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Die M&amp;A REVIEW wurde 1990 von Prof. Dr. Günter Müller-Stewens ins Leben gerufen und von 1992 bis 2016 vom Institut für Betriebswirtschaft (IfB) an der Universität St. Gallen betreut. Heute sind Prof. Dr. Florian Bauer und Prof. Dr. Christoph Schalast die Herausgeber. Das Magazin liefert monatlich Fachbeiträge zu Unternehmensübernahmen und Fusionen im deutschsprachigen Raum und international. Sie bietet einen Überblick über aktuelle M&amp;A-Trends, erfolgte Transaktionen und beteiligte Interessengruppen wie Käufer, Verkäufer, Berater und Intermediäre. Die Themen umfassen praxisrelevante Fragestellungen entlang des gesamten M&amp;A-Prozesses, Analysen von Verflechtungsstrukturen einzelner Konzerne und Branchen, statistische Auswertungen, Länderanalysen sowie juristische und steuerrechtliche Beiträge.

Die M&amp;A REVIEW richtet sich vornehmlich an M&amp;A-Professionals im deutschsprachigen Raum. Dazu gehören zunächst Führungskräfte in Strategie- und M&amp;A-Abteilungen von Unternehmen sowie deren Unternehmensleitungs- und Kontrollebene. Daneben zählen Unternehmensberater, Vertreter von Investmentbanken und Corporate Finance-Boutiquen sowie Partner und Mitarbeiter von Wirtschaftsprüfungs-/Steuerberatungs- sowie Rechtsanwaltssozietäten, die im Bereich der Unternehmensübernahmen und Fusionen tätig sind, zum Leserkreis. Auch Finanzinvestoren beziehen regelmäßig die M&amp;A REVIEW. Aufgrund der wissenschaftlichen Fundierung und des universitären Hintergrunds ist die Fachzeitschrift auch in vielen Universitäten und Forschungseinrichtungen verfügbar.

<ul><li>Mit über 30 Jahren führende Fachzeitschrift rund um M&amp;A seit 1990 (deutschsprachig)</li><li>Seit 1.1.2015 offizielles Publikationsorgan des Bundesverbands Mergers &amp; Acquisitions e.V.</li><li>10 Ausgaben im Jahr mit Doppelausgaben im Januar/Februar und Juli/August</li><li>Print-Auflage bei ca. 1.000 Exemplaren pro Ausgabe</li><li>kostenloser M&amp;A REVIEW Online-Zugriff auf Archiv (nur für Abonnenten – hauptsächlich deutschsprachig)</li><li>Seit Juni 2020 Zusammenarbeit mit dem französischen Fachmagazin Fusions &amp; Acquisitions, seit 2023 gemeinsamer Auftritt mit englisch-sprachigen Fachmagazin Combuyn</li></ul>

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Leo Berthier

leo.berthier@manda.co

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Caroline Wendt ist Associate im Bereich Competition, Regulation und Trade im Düsseldorfer Büro von Herbert Smith Freehills LLP.

Caroline Wendt

Dr. Marcel Nuys, ist Partner im Bereich Competition, Regulation und Trade im Düsseldorfer Büro von Herbert Smith Freehills LLP.

Dr. Marcel Nuys

<h3>1. Einleitung</h3>Auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Cour d‘Appel de Paris bestätigt der EuGH in der Rechtssache Towercast die Möglichkeit der Wettbewerbsbehörden, nicht fusionskontrollpflichtige Transaktionen anhand der Vorschriften zum Marktmachtmissbrauch (z.B. Art. 102 AEUV) zu messen. Die belgische Wettbewerbsbehörde zögerte daraufhin nicht lange. Bereits kurz nach Verkündung des Towercast-Urteils leitete sie eine Untersuchung gemäß der belgischen Marktmachtmissbrauchsvorschriften im Zusammenhang mit einer nicht fusionskontrollpflichtigen Unternehmensakquisition durch ein Telekommunikationsunternehmen ein – und berief sich dabei auf das Towercast-Urteil. Auch wenn dies nicht das erste Marktmachtmissbrauchsverfahren der belgischen Wettbewerbshüter im M&amp;A-Kontext ist, zeigt das schnelle Tätigwerden vor allem eines: Die Auswirkungen der EuGH-Entscheidung auf die M&amp;A-Praxis sind nicht zu unterschätzen.<h3>2. Der Fall Towercast</h3>Das Unternehmen Towercast S.A.S.U. legte im Jahr 2017 bei der französischen Wettbewerbsbehörde eine Beschwerde über den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch TDF Infrastructure Holdings S.A.S. ein. TDF hatte zuvor den Wettbewerber Itas S.A.S. erworben. Alle drei Unternehmen sind auf dem französischen Markt für terrestrische Fernsehübertragungen tätig. Nach Auffassung von Towercast ist TDF auf dem französischen Markt für terrestrische Fernsehübertragungen marktbeherrschend. Durch den Erwerb des einzigen Wettbewerbers missbrauche TDF seine beherrschende Marktstellung.Die französische Wettbewerbsbehörde wies die Beschwerde von Towercast im Jahr 2020 zurück. In der Begründung beschränkte sie sich auf das Argument, dass es eine klare Trennung zwischen der Fusionskontrolle auf der einen Seite und der Kontrolle von wettbewerbswidrigem Verhalten auf der anderen Seite gebe. Art. 102 AEUV sei daher dann nicht anwendbar, wenn kein von dem Zusammenschluss getrenntes wettbewerbswidriges Verhalten vorliege. Auch das Argument, der EuGH habe schon in der Rechtssache Continental Can (C-6/72) eine parallele Anwendung von Fusionskontrolle und Marktmissbrauchskontrolle bejaht, wies die französische Wettbewerbsbehörde zurück. Continental Can sei mit der Einführung der Fusionskontrollverordnung (FKVO) gegenstandslos geworden.Towercast legte gegen diese Entscheidung Berufung beim Cour d‘Appel de Paris ein. Dieser wiederum legte dem EuGH die folgende Frage vor:„Ist Art. 21 Absatz 1 FKVO dahingehend auszulegen, dass er es einer nationalen Wettbewerbsbehörde verwehrt, einen Zusammenschluss, der keine gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne von Art. 1 FKVO hat, unterhalb der im nationalen Recht vorgesehenen Schwellenwerte für eine obligatorische Ex-ante-Prüfung liegt und nicht nach Art. 22 FKVO an die Europäische Kommission verwiesen wurde, im Hinblick auf die Wettbewerbsstruktur auf einem nationalen Markt als einen nach Art. 102 AEUV verbotenen Missbrauch einer beherrschenden Stellung anzusehen?“<h3>3. Generalanwältin: Missbrauchskontrolle ist neben Fusionskontrolle möglich</h3>Generalanwältin Kokott bejahte die Vorlagefrage: Eine missbrauchsrechtliche Prüfung nach Art. 102 AEUV sei möglich. Dafür spreche der Vorrang des Primärrechts ebenso wie der effektive Schutz des Wettbewerbs im Binnenmarkt.Nach Ansicht der Generalanwältin berührt die FKVO (als sekundärrechtliche Regelungsmaterie) nicht die Anwendung der primärrechtlichen EU-Kartellvorschriften der Art. 101 und 102 AEUV. Daher könne die FKVO die Missbrauchsaufsicht des Art. 102 AEUV nicht für Zusammenschlüsse im Sinne der FKVO ausschließen.Die Generalanwältin verweist dabei insbesondere auf Art. 103 AEUV, der „die zweckdienlichen Verordnungen oder Richtlinien zur Verwirklichung der in den Art. 101 und 102 AEUV niedergelegten Grundsätze“ ermöglicht. Bei der FKVO handele es sich um einen Durchsetzungsmechanismus der Art. 101 und 102 AEUV, der unmittelbar Anwendung finde und im Vorrang begrenzt sei; die Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV könne die FKVO nicht ausschließen. Die FKVO soll nach Auffassung der Generalanwältin vielmehr als Teil eines legislativen Ganzen den Schutz des Wettbewerbs im Binnenmarkt in umfassender Weise gewährleisten.Die Anwendung von Art. 102 AEUV ist nach Ansicht der Generalanwältin auf diejenigen Vorgänge beschränkt, die nicht Gegenstand einer Ex-ante-Fusionskontrolle sind. Diese Einschränkung sei unerlässlich, um den Grundsatz der Rechtssicherheit zu wahren. Eine doppelte Bewertung im Falle einer fusionskontrollrechtlichen Freigabe solle vermieden werden. Unternehmen, die eine fusionskontrollrechtliche Freigabe erhalten haben, sollen sich auf diese verlassen können.Die Generalanwältin mildert die Auswirkungen ihrer Auffassung auf die Transaktion ab: Bei einer Ex-post-Prüfung nach Art. 102 AEUV drohe in der Regel keine Entflechtung, sondern lediglich die Verhängung einer Geldbuße.<h3>4. EuGH bestätigt: Ex-ante-Kontrollregime schließt Ex-post-Kontrolle von Fusionen nicht aus</h3>In Übereinstimmung mit den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott stellt der EuGH fest, dass ein Zusammenschluss, der weder nach der FKVO noch nach den nationalen Fusionskontrollvorschriften anmeldepflichtig ist und der nicht nach Art. 22 FKVO an die Europäische Kommission verwiesen wurde, von einer nationalen Wettbewerbsbehörde nach Art. 102 AEUV geprüft werden könne.Die FKVO, so der EuGH, regele zwar eine Ex-ante-Kontrolle für Zusammenschlüsse von unionsweiter Bedeutung. Dies schließe jedoch die Ex-post-Kontrolle von Zusammenschlüssen, die die jeweiligen Schwellen nicht erreichen, nicht aus. Seine Begründung stützt der EuGH im Wesentlichen auf drei Argumente:Erstes Argument: Primär- vor SekundärrechtÄhnlich wie die Generalanwältin stellt der EuGH fest, dass Art. 102 AEUV primäres EU-Recht sei. Die Bestimmungen der FKVO hingegen stellen sekundäres EU-Recht dar. Die FKVO könne die Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV auf nicht-unionsweite Zusammenschlüsse nicht einschränken.Zweites Argument: Keine Missbrauchsaufsicht bei fusionskontrollrechtlicher FreigabeDas durch die FKVO eingeführte System des „One-Stop-Shop“ – das heißt, Zusammenschlüsse mit unionsweiter Bedeutung müssen nur bei der Europäischen Kommission, nicht aber in den Mitgliedstaaten angemeldet werden – gelte ausschließlich für die fusionskontrollrechtliche Prüfung. Aus der FKVO könne nicht abgeleitet werden, dass der EU-Gesetzgeber beabsichtigt, die Prüfung von Zusammenschlüssen nach Art. 102 AEUV auf nationaler Ebene obsolet zu machen. Dabei verweist der EuGH auf Erwägungsgrund 7 der FKVO, in dem es heißt: „Die Art. 81 und 82 des Vertrags [jetzt Art. 101 und 102 AEUV] sind zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auf bestimmte Zusammenschlüsse anwendbar, reichen jedoch nicht aus, um alle Zusammenschlüsse zu erfassen, die sich als unvereinbar mit dem vom Vertrag geforderten System des unverfälschten Wettbewerbs erweisen könnten.“Drittes Argument: „Gesamtkonzept“ – keine Verfälschung des Wettbewerbs im BinnenmarktSchließlich verweist der EuGH auf seine Rechtsprechung in den Urteilen Ernst &amp; Young (C-633/16) und Austria Asphalt (C-248/16) und betont dabei, dass die FKVO Teil eines legislativen Gesamtkonzeptes sei, mit dem die Art. 101 und 102 AEUV umgesetzt und ein Fusionskontrollsystem geschaffen werden soll, das gewährleistet, dass der Wettbewerb im EU-Binnenmarkt nicht verfälscht wird.<h3>5. Auswirkungen auf die M&amp;A-Praxis</h3>Der EuGH stellt in seiner Entscheidung klar, dass eine Transaktion auch dann am Maßstab des kartellrechtlichen Missbrauchsverbotes gemessen werden kann, wenn sie keiner vorherigen fusionskontrollrechtlichen Freigabe bedurfte. Damit ist ein Eingreifen der Wettbewerbsbehörden mit dem Toolkit der Marktmachtmissbrauchskontrolle auch in Bezug auf nicht fusionskontrollpflichtige Transaktionen erlaubt.Die Entscheidung fügt sich in ein zunehmend komplexer werdendes regulatorisches Umfeld für M&amp;A-Transaktionen ein:• Im Jahr 2022 bestätigte das Europäische Gericht in der Rechtssache Illumina/Grail (T-227/21) die weite Auslegung der Europäischen Kommission und des Verweisungssystems nach Art. 22 FKVO. Hiernach können nationale Wettbewerbsbehörden auch nicht-anmeldepflichtige Transaktionen zur Prüfung an die Europäische Kommission verweisen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Mitgliedsstaat selbst zur Untersuchung der Transaktion berechtigt ist.• Unternehmen müssen im M&amp;A-Kontext mittlerweile auch häufig Investitionskontrollprüfungen durchlaufen, die zunehmend keine reine Formalie mehr sind. Hier prüfen Behörden, ob einer Transaktion wesentliche Interessen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung entgegenstehen.• Mitte des Jahres schaltet die Europäische Kommission zudem ihre Foreign Subsidies Regulation (FSR) scharf. Hiermit wird ein weiteres Kontrollregime eingeführt, das neben die Fusions- und Investitionskontrolle tritt. Nach der FSR soll die Europäische Kommission im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen, Unternehmenskäufen etc. untersuchen, ob eine drittstaatliche Subvention geeignet ist, die Wettbewerbsposition eines Unternehmens auf dem Binnenmarkt zu verbessern, und ob diese drittstaatliche Subvention dabei den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt tatsächlich oder potenziell beeinträchtigt.Die Marktmachtkontrolle fügt sich als vierte Säule in diesen Regelungsrahmen ein. Gleichwohl sind die Auswirkungen auf die Praxis aktuell schwer vorherzusagen. Ob und in welcher Häufigkeit die nationalen Wettbewerbsbehörden in der Praxis Art. 102 AEUV auf nicht anmeldepflichtige Transaktionen anwenden werden, ist noch ungewiss. Durchaus denkbar ist, dass sich Unterschiede in der Handhabung zwischen den Mitgliedstaaten herausbilden werden.Offen ist auch, ob die nationalen Wettbewerbsbehörden auf Art. 102 AEUV zurückgreifen oder sich eher auf Verweisungen nach Art. 22 FKVO stützen werden, um potenziell problematische, nicht anmeldepflichtige Transaktionen ins Visier zu nehmen. Hier wird es entscheidend darauf ankommen, ob der EuGH die Entscheidung des Europäischen Gerichts in der Rechtssache Illumina/Grail – und damit die weite Auslegung durch die Europäische Kommission – bestätigen wird.Dennoch hat die Entscheidung das Potenzial, die Transaktionssicherheit von M&amp;A-Deals weiter zu gefährden. Dies gilt insbesondere bei Transaktionen in konzentrierten oder innovationsgetriebenen Bereichen wie Technologie oder Pharma. Solche Märkte scheinen wie geschaffen für das neue Interventionstool der Wettbewerbsbehörden. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine klare Aussage gibt, wie schnell die Behörden vorgehen müssen. Im Zusammenhang mit der neuen Verweisungspolitik nach Art. 22 FKVO hatte die Europäische Kommission zumindest zugesichert, eine Transaktion sechs Monate nach dem Closing nicht mehr aufzugreifen. Ebenso bemerkenswert ist, dass das Urteil – im Gegensatz zu der Generalanwältin, die eine Geldbuße für angemessen erachtet, nicht aber eine Entflechtung – nicht ausdrücklich festlegt, welche Sanktion angemessen wäre, wenn ein Erwerb als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung eingestuft wird.

Angesichts dieser Unwägbarkeiten sind Unternehmen – vor allem wenn sie auf konzentrierten und innovationsgetriebenen Märkten tätig sind – gut beraten, auch die Marktmachtmissbrauchsvorschriften im Blick zu haben, wenn sie eine Akquisition planen.

Mit seinem Urteil in der Rechtssache Towercast (C-449/21) hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Latte für den erfolgreichen Abschluss einer M&A-Transaktion höher gelegt:

Towercast-Urteil des EuGH bringt weiteren Stolperstein

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Missbrauchskontrolle in M&A-Deals: Towercast-Urteil des EuGH bringt weiteren Stolperstein