M&A SUMMIT Spezial: Frauen in M&A: Veränderung geht nur gemeinsam
Am ersten Abend des M&A Summit 2024 wartete ein einzigartiges, weil wahrscheinlich erstes Panel zu diesem Thema überhaupt auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Es ging um Frauen in M&A, um den Status quo, um Erfahrungen, Herausforderungen und Chancen und natürlich um die weibliche Zukunft in der immer noch von Männern dominierten Branche.
1. Einleitung
Am ersten Abend des M&A Summit wartete ein einzigartiges, weil wahrscheinlich erstes Panel zu diesem Thema überhaupt auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Es ging um Frauen in M&A, um den Status quo, um Erfahrungen, Herausforderungen und Chancen und natürlich um die weibliche Zukunft in der immer noch von Männern dominierten Branche.
Marion Vogel
Basis für das Panel stellten Fragen und Ergebnisse der Studie „Women in M&A“ von Dr. Mai Anh Dao und Christina Koller (MADiscover), Anstoß dazu gab unter anderem die Fokusausgabe der M&A Review zum gleichen Thema (3/2024). Die Panelistinnen – Isabelle Pernegger, Partnerin bei M&A Transaction Services Nürnberg, Dr. Dorothee Prosteder, Partnerin bei NOERR, Karin Schaeuble, Director M&A bei Wörwag Pharma, und Melanie Wiese, CFO bei der Deutschen Beteiligungs AG – sind allesamt erfolgreiche Frauen (und Mütter), die allen Widrigkeiten zum Trotz die Karriereleiter hinaufgestiegen sind, dort, wo sich meistens nur Männer tummeln – was auch ein Blick in das überwiegend männliche Publikum bestätigte.
Warum sollte die Situation von Frauen in M&A anders sein als in anderen Berufszweigen? Und warum sollte man darüber sprechen? Diese Fragen stellte sich Dr. Mai Anh Dao im Vorfeld. Die Branche hat den Ruf, härter, fordernder, schneller zu sein als manche anderen, was besonders Frauen viel abverlangt – oder zumindest abzuverlangen scheint. Darüber sprechen sollte man aber, so Dr. Dao, weil es erwiesenermaßen Frauen anspornt, auch herausfordernde Karrierewege zu beschreiten, wenn sie weibliche Vorbilder in Spitzenpositionen haben – ein positiver Beitrag zur Steigerung der Frauenquote in den Führungsetagen von Unternehmen und Kanzleien. Und so drehte sich das Panel nicht um klischeehafte Mann-Frau-Kategorien im beruflichen Umfeld, sondern kann als Initialzündung für eine sachliche Betrachtung der Situation und damit auch eine Chance zur Veränderung gesehen werden.
2. Sachorientiert versus hierarchisch
Dr. Mai Anh Dao stiegt direkt zum Anfang des Panels in die Vollen. Nach „Überlebenstipps“ im Job gefragt, gaben die Panelistinnen ihre Erfahrungen preis: „Erst einmal zehn Minuten lang den Mund halten“, lautete der Tipp von Dr. Dorothee Prosteder. Männer würden hierarchischer denken und handeln, Frauen sachorientierter. In einem Meeting würden die Teilnehmer rund zehn Minuten benötigen, um die Hierarchien festzulegen – vorher würde es Frauen wenig bringen, sich in die Diskussion einzuschalten. Dr. Prosteder ist überzeugt, dass eine Kultur der sachorientierten Diskussion Teams lösungsorientierter und damit erfolgreicher machen würde – weshalb gemischten Teams immer der Vorzug gegeben werden sollte. Und ein Mauerblümchen zu sein, das im richtigen Moment mit der zündenden Idee überzeugt, sei ebenfalls eine erprobte Strategie, verriet Karin Schaeuble. Mit viel Gelächter wurde der durchaus ernst gemeinte Tipp „Augen auf bei der Männerwahl“ quittiert: Will die Frau Karriere machen, seien Verständnis und Unterstützung seitens des Partners unabdingbar, so Isabelle Pernegger.
3. Netzwerken, netzwerken, netzwerken
„Männer können das, wir Frauen leider noch nicht so“, lautet das Fazit von Melanie Wiese. Dabei sei ein gut ausgebautes Netzwerk nach Ansicht aller Panelistinnen das A und O, wenn man oder frau erfolgreich sein will. Und zwar nicht nur im eigenen Unternehmen oder in der Branche, und auf gar keinen Fall nur unter Frauen. Dabei sollte man sich in unterschiedlichen Bereichen vernetzen, ob im eigenen Business, wirtschaftlich oder politisch. Ebenfalls wichtig: „Offen sein und keine Chancen an sich vorbeiziehen lassen“, empfiehlt Karin Schaeuble.
4. Unruhe im System
In der Interviewstudie war unter anderem zu hören, dass Frauen Unruhe ins System bringen würden. Dr Mai Anh Dao fasste die Aussage weiter: Andersartigkeit bringe oft Unruhe hinein, was wiederum Arbeit im Umgang damit erfordere und deswegen oft unerwünscht sei. Melanie Wiese fand dazu klare Worte: Was viele Männer immer noch als Nachteil sehen, sieht sie als absoluten Vorteil: Wer die „Unruhe“ zulasse, empowere Menschen, sorge dafür, dass Lösungsansätze kreativer und vielfältiger werden. Und es sei schließlich die Aufgabe der Personaler und der Führungskräfte, ihren Mitarbeiterinnen – und Mitarbeitern – Selbstvertrauen zu geben und ihre Stärken zu stärken, damit jeder in der Lage ist zu zeigen, was er kann. An Selbstvertrauen fehle es nämlich sehr, sagt auch Isabelle Pernegger. „Frauen trauen sich einfach weniger zu“, sie stünden sich oft selbst im Weg, seien sich dessen aber auch oftmals bewusst. Dies konnte auch Dr. Mai Anh Dao unterstreichen mit einem Zitat einer Interviewpartnerin, die sagte, sie habe „nicht schneller träumen können“.
5. Veränderungen in Sicht?
Ob sich seit ihrem Karrierebeginn viel verändert habe, lautete eine Frage aus dem Publikum. Ein zögerliches „ja“ war von allen Panelistinnen zu hören. Das Elterngeld habe einiges dazu beigetragen und damit die Möglichkeit, dass Väter mit ihren Kindern zuhause bleiben. Ein großer Schritt nach vorne war definitiv das Thema Homeoffice und damit die Möglichkeit, flexibel zu arbeiten – auch mit Kindern. Doch gesellschaftlich und politisch würden gerade Rückschritte gemacht, was durchaus ein Anlass zur Sorge sein kann. „Wenn sich ein Paar für die klassische Rollenverteilung entscheidet, muss man das akzeptieren“, erklärte Isabelle Pernegger. Alle anderen sollten ermutigt werden, ihre Ziele zu erreichen. Wege gebe es dafür viele. So lautete ein Tipp, ja eine Aufforderung, diejenigen, die hierarchische Strukturen heraushängen lassen mit ihrem Verhalten direkt zu konfrontieren. Mentoring als ein Weg des Empowerment wurde genannt – und zwar für Frauen wie Männer gleichermaßen. Teilzeitangebote seien in der heutigen digitalen Welt mit Homeoffice ein Muss, auch wenn klar ist, dass es im M&A-Bereich sehr schwierig ist, Teilzeit zu arbeiten. Doch es gebe erfolgreiche Modelle, erzählte Dr. Dorothee Prosteder, bei denen Eltern beispielsweise bereits nach sechs Monaten Elternzeit mit nur wenigen Prozent wieder in den Job einsteigen und die Stunden sukzessive steigern. Dadurch würde man viel weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren als mit Modellen, nach denen Eltern erst frühestens nach einem Jahr zurückkommen – und bis dahin den Anschluss meist vollständig verpasst haben. Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang: „Wir scheitern oft am eigenen Anspruch“, sagte Isabelle Pernegger. Zum Kindergartenfest müssten es eben nicht die selbst geschnitzten Gurkenkrokodile sein.
6. Nur gemeinsam wird es anders
Damit wir in zehn Jahren sagen können, dass sich in diesem Bereich etwas – oder viel – verbessert hat, braucht es Initiative und Engagement. Das Empowerment sollte zu einer Führungsmaxime werden, und Frauen sollten durchaus mehr Eigeninitiative zeigen, findet Dr. Dorothee Prosteder. „Es wird sich nur etwas ändern, wenn wir gemeinsam, Männer und Frauen, daran arbeiten, dass es kein Patriarchat mehr gibt und die Hierarchien anders funktionieren oder gar nicht mehr vorhanden sind“, bekräftigte wiederum Melanie Wiese immer wieder und fand breite Zustimmung bei ihren Kolleginnen genauso wie im Publikum, das zu ihren Statements bekräftigend nickte.
7. Von hier aus Blick nach vorne
Die (selbst-)kritischen Einblicke, Anekdoten und Tipps für Frauen und Männer gleichermaßen sorgten für einen kurzweiligen und überaus interessanten Abend. Das Fazit eines Zuhörers lautete: „Das war für uns Männer vermutlich spannender und erhellender als für die Frauen im Raum.“ Die anwesenden Frauen wiederum fühlten sich verstanden und inspiriert. Der rege Austausch im Anschluss zeigte, dass es richtig und wichtig war, das Thema zu einem Panel-Topic zu machen – und dass es nur der Anfang sein sollte, wenn wir Veränderungen herbeiführen wollen. Natürlich gemeinsam.
Redaktion, M&A REVIEW