Made in Germany als echter Pluspunkt
Spezialhandschuhe für die Produktion entstehen in Lorsch – vier erfahrene Gründer bauen vollkommen neue Produktion auf.
Spezialhandschuhe für die Produktion entstehen in Lorsch – vier erfahrene Gründer bauen vollkommen neue Produktion auf.
Wenn es um hochwertige und komplexe Produkte geht, dann muss beim Herstellungsprozess an jedes Detail gedacht werden. Kommen dann noch gefährliche Stoffe oder ungewöhnliche Produktionsbedingungen hinzu, dann steigen die Anforderungen weiter. Handschuhe von AL Glove Systems wurden für diese speziellen Bedingungen entwickelt. Und sie halten, was sie versprechen – im wahrsten Sinne des Wortes.
AL Glove Systems
Die speziellen Handschuhe von AL Glove Systems kommen in sogenannten Gloveboxes zum Einsatz – das sind dichte Boxen mit Sichtfenster, in denen mit empfindlichen und gefährlichen Stoffen gearbeitet werden kann. Je nach Anwendung gibt es zusätzliche Isolatoren mit einer speziellen Luftfilterung und einer Druckregelung. Dadurch kann man diese Gloveboxes auch zum Bearbeiten von toxischem oder hochsterilem Material nutzen. Die speziellen Handschuhe reichen bis zum Oberarm, damit im Inneren der Box ein möglichst großer Bewegungsspielraum vorhanden ist. Die Anwendungen erfolgen in erster Linie in den Bereichen Pharmazie bis zur Elektrotechnik. Weitere Einsatzbereiche sind Labore, Apotheken und Krankenhäuser.
Produktion auf dem Reißbrett entworfen
Diese Hightech-Handschuhe entstehen erst seit gut zwei Jahren in Lorsch – auf halber Strecke zwischen Darmstadt und Mannheim. „Wir haben die Entwicklung unserer Produktion quasi ,brownfield‘ begonnen. Dazu mussten wir ein bestehendes Gebäude vollständig entkernen, sanieren und schließlich an unsere Anforderungen für eine hochqualitative Produktion anpassen“, erzählt Peter Schützdeller, einer der Gründer und Geschäftsführer der AL Glove Systems GmbH. Dieser Aufwand hat sich aber gelohnt, denn inzwischen läuft die Produktion auf vollen Touren. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte von AL Glove Systems im Sommer 2021, als eine Gruppe von Branchenkennern aus der chemischen Industrie erkannte, dass es einen wachsenden Bedarf für Spezialhandschuhe in der Produktion gibt. Die Gründer hatten schon lange im Zuge von verschiedenen Tätigkeiten regelmäßig Kontakt miteinander. In einem zweiten Schritt setzte man sich zusammen und entwarf sozusagen am Reißbrett eine komplette Produktionsanlage für Schutzhandschuhe. Mit dem Know-how aus den früheren beruflichen Erfahrungen – unter anderem auch als Produktionsleiter – war diese Konzeption gut möglich. Danach folgte die Entwicklung der anspruchsvollen und spezifischen Produktionsanlagen. Hierfür wurde mit einem erfahrenen Sonderanlagenbauer zusammengearbeitet.
Jeder Handschuhtyp hat sein Rezept
Die neuen Maschinen sind an die individuellen Anforderungen für die Produktion der langen Handschuhe angepasst. „Wir hatten sehr konkrete Vorstellungen zu den einzelnen Fertigungsschritten und konnten uns daher gut bei der Konzeption der Maschinen mit einbringen“, erinnert sich Schützdeller. Es folgte ein weiteres knappes Jahr, in dem die Maschinen sorgfältig eingerichtet und kalibriert wurden, damit die Herstellung der Handschuhe nach den gewünschten Qualitätskriterien erfolgen kann. „Jeder Handschuhtyp hat sein eigenes Rezept in der Maschine – man muss jeden Schritt einzeln ausprobieren und lange testen. Insgesamt ist es ein sehr komplizierter Vorgang“, erläutert der Geschäftsführer. Im Kern läuft die Produktion so ab, dass mehrere Handschuhrohlinge in eine Flüssigkeit getaucht werden, dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt, bis der Handschuh die erforderliche Stärke hat.
Herstellung benötigt bis zu 26 Stunden
2023 war es so weit und die Produktion bei AL Glove Systems nahm ihren Betrieb auf. Pro Durchlauf kann die selbstentwickelte Maschine 30 bis 50 Handschuhe herstellen. Insgesamt dauert dieser Vorgang zwischen 10 und 24 Stunden. Es geht hier also nicht um ein Massenprodukt. „Die Kunst steckt in der speziellen Lösung. Die Entwicklung der Zusammensetzung hat uns eine Menge Zeit gekostet – aber nun sind wir mit den Ergebnissen und der Qualität auch sehr zufrieden“, fährt Schützdeller fort. Entscheidend ist unter anderem, dass über die komplette Länge des Handschuhs – diese kann bis zu einem knappen Meter betragen – eine gleichmäßige Dicke vorhanden ist und die Widerstandsfähigkeit gegen gefährliche Stoffe unverändert bleibt. Insgesamt war die Planung der Produktion sehr aufwändig und bedurfte vieler Tests. Bei der Herstellung von Produkten im Tauchverfahren gibt es viele Komponenten, die zu beachten sind. Auch der Prozess wird intensiv überwacht, um die hohen Qualitätsansprüche durchgehend gewährleisten zu können.
„Made in Germany“ zieht beim Kunden
AL Glove Systems stellt drei Typen von Glovebox-Handschuhen her – jeder mit unterschiedlichen Schutzeigenschaften gegen Giftstoffe, Säuren, gefährliche Gase oder UV-Strahlung. Je nach Einsatzgebiet in der Produktion müssen unterschiedliche Handschuhe verwendet werden. „Wir bieten mit unseren Handschuhen an kritischen Stellen zwischen Mensch und Endprodukt die notwendige Sicherheit. Wir liefern zuverlässige Handschuhe, mit denen besser gearbeitet werden kann. Darauf können sich unsere Anwender verlassen“, erklärt Schützdeller. Wichtig ist für ihn auch der enge Austausch mit den Kunden, um durch Beratung und Service die optimalen Anwendungsmöglichkeiten zu entwickeln. „Zusätzlich haben wir gemerkt, dass ,Made in Germany‘ ein echter Pluspunkt für uns ist“, sagt er weiter. Wichtigster Erfolgsfaktor ist nach Ansicht des Gründers das konsequente Setzen auf Qualität – auch durch intensive Prüfung des Herstellungsprozesses und der fertigen Produkte.
Weiteres Wachstum geplant
Die Kunden kommen derzeit überwiegend aus dem DACH-Gebiet, aber das Wachstum soll langsam und beständig fortgesetzt werden. Bei den Produkten will AL Glove Systems auf den Spezialhandschuhen konzentriert bleiben – man ist in Märkten unterwegs, die gerade ein starkes Wachstum erleben. Somit gäbe es genug Bedarf für die Produkte, mit denen man sich richtig gut auskennt. Inzwischen ist das Team auf 15 Mitarbeitende gewachsen. Dabei hilft auch die Lage in einer Region mit vielen Chemie- und Kunststoffbetrieben mit vielen qualifizierten Fachkräften. In jedem Fall stehen die Zeichen auf Expansion.
Große Hilfe bei der Finanzierung
Das stetige Wachstum des Unternehmens wurde auch möglich durch die Zusammenarbeit mit der bmh Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH. Der Kontakt kam über den Gründungsberater zustande, der dem Team beim Aufbau des Unternehmens half. Als ein „industrielles Start-up“ sei es nicht so einfach gewesen, die notwendigen Mittel für den Aufbau einer technischen Produktion zu bekommen. Gerade die klassische Bankenfinanzierung sei hier sehr schwer, da zum Start eines jungen Unternehmens vergleichsweise hohe Summen benötigt werden. „Wir haben ähnliche Probleme wie andere Start-ups auch – aber bei uns im industriellen Umfeld dauern die Dinge länger, und da muss man das notwendige Durchhaltevermögen mitbringen“, sagt Schützdeller. Er war froh, dass er mit dem Investmentteam der bmh auf Menschen traf, die an die Idee glaubten.
Über die bmh: Die bmh Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH mit Sitz in
Wiesbaden wurde 2001 gegründet und ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba). Über die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) ist die bmh aktiv in die Wirtschaftsförderung des Landes Hessen eingebunden. Als mittelständische Beteiligungs- und Venture-Capital-Gesellschaft bündelt die bmh die öffentlichen Beteiligungsinteressen und Finan-zierungsinstrumente für Frühphasen-, Wachstums- und Mittelstandsunternehmen in Hessen. Die bmh verwaltet derzeit sechs Beteiligungsfonds mit einem Volumen (AuM) von über 200 Mio. Euro. Seit ihrer Gründung hat die bmh in insgesamt mehr als 500 Unternehmen investiert. Beteiligungsschwerpunkte sind unter anderem die Sektoren Software/Analytics; Fintech/Insuretech; Life Science; Deep Tech; IoT/IndustrialTech; Hardware/ Industriegüter; Cleantech.www.bmh-hessen.de