf der Transaktion und beschleunigt Entscheidungsprozesse, da Stakeholdern schneller die nötigen Informationen zur Verfügung gestellt werden können. Dank der Echtzeitverarbeitung und -aktualisierung der Daten wird der gesamte Transaktionsprozess somit zuverlässiger.

Die Automatisierung dieser und weiterer Prozesse ermöglicht es Beratern, sich auf die wesentlichen und wertschöpfenden Aufgaben einer M&A-Transaktion zu fokussieren. Dies reduziert nicht nur die Arbeitszeit, die auf repetitive Aufgaben zurückzuführen ist, sondern erhöht auch die Qualität und Intensität der Beratungsleistungen, da sich der Berater intensiver auf die individuellen Bedürfnisse des Mandanten und der Investoren fokussieren kann.

3.2. Transparenz in Echtzeit: Mehr Klarheit im M&A-Prozess

Eine End-to-End-Plattform könnte zudem signifikant zur Transparenz im M&A-Prozess beitragen, insbesondere für mittelständische Unternehmer, die oft nur einmal im Leben an einer Unternehmenstransaktion teilnehmen. Ein digital gestützter Onboarding-Prozess, der alle notwendigen Dokumente sammelt und analysiert sowie automatisierte Benachrichtigungen, Checklisten und Fortschrittsinformationen bereitstellt, ermöglicht es dem Mandanten, jederzeit den aktuellen Stand der Transaktion nachzuvollziehen und nächste Schritte zu antizipieren. Abseits der zentralen persönlichen Komponente einer Transaktion könnte ein zusätzlicher Einblick über eine solche Plattform erhöhtes Vertrauen und eine engere Zusammenarbeit fördern. Sämtliche Informationen, Daten, Dokumente sowie sogenannte Rich-Media könnten dem Mandanten in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise müssten Standardunterlagen nicht aktiv angefordert werden, sondern würden durch Vorschläge des Systems automatisch beim Mandanten angefragt werden. Auch die Käuferseite kann ähnlich von gesteigerter Transparenz profitieren.

Diese zugewonnene Transparenz fördert eine bessere Zusammenarbeit zwischen allen involvierten Stakeholdern einer Transaktion und reduziert potenzielle Missverständnisse und Verzögerungen. Zudem macht eine digitale benutzerfreundliche Oberfläche, die den gesamten Prozess für alle Beteiligten abbildet, den Transaktionsprozess auch für unerfahrene Teilnehmer zugänglicher und nachvollziehbarer.

3.3. Value Creation & Intelligente Datenanalysen

Neben der Effizienzsteigerung und der verbesserten Benutzererfahrung kann eine umfassende Automatisierung auch langfristigen Mehrwert schaffen, der weit über den eigentlichen Transaktionsprozess hinausgeht. Die systematische Erfassung und Analyse großer Datenmengen ermöglicht es, wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen, die Käufern, Verkäufern und vor allem der Partei, die den Prozess abwickelt, in späteren Phasen zugutekommen können. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ermöglicht hierbei die Analyse wiederkehrender Muster und kann auf diese Weise bereits frühzeitig Vorhersagen über den Verlauf des Prozesses treffen und bei der Ressourcenallokation unterstützen. Auch die Analyse und Aggregation von im Prozess notwendigen Dokumenten kann, insbesondere in der nachfolgenden Post-Merger-Integration (PMI), dabei helfen, die strategische Ausrichtung des erworbenen Unternehmens zu optimieren. Automatisierte Dashboards und Analysetools könnten es Käufern ermöglichen, die Leistung des Targets nach der Übernahme zu überwachen und zu analysieren, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Verbesserung einzuleiten.

3.4. Next-Gen M&A

Eine solche End-to-End-Plattform wird unumgänglich, um mit der Digitalisierung anderer Industrien Schritt halten zu können. Zukunftstrends und aktuelle Studien sprechen klar für einen verstärkten Bedarf solcher Plattformen – auch in M&A. Die berechtigte Nachfrage nach persönlicher und individueller Betreuung kann und sollte dabei jedoch auch weiterhin einen hohen Stellenwert einnehmen. Wichtig ist, dass marktführende Tools wie CRM-Systeme, virtuelle Datenräume (VDR) oder Outreach-Tools nicht ersetzt, sondern intelligent integriert werden, um in der bestehenden Infrastruktur optimal genutzt werden zu können. Die Automatisierung schafft zudem Potenzial für die Verbesserung des individuellen Services. Die verbesserte Customer Experience über benutzerfreundliche Schnittstellen führt dazu, dass alle Beteiligten mehr Zeit für ihre Kernaufgaben zur Verfügung haben. Die Plattform sollte in der Lage sein, repetitive Aufgaben durch den Einsatz von Datenanalysen und künstlicher Intelligenz zu automatisieren, um wertvolle Zeit für Berater und andere Parteien zu gewinnen. Auf diese Weise wird ein noch nie dagewesener Mehrwert geschaffen, ohne bestehende Wertschöpfung durch persönliche Beratung und zwischenmenschliche Beziehung zu mindern. Die Integration einer solchen End-to-End-Plattform würde zu einer effizienteren Zusammenarbeit, mehr Transparenz und einer besseren Qualität der Entscheidungsfindung im gesamten M&A-Prozess führen.

Neben der prozessualen Innovation eröffnet sich das Potenzial, durch technologische Weiterentwicklungen noch tiefer in den Bereich der Data-Use-Innovationen einzudringen und den M&A-Prozess weiter zu transformieren. Zukünftige Entwicklungen könnten Vorhersagen über das Engagement von Investoren, die Abgabe von Angeboten und die Relevanz einzelner Akteure in Projekten ermöglichen, was neue Ansätze in der Entscheidungsfindung und Ressourcenallokation schafft. Eine wichtige Erweiterung wäre die Visualisierung von Prozessdaten in interaktiven Dashboards, um eine tiefere, visuell ansprechendere Analyse und Vergleichbarkeit von Angeboten zu fördern.

Darüber hinaus könnten fortschrittliche CRM- und Schnittstellen-Integrationen weiterentwickelt werden, um die nahtlose Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Systemen zu optimieren. Ein weiterer Schritt könnte die verstärkte Einbindung des Mandanten über eine eigene Ansicht auf der Plattform sein, um die Qualität der Beratungsleistung zu erhöhen und den administrativen Aufwand für Berater zu reduzieren. Langfristig bleibt das Ziel, die Automatisierung von Prozessen zu vertiefen, um repetitive Aufgaben noch effizienter zu gestalten. Diese technologischen Fortschritte hätten das Potenzial, nicht nur die Transparenz und Effizienz des M&A-Prozesses erheblich zu steigern, sondern auch die Analyse- und Kontrollmöglichkeiten für alle beteiligten Stakeholder nachhaltig zu verbessern.

Das könnte Sie auch interessieren