M&A Award 2024: Finalist: 2024 – Deutsche Bahn
Ein Highlight dieses Sommers war die Verleihung der M&A Awards durch den Bundesverband M&A gem. e.V. (BM&A). Diese prestigeträchtige Veranstaltung ehrte herausragende M&A-Transaktionen, die durch strategische Planung und erfolgreiche Umsetzung beeindruckt haben. In den folgenden Ausgaben der M&A REVIEW stellen wir Ihnen die Gewinnerdeals der einzelnen Kategorien und interessante Hintergründe vor. Ein Interview mit Prof. Dr. Florian Bauer, Universität Bristol, sowie Alexander Griesmeier, Grant Thornton (Leiter des M&A Award Forschungsteams), und Thomas Wagner, Deutsche Bahn, stellvertretend für das Siegerteam.
M&A Review: Herr Griesmeier – als Leiter des Forschungsteams des M&A Award haben Sie die anonymisierten Daten für die Jury aufbereitet. Beschreiben Sie bitte kurz die Charakteristika des Awards in der Kategorie Finalist 2024.
Griesmeier: Typischerweise wird M&A mit Erweiterungen der Strategie oder des Geschäftsmodells im Sinne des Wachstums verbunden. Aber Wachstum unterliegt gewissen Rhythmen, die vom Markt und von den handelnden Charakteren diktiert werden. Wie gehen Unternehmen damit um, wenn sich der Rhythmus ändert, und wie können aus dieser Rhythmusänderungen positive Aspekte gezogen werden? Für die Forschung ist diese eine relevante Fragestellung im Sinne des Integration-Separation-Kreislaufs. Insbesondere ist hier das Timing relevant, um die Gewinne zum Beispiel durch einen IPO oder einen strategisch denken Käufer mitnehmen zu können.
M&A Review: Herr Wagner, beschreiben Sie bitte der M&A Review Leserschaft den Deal, für den Sie den M&A Award erhalten haben.
Wagner: Das Team erhielt den M&A Award für den erfolgreichen Verkauf der Arriva Gruppe an I Squared Capital. Diese Transaktion, die im Mai 2024 abgeschlossen wurde, markiert das Ende des Engagements der Deutschen Bahn im europäischen Nahverkehrsmarkt. Der Verkauf war das Ergebnis eines strategischen Wandels bei der Deutschen Bahn, die ihren Fokus verstärkt auf das Kerngeschäft in Deutschland legte. Zuvor hatte es bereits einen sogenannten Dual-Track-Ansatz gegeben, der jedoch aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie abgebrochen werden musste. Im Vorfeld des Verkaufs wurden zudem mehrere Carve-out-Transaktionen durchgeführt, bei denen Landesgesellschaften von Arriva veräußert wurden, die im Rahmen eines strategischen Reviews als nicht zum Kerngeschäft gehörend eingestuft worden waren. Der gesamte Verkaufsprozess war durch eine hohe Komplexität und Dynamik geprägt. Zahlreiche Bieter hatten unterschiedliche strategische Absichten und zeigten Interesse an unterschiedlichen Teilen des Arriva-Portfolios, was die ohnehin anspruchsvolle Transaktion zusätzlich erschwerte. Neben den Herausforderungen, die Transaktionen dieser Größenordnung generell mit sich bringen, mussten auch verschiedene Transaktionsstrukturen sowie kartellrechtliche Fragestellungen berücksichtigt werden. Mit I Squared Capital wurde ein Käufer gefunden, der nicht nur die finanziellen Erwartungen der Deutschen Bahn erfüllte, sondern auch für die gesamte Arriva Gruppe eine zukunftsfähige Perspektive bietet.
M&A Review: Frage an das Forschungsteam: Was waren die ausschlaggebenden Kriterien, dass die Deutsche Bahn den Award erhalten hat?
Griesmeier: Was uns beeindruckt hat, war zum einen die Komplexität des Carve-outs, der viele zeitliche, als auch rechtliche Hürden mit sich brachte. Zum anderen aber auch die Professionalität in der Abwicklung der Transaktion, die gemeinschaftliche Ausrichtung auf das Deal-Optimum in Zusammenarbeit mit dem Käufer für höchstmögliche Transaktionssicherheit. Diese hohe Stringenz über einen langen Zeitraum hinweg, über Corona und dessen Auswirkung auf das Arriva-Geschäftsmodell ist ein erstklassiges Lehrstück für andere Carve-out-Prozesse.
M&A Review: Der M&A Award soll unter dem Motto „Lernen von den Besten“ auch einer gewisse Vorbildfunktion dienen. Herr Wagner, verraten Sie uns, welche besonderen Erfahrungen Sie und Ihr Team während dieses Deals gemacht haben oder ob Sie sich besonderen Herausforderungen stellen mussten?
Wagner: Für den Erfolg dieser Transaktion war es entscheidend, die Motivation, Akzeptanz und klare Verantwortlichkeiten in allen Workstreams sicherzustellen – sowohl innerhalb der Organisation als auch beim Target. Besonders nach dem intensiven Dual-Track-Prozess spielte dies eine zentrale Rolle. Alle Beteiligten mussten Verantwortung übernehmen, eng zusammenarbeiten und die Transaktion aktiv vorantreiben. Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg war die gründliche Vorbereitung des gesamten Prozesses. Dabei war das rechtzeitige Einplanen der vorgelagerten Carve-out-Transaktionen von großer Bedeutung. Zudem war die Erstellung detaillierter Verkaufsdokumente für ein komplexes Asset wie die Arriva Gruppe essenziell. Von Anfang an legten wir großen Wert auf Flexibilität in der Transaktionsstruktur, da wir mit unterschiedlichsten Interessen der Bieter rechneten. Dies erforderte einen modularen Ansatz und die Bereitschaft, den Prozess dynamisch anzupassen.
M&A Review: Herr Wagner, was möchten Sie gerne der M&A-Welt mit auf den Weg geben?
Wagner: M&A-Transaktionen dieser Größe und Komplexität verlaufen selten wie ursprünglich geplant. Ein klarer Fokus auf das große Ziel sowie Motivation, Resilienz und Flexibilität sind entscheidend für den Erfolg.
M&A Review: Und eine letzte Frage: Welchen Ehrenplatz hat der Award erhalten?
Wagner: Der Award wird zunächst wie ein „Wanderpokal“ herumgereicht, bevor er seinen festen Platz im Büro neben den gesammelten Tombstones des Teams einnimmt.
M&A Review: Nochmals herzlichen Glückwunsch zum M&A Award 2024!