Private Equity vs. Strategischer Käufer
Der deutsche Mittelstand, das Rückgrat der nationalen Wirtschaft, steht vor einer tiefgreifenden Nachfolgekrise. Viele Unternehmer der Babyboomer-Generation gehen in den Ruhestand, während interne Nachfolgelösungen – etwa durch innerfamiliäre Übergaben oder Management-Buy-outs – immer seltener gefunden werden.
Der deutsche Mittelstand, das Rückgrat der nationalen Wirtschaft, steht vor einer tiefgreifenden Nachfolgekrise. Viele Unternehmer der Babyboomer-Generation gehen in den Ruhestand, während interne Nachfolgelösungen – etwa durch innerfamiliäre Übergaben oder Management-Buy-outs – immer seltener gefunden werden. Dabei wird die externe Unternehmensnachfolge durch Verkauf häufig vernachlässigt, obwohl diese Alternative eine echte Chance zur Sicherung des Lebenswerks bieten kann.
Erfolgreiche Nachfolgelösungen für den deutschen Mittelstand
Unternehmer müssen daher entscheiden, wie sie den Fortbestand ihres Unternehmens nachhaltig gewährleisten wollen. Zwei Modelle des externen Verkaufs stehen dabei im Mittelpunkt der Diskussion: der Verkauf an Private-Equity-Investoren oder an strategische Käufer. Beide Optionen bieten Chancen, bringen aber auch unterschiedliche Herausforderungen mit sich.
Aktuelles Marktumfeld und Herausforderungen
Mittelständische Unternehmen sehen sich aktuell mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert, die den Nachfolgeprozess maßgeblich beeinflussen. Viele Unternehmer stehen aufgrund des demografischen Wandels kurz vor dem Ruhestand – über die Hälfte der Unternehmenslenker ist älter als 55 Jahre, und in den kommenden Jahren werden etwa 840.000 Führungskräfte in den Ruhestand gehen. Die alternde Bevölkerung und der Mangel an jungen, nachfolgebereiten Unternehmern verschärfen diese Situation zusätzlich. Traditionell erfolgte die Unternehmensnachfolge in familiengeführten Betrieben häufig durch die Übergabe an die nächste Generation. Doch eine Umfrage des ifo Instituts zeigt, dass 42 Prozent der Familienunternehmen keinen geeigneten internen Nachfolger haben, da unterschiedliche Karriereaspirationen und die als belastend empfundene Verantwortung den Generationswechsel erschweren.
Abb. 1 Herausforderungen im aktuellen makroökonomischen Umfeld
Quelle: WESTFALENFINANZ
Gleichzeitig übt der Transformationsdruck, bedingt durch die fortschreitende Digitalisierung und den Fachkräftemangel, erheblichen Einfluss auf den Nachfolgeprozess aus, da Unternehmen vermehrt in neue Technologien und Kompetenzen investieren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Volatile Märkte, geopolitische Risiken und steigende Finanzierungskosten sorgen für wirtschaftliche Unsicherheit, während restriktivere Kreditvergaben und höhere Zinsen die Unternehmensbewertungen dämpfen. Angesichts dieser Entwicklungen ist es für Unternehmer unerlässlich, flexible und kapitalstarke Lösungen zu finden, um den Fortbestand ihres Lebenswerks zu sichern und gleichzeitig den Herausforderungen des Marktes zu begegnen.
Strategische Käufer als Nachfolgeoption
Strategische Käufer, häufig auch als industrielle Investoren bezeichnet, verfolgen langfristige Ziele und integrieren erworbene Unternehmen in ein größeres, stabileres Konzerngefüge. Für Unternehmer, die den Fortbestand und die Weiterentwicklung ihres Unternehmens sichern möchten, bieten strategische Käufer interessante Perspektiven. Durch horizontale Expansion, also die Übernahme von Wettbewerbern, können sie ihren Marktanteil ausbauen und den Zugang zu einem größeren Netzwerk ermöglichen. Die vertikale Expansion, beispielsweise durch die Akquisition von Lieferanten oder Kunden, optimiert die Wertschöpfungskette und stärkt die Marktposition. Zudem kann Diversifikation in neue Produktbereiche sowie der Zugriff auf innovative Technologien und spezifisches Know-how die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig verbessern. Auch die Erschließung neuer Absatzmärkte und die Erweiterung des bestehenden Marktanteils tragen zur langfristigen Stabilität bei.
Die Vorteile dieser Art der Nachfolgelösung liegen in der langfristigen Integration des Unternehmens in ein stabiles Netzwerk, was häufig zu attraktiveren Bewertungen und höheren Kaufpreisen führt, dies wird auch „strategische Prämie“ genannt. Der Fortbestand des Unternehmens wird in einer neuen, oft finanzstarken Struktur gesichert – ein entscheidender Vorteil für Unternehmer, die ihr Lebenswerk bewahren möchten. Gleichzeitig gilt es jedoch, den Verlust der Eigenständigkeit in Kauf zu nehmen, da die Integration in größere Konzernstrukturen den unternehmerischen Spielraum einschränkt und die bisherige Unternehmenskultur verändern kann. Zudem endet in der Regel der aktive Einfluss des ehemaligen Eigentümers, was den Wunsch nach der Fortführung bestimmter Traditionen beeinträchtigen kann.
Abb. 2 Strategen vs. Finanzinvestoren als Käuferuniversum
Quelle: WESTFALENFINANZ
Private Equity als Chance im aktuellen Marktumfeld
Private Equity stellt eine alternative Nachfolgelösung dar, bei der institutionelle und private Kapitalgeber über spezialisierte Fonds Kapital in bestehende Unternehmen investieren – oft unter Einbeziehung eines Fremdkapitalanteils. Diese Partnerschaft mit einem Investor bietet mittelständischen Unternehmen nicht nur frisches Kapital, sondern auch strategisches Know-how und operative Unterstützung.
Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Private-Equity-Investoren z.B. im Hinblick auf die folgenden Parameter:
Branchenfokus: Die verschiedenen Investoren fokussieren sich auf ausgewählte Branchen und streben durch eine sog. Buy-and-Build-Strategie eine aktive Branchenkonsolidierung an.
Mehr- und Minderheiten: Neben den klassischen Transaktionsmodellen einer Mehrheitsbeteiligung streben Investoren zudem auch (seltener) entsprechende Minderheitspositionen (<50%) an.
Halteperiode der Beteiligung: Das typische Geschäftsmodell von Private-Equity-Investoren besteht aus dem Kauf, der Unternehmenswertsteigerung innerhalb eines Zeitraums von drei bis sieben Jahren und dem anschließenden Verkauf der Beteiligung.
Ein entscheidender Vorteil im Rahmen der Unternehmensnachfolge mit Private-Equity-Investoren ist die Möglichkeit der Rückbeteiligung des veräußernden Gesellschafters. So kann der bisherige Unternehmer weiterhin als Teilhaber am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt bleiben, was einen fließenden Übergang und den Erhalt des unternehmerischen Know-hows ermöglicht. Neben klassischen Transaktionsmodellen wie Management Buy-out (MBO) oder Management Buy-in (MBI) kommen auch Modelle wie Rückbeteiligungen oder Verkäuferdarlehen (Vendor Loans) zum Einsatz, um den Verkauf flexibel zu gestalten und gleichzeitig den Fortbestand des Lebenswerks zu sichern.
Private Equity zeichnet sich durch hohe Flexibilität aus, da Teilverkäufe ermöglicht werden und das unternehmerische Erbe weitgehend erhalten bleibt. Neben zusätzlichen finanziellen Mitteln profitieren Unternehmen von der strategischen Expertise der Investoren, was besonders in Zeiten von Digitalisierung und Transformation von Vorteil ist. Allerdings bringt der exit-orientierte Ansatz dieser Investoren den Nachteil mit sich, dass der vorgegebene Zeithorizont den Fokus auf kurz- bis mittelfristigen Wertsteigerungen legen kann, wodurch langfristige strategische Entwicklungen behindert werden könnten. Zudem können hohe Renditeerwartungen zu aggressiven Kostensenkungsmaßnahmen und intensiven Umstrukturierungen führen, die das operative Geschäft zusätzlich belasten.
Fazit
Ob strategischer Käufer oder Private Equity die bessere Nachfolgeoption ist, hängt maßgeblich von den individuellen Zielen des Unternehmers und der spezifischen Situation des Unternehmens ab. Strategische Käufer bieten langfristige Integration und Stabilität, indem sie das Unternehmen in ein größeres, finanziell gestütztes Netzwerk einbinden – dies kann den Fortbestand und das Wachstum sichern, geht jedoch häufig mit einem Verlust an Eigenständigkeit und einer Veränderung der Unternehmenskultur einher. Private Equity punktet mit hoher Flexibilität, der Bereitstellung von frischem Kapital und strategischem Know-how sowie der Möglichkeit, den aktiven Unternehmer weiterhin am Unternehmen zu beteiligen. Dieser Ansatz ermöglicht einen reibungslosen Übergang und bewahrt das unternehmerische Erbe, birgt jedoch den Nachteil eines exit-orientierten Investitionshorizonts, der den Fokus auf kurzfristige Wertsteigerungen legt.
Ein erfahrener M&A-Berater kann dabei helfen, die individuellen Optionen sorgfältig zu bewerten, potenzielle Käufer zu identifizieren und den Verkaufsprozess zielgerichtet zu steuern. Das Ziel besteht darin, nicht nur den passenden Käufer zu finden, sondern auch die langfristige Zukunft des Unternehmens – für den Unternehmer, seine Mitarbeiter und das gesamte Lebenswerk – nachhaltig zu sichern.