02.09.2025 | Klaus-Martin Haussmann, Justus Quack, Jan Züblin

M&A-as-a-Service im Mittelstand: Transaktionen trotz Ressourcenknappheit professionell umsetzen

Es gilt als allgemein anerkannt, dass mittelständische Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellen und ihr Wachstum maßgeblich das ökonomische Gesamtwachstum beeinflusst

Es gilt als allgemein anerkannt, dass mittelständische Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellen und ihr Wachstum maßgeblich das ökonomische Gesamtwachstum beeinflusst. Um Wachstum und Profitabilität jedoch auch in Zeiten geopolitischer Konflikte, gesättigter Märkte, ungewisser Nachfolgelösungen und der durch die jüngsten technologischen und nachhaltigkeitsbezogenen Entwicklungen getriebenen Notwendigkeit zur Transformation bestehender Geschäftsmodelle zu gewährleisten, sind Mergers and Acquisitions („M&A“) für Entscheider auch im Mittelstand unverzichtbar geworden.1

Bedeutung und Herausforderung von M&A im dt. Mittelstand1

Strategisches M&A ermöglicht den Unternehmen dabei die Erreichung ihrer Ziele, wie beispielsweise die Erschließung neuer Kunden, Produkte und Marktsegmente. Dass sich der deutsche Mittelstand dieser Chancen durch M&A bewusst ist, spiegelte sich zuletzt in der diesjährigen Befragung von 92 Unternehmen im Rahmen der Mittelstandsstudie des Bundesverbands Mergers & Acquisition gem. e.V. (BMA) wider. So ergab die Befragung im Vergleich zu den Vorjahren, dass M&A für den Mittelstand stetig an Bedeutung gewonnen hat und inzwischen mehrheitlich für einen signifikanten Teil des Unternehmenswachstums verantwortlich ist. So gaben über 80 Prozent der befragten Mittelständler an, bereits in mindestens eine Transaktion involviert gewesen zu sein. Da es sich bei über 60 Prozent der befragten Unternehmen um Familienunternehmen handelt und nur 22 Prozent der Befragten bereits konkrete Nachfolgelösungen erarbeitet haben, ist mit einem zukünftigen Anstieg der M&A-Aktivitäten zu rechnen.2

Aus Beratersicht beobachten wir, dass die zunehmende Komplexität, beispielsweise durch Carve-outs einzelner Geschäftsbereiche aus Konzernstrukturen sowie insbesondere die von den Akteuren geforderte Schnelllebigkeit von M&A, oftmals nicht mit den Kapazitäten, Strukturen und Entscheidungsprozessen deutscher Mittelständler vereinbar ist. So haben wir von Kunden erfahren, dass sie aus diesen Gründen nicht an strukturierten Prozessen teilnehmen. Häufig agieren Mittelständler zudem reaktiv statt proaktiv auf dem M&A-Markt.3

Auf Basis der vorangehenden Erläuterungen ergibt sich für den deutschen Mittelstand die Herausforderung, seine M&A-Aktivitäten bei gegebener Ressourcenknappheit, proaktiver und zugleich kontinuierlicher zu gestalten, um M&A-Opportunitäten zukünftig effizienter evaluieren und wahrnehmen zu können.

decoding="async" Olivier Le Moal – stock.adobe.com

M&A-as-a-Service: Konzept und Vorteile

M&A-Aktivitäten eines Unternehmens können entweder intern durch die eigenen Angestellten oder extern durch dienstleistungsbasierte Berater, umgesetzt werden. Aus Unternehmenssicht erscheint die interne Umsetzung zunächst vorteilhafter, da die eigenen Mitarbeiter durch die Möglichkeit der direkten und langfristigen Einbindung in strategische Prozesse ein tiefgreifenderes Verständnis für die Bedürfnisse des Unternehmens entwickeln können. Dieser Ansatz ist jedoch aufgrund des inhärent volatilen Projektgeschäftscharakters von M&A sehr fixkostenintensiv, da Gehälter auch in projektfreien Phasen fortzuzahlen sind. Dementgegen steht der externe Ansatz, bei dem Berater durch kurzfristiges, intensives Engagement anspruchsvolle M&A-Prozesse erfolgreich begleiten. Hierbei kann sich das Unternehmen sowohl die M&A- als auch die branchenspezifische Expertise, inklusive Zugang zu anspruchsvollen Tools und führenden Datenbanken des Beraters, zunutze machen. Dies sind entscheidende Erfolgsfaktoren für M&A-Aktivitäten. Die zugrundeliegende Dienstleistung bezieht sich jedoch meist maßgeblich auf den Kauf- bzw. Verkaufsprozess sowie das jeweilige Zielunternehmen, sodass das Verständnis für die individuellen Bedürfnisse und die langfristige Strategie des übernehmenden Unternehmens tendenziell begrenzt sind.4 Des Weiteren sorgt die Vergütungsstruktur von M&A-Beratern für eine starke Abschlussorientierung, die nicht immer im Interesse des Unternehmens liegt.

Um die oben genannten Herausforderungen zu meistern und die Schwächen der beiden klassischen Ansätze zu adressieren, haben wir bei Grant Thornton in Deutschland das M&A-as-a-Service-Konzept entwickelt. Es ist insofern abgrenzbar, da es sich um eine Mischform handelt, bei der die interne M&A-Funktion langfristig durch ein externes Beraterkontingent mit festgelegten Hauptansprechpartnern ausgefüllt oder situativ unterstützt wird. Die Dienstleistung des M&A-as-a-Service wird insofern hochgradig individualisierbar angeboten, sodass Umfang und Ausgestaltung an die jeweiligen Bedürfnisse des Kunden angepasst werden. Infolgedessen kann M&A-as-a-Service sowohl die Vorteile des internen Ansatzes in Form der intensiveren Einbindung in die strategischen Prozesse und in Folge ein tiefgreifenderes Verständnis für die unternehmerischen Bedürfnisse des Kunden als auch des externen Ansatzes in Form von Effizienzgewinnen bei M&A-Prozessen sowie Zugang zu Branchenexpertise, Tools und Datenbanken bieten. Gleichzeitig stellt die Wahrung der Kosteneffizienz ein zentrales Kriterium für das Konzept des M&A-as-a-Service dar. Die Vergütung erfolgt nur für tatsächlich geleistete Arbeit und auf Wunsch auch ohne hohe Success Fees. So erscheint das Konzept des M&A-as-a-Service als effizientere und ressourcenschonendere Alternative für M&A im deutschen Mittelstand.

Tätigkeitsfelder von M&A-as-a-Service

Ein wesentlicher konzeptioneller Vorteil von M&A-as-a-Service ist wie beschrieben und je nach mandantenspezifischer Ausgestaltung die umfassende Einbindung des externen Beraters in das Unternehmen sowie die potenziell vollumfängliche Ausfüllung der M&A-Funktion. Die konkreten Tätigkeitsfelder von M&A-as-a-Service sind entsprechend vielfältig und können sämtliche Tätigkeiten umfassen: von der Erstellung von Longlists potenzieller Zielunternehmen sowie dem Screening spezifischer Transaktionsopportunitäten über die Ansprache von Investoren, das Management von Datenräumen sowie die Aufbereitung der Daten im Rahmen der Due Diligence, das Beteiligungscontrolling in Form von Financial Modeling und die Erstellung des Management Reportings als Entscheidungsgrundlage bis hin zur Führung von Kaufpreisverhandlungen sowie der Übernahme der Rolle des wesentlichen Ansprechpartners gegenüber Stakeholdern. Entscheidend für die konkrete Ausgestaltung des Ansatzes sind die individuellen Bedürfnisse des Kunden, sodass der Umfang regelmäßig zwischen dem reinen Screening des Marktes, der Abwicklung einzelner Prozesse in Projekthochphasen und der ganzheitlichen Professionalisierung der M&A-spezifischen Unternehmensstrukturen sowie dem Reporting an das Management variiert. In der Praxis nehmen wir häufig an abteilungsinternen Terminen teil und arbeiten Seite an Seite mit den internen M&A-Experten.

Um für neue Mandanten ein erfolgreiches Onboarding sicherzustellen, werden initial zunächst jeweils zwei bis drei Hauptansprechpartner von Grant Thornton in Deutschland durch das Management des Mandanten ausgewählt und im Rahmen von Workshops vor Ort im Unternehmen erfolgreich in die bestehenden Strukturen integriert. Dies dient der operativen Arbeitsfähigkeit und der Etablierung von „kurzen Wegen“. Zugleich ermöglicht dieser Ansatz unseren Beratern, schnell fester Bestandteil der unternehmensinternen M&A-Abteilungen zu werden, die Arbeitsfähigkeit sicherzustellen und kurze Wege zu etablieren.

Fazit zu M&A-as-a-Service und Ausblick für den deutschen Mittelstand

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von M&A durch ungelöste Nachfolgesituationen im deutschen Mittelstand sowie der wachsenden Anforderungen durch immer komplexere Transaktionen im Kontext von internationalen Wachstumsstrategien und Carve-outs sowie limitierte Ressourcen ermöglicht M&A-as-a-Service dem Mittelstand einerseits die eigenen M&A-Aktivitäten proaktiver und kontinuierlicher zu gestalten, andererseits die oft limitierten Ressourcen schonend sowie effizient einzusetzen. M&A-as-a-Service bietet Mittelständlern somit einen sehr guten Weg zur Umsetzung anorganischer Wachstumspotenziale und wird sich in den kommenden Jahren stärker am Markt etablieren.

Bereits heute kann Grant Thornton in Deutschland in diesem Bereich umfangreiche Erfahrungen aus der erfolgreichen Integration und Umsetzung bei renommierten Mittelständlern vorweisen und verfügt damit über eine Expertise, die zu den führenden am Markt zählt.


1 Vgl. Eggers (2025): M&A als Wachstumstreiber familiengeführter Unternehmen im dt. Mittelstand, URL: ma-review.de/artikel/ma-als-wachstumstreiber-familiengefuehrter-unternehmen-im-dt-mittelstand; Waßmann/Usmani (2024): Trends als Treiber für den M&A-Markt 2024, URL: www.unternehmeredition.de/trends-als-treiber-fuer-den-ma-markt-2024/.

2 KfW (2024): KfW-Mittelstandspanel 2024, S. 17, URL: www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandspanel/KfW-Mittelstandspanel-2024.pdf; Bauer (2025): Mittelstandsstudie 2025, S. 5, 10, 14, 17, 19.

3 Vgl. Bauer (2025): Mittelstandsstudie 2025, S. 13.

4 Vgl. Eggers (2025): M&A als Wachstumstreiber familiengeführter Unternehmen im dt. Mittelstand, URL: ma-review.de/artikel/ma-als-wachstumstreiber-familiengefuehrter-unternehmen-im-dt-mittelstand.

Das könnte Sie auch interessieren