11.09.2025 | Michael Euchner, Sebastian Griebling, Niklas Zimbehl, Christoph Grimbacher

Strukturwandel mit Chancen: Distressed M&A in der deutschen Automobilzulieferindustrie

Die deutsche Automobilindustrie ist im Umbruch – und das tiefgreifender als je zuvor. Neue Technologien, regulatorische Anforderungen und sich wandelnde Kundenbedürfnisse führen zu fundamentalen Veränderungen von Wertschöpfungsketten und ganzen Geschäftsmodellen.

Special Topic

Branchenlage: Von der Transformation in die Krise

Die deutsche Automobilindustrie ist im Umbruch – und das tiefgreifender als je zuvor. Neue Technologien, regulatorische Anforderungen und sich wandelnde Kundenbedürfnisse führen zu fundamentalen Veränderungen von Wertschöpfungsketten und ganzen Geschäftsmodellen. Für viele Automobilzulieferer bedeutet diese Transformation einen harten Realitätstest. Während sich OEMs und Tier-1-Zulieferer mit teils milliardenschweren Programmen auf den Wandel vorbereiten, geraten insbesondere mittelständische Zulieferer zunehmend unter Druck. Die Folgen zeigen sich deutlich: Unternehmenskrisen, Insolvenzen und eine wachsende Zahl an Sondersituationen prägen das Marktgeschehen.

Die strukturelle Transformation der Branche ist längst zur wirtschaftlichen Zerreißprobe geworden

Neben der technologischen Umstellung – insbesondere vom Verbrenner zur Elektromobilität – sorgen zunehmende Softwareintegration, autonomes Fahren, starker Wettbewerbsdruck, vor allem aus Asien, und die Umsetzung von ESG-Anforderungen für fundamentale Umbrüche in der Wertschöpfung. Gleichzeitig belasten externe Faktoren wie gestiegene Energie- und Rohstoffpreise, unterbrochene Lieferketten, Fachkräftemangel, zunehmende Zollbarrieren sowie die geopolitischen Unsicherheiten der vergangenen Jahre die wirtschaftliche Basis vieler Unternehmen. Die Konsolidierungswelle ist in vollem Gange – und sie dürfte sich weiter beschleunigen.

Abb. 1 Übersicht zentrale Erfolgskriterien

Abb. Quelle: RSM Ebner Stolz

Quelle: RSM Ebner Stolz

Insolvenzen als sichtbares Symptom des Wandels

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zeigen sich besonders deutlich in einer steigenden Zahl von Insolvenzen. Während es sich früher häufig um kleinere Zulieferer handelte, geraten inzwischen auch große Mittelständler in Schieflage. Der Druck reicht tief in die Breite der Branche.

Aktuelle Fälle wie Ahle Federn, Kurt Erxleben, Recaro, Gerhardi Kunststofftechnik, Schlote, Franken Guss, ae group, SCS, Bohai Trimet oder Voit Automotive stehen exemplarisch für diese Entwicklung. In vielen Fällen zeigt sich eine strukturelle Überforderung: fehlende Investitionen in neue Technologien, starre OEM-Abhängigkeit, eine geringe Kapitaldecke und fehlende operative Resilienz. Selbst größere Gruppen wie Eissmann Automotive oder die Allgaier-Gruppe mussten Insolvenz anmelden.

Diese Unternehmen eint häufig ein Geschäftsmodell, das stark auf klassischer Antriebstechnologie, geringen Margen und langfristigen, schwer anpassbaren Lieferverträgen basiert. Hinzu kommen sehr hohe Abhängigkeiten von bestimmten OEMs, die ihrerseits ebenfalls unter Druck stehen. Wer zu spät reagiert oder kein Kapital für die Transformation aufbringen kann, hat zunehmend kaum noch Überlebenschancen.

Distressed M&A als Lösungsweg – aber kein Selbstläufer

In diesem herausfordernden Umfeld gewinnt Distressed M&A an Bedeutung. Gemeint ist damit der Verkauf eines Unternehmens oder von Unternehmensteilen unter finanziellem und zeitlichem Druck – typischerweise im Kontext einer akuten Restrukturierung oder Insolvenz. Solche Transaktionen ermöglichen es, den operativen Kern eines Unternehmens zu erhalten, Arbeitsplätze zu sichern und den Gläubigern im besten Fall eine bessere Quote zu verschaffen als bei einer Liquidation.

Neben der klassischen Distressed M&A-Situation gibt es auch Stressed M&A-Prozesse, bei denen Unternehmen zwar erheblich unter Druck stehen, aber noch nicht insolvent sind. Typischerweise bestehen bei diesen Unternehmen kritische Liquiditätsengpässe, eine hohe Verschuldung und nachlassende operative Leistungsfähigkeit. In diesen Fällen stellt der M&A-Prozess oft einen Lösungsweg dar, um das Unternehmen rechtzeitig zu stabilisieren und den Fortbestand langfristig zu sichern.

Distressed M&A ist keine Notlösung – sondern ein strategisches Instrument, um Wertschöpfung und Lieferfähigkeit zu erhalten

Investoren – strategische Investoren wie auch Finanzinvestoren – sehen in Sondersituationen Chancen, um Zugang zu Technologie, qualifiziertem Personal, etablierten Kundenbeziehungen oder Produktionskapazitäten zu erhalten. Auch branchenfremde Käufer oder Private-Equity-Fonds nutzen Distressed M&A, um in den Automotive-Markt einzutreten oder sich strategisch breiter aufzustellen.

Doch trotz steigender Aktivität ist nicht jeder Prozess erfolgreich. Zahlreiche Transaktionen scheitern an einem weniger attraktiven Asset-Profil, an der mangelnden Restrukturierbarkeit oder der fehlenden Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells, insbesondere dann, wenn für das produzierte Produkt im Automobilmarkt der Zukunft keine ausreichende Nachfrage besteht.

OEMs: Vom Kunden zum Mitentscheider

Besonders in der Automobilzulieferindustrie ist die Rolle der Kunden außergewöhnlich – und entscheidend für den M&A-Erfolg. Die OEMs sind nicht nur Hauptabnehmer, sondern übernehmen in der Krise häufig die operative Finanzierung des laufenden Betriebs, um ihre eigenen Lieferketten zu schützen. Über sogenannte Fortführungsvereinbarungen sichern sie das insolvente Unternehmen ab und haben damit einen erheblichen Einfluss auf den M&A-Prozess. Durch diese Vereinbarungen entfällt das Risiko einer Betriebsstilllegung nach Verfahrenseröffnung. Dies verschafft den Beteiligten mehr Zeit für die Abstimmung und Umsetzung der Transaktion. Gleichzeitig stehen die OEMs jedoch selbst unter immensem Druck, ihre Lieferketten möglichst nahtlos aufrechtzuerhalten. Die Fortführung insolventer Unternehmen kann zudem teuer sein; entsprechend gibt es nur wenig Zeit, jeden Einzelfall bis ins Detail zu prüfen. Häufig muss darum die Rettung jener Zulieferer priorisiert werden, deren Fortbestand für die OEMs am kritischsten ist. Unternehmen mit weniger relevanten Produktionsprozessen oder geringeren Volumina können daher nicht immer auf die volle Unterstützung der OEMs zählen.

In kaum einem anderen Sektor haben Kunden eine derart starke faktische Steuerungsfunktion im Transaktionsprozess wie im Automobilsektor

In bestimmten Fällen nehmen die OEMs Einfluss auf die Auswahl des Investors, um die künftige Lieferfähigkeit und Zuverlässigkeit zu sichern. Ohne die Zustimmung der Kunden ist eine erfolgreiche Transaktion kaum möglich, da sie eine Schlüsselrolle bei der Sicherstellung von stabilen Geschäftsbeziehungen spielen. Ohne ihre Unterstützung besteht das Risiko, dass Liefervolumina künftig angepasst oder benötigte Preisanpassungen nicht mitgetragen werden.

Eine kontinuierliche Abstimmung mit OEMs entlang des gesamten M&A-Prozesses ist daher unabdingbar. Bereits während des laufenden Prozesses werden mit den potenziellen Investoren Verhandlungen für zukünftige Trade Agreements geführt und neue Vereinbarungen zur Klärung der zukünftigen Geschäftsbeziehungen entworfen. Zur Vermeidung rechtlicher Risiken – insbesondere im Hinblick auf Verstöße gegen das Vollzugsverbot – ist es empfehlenswert, diese Verhandlungen mit (kartell-)rechtlichen Experten abzustimmen. Es gilt: Die Einbindung der Kunden ist nicht nur operative Voraussetzung, sondern strategisches Kernelement der Transaktionsarchitektur.

Stakeholdermanagement als zentrales Erfolgskriterium

Kaum ein Distressed M&A-Prozess gelingt ohne ein aktives und fein austariertes Stakeholdermanagement. Neben Kunden und Insolvenzverwaltern spielen Banken, Warenkreditversicherer, Leasinggesellschaften, Arbeitsagentur und Betriebsrat eine entscheidende Rolle. Alle Beteiligten verfolgen legitime, aber teilweise unterschiedliche Interessen: Gläubiger wollen hohe Quoten und Sicherheiten, Arbeitnehmervertreter kämpfen für Beschäftigungssicherung, OEMs erwarten Lieferfähigkeit zu marktgerechten Preisen. Gerade zwischen Arbeitnehmervertretern und Gläubigern kann es daher zu Zielkonflikten kommen. Ein klar strukturiertes und konsequentes Stakeholdermanagement sorgt dafür, dass die unterschiedlichen Interessen in den Verhandlungen berücksichtigt und Kompromisse erzielt werden können.

Potenzielle Investoren

In einem Distressed M&A-Prozess erweisen sich verschiedene Investorenprofile als potenziell geeignet, wobei die Präferenzen der OEMs bei der Auswahl eine zentrale Rolle spielen. Strategische Investoren in derselben geografischen Region, die durch ihre Nähe zum Geschäftsmodell und ihrer Kompetenz für das Zielunternehmen eine nachhaltige Perspektive bieten, gelten als bevorzugte Käufer in Distressed M&A-Prozessen. Aufgrund mitunter bestehender Beziehungen zu den OEMs bieten sie eine hohe Chance auf Stabilität und langfristige Zusammenarbeit. Jedoch birgt diese Strategie auch Risiken: Eine übermäßige Konsolidierung des Zuliefermarktes könnte den Preisdruck auf die OEMs erhöhen und Abhängigkeiten schaffen. Zudem sind die benötigte Restrukturierungskompetenz und Managementkapazitäten bei strategischen Investoren nicht immer gegeben.

Ebenfalls interessant sind komplementäre Anbieter mit vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungsprozessen, die ihr Geschäft durch Synergieeffekte erweitern möchten. Diese Investoren erhöhen zwar die Wertschöpfung, sind aber oft weniger im Markt präsent.

Ergänzend kann es wertvoll sein, auch scheinbar ungewöhnliche Optionen zu prüfen, bei denen keine unmittelbare Verbindung über ähnliche Produktportfolios besteht. Synergiepotenziale ergeben sich oft nicht allein aus dem Endprodukt, sondern können ebenso durch vergleichbare Produktionsprozesse entstehen. Daher bieten sich auch Zulieferer als potenzielle Erwerber an, die mit dem Produktionsprozess vertraut sind und durch ihre Reputation bei den OEMs überzeugen.

Internationale Investoren bieten zusätzliche Chancen. Sie ermöglichen den OEMs zum Beispiel Marktzugang in Niedriglohnländern, bergen jedoch Risiken bezüglich Qualität und langfristiger Perspektiven und könnten den ohnehin zunehmenden Wettbewerbs- und Margendruck weiter verschärfen. Hinzu kommen kulturelle Unterschiede sowie die oft ungewollten Abhängigkeiten europäischer OEMs von einzelnen Zuliefermärkten.

Unternehmen aus der Rüstungsindustrie als „Out of the box“-Kandidaten eröffnen neue Chancen, bringen aber hohe regulatorische Hürden und lange Vorlaufzeiten mit sich, die einer schnellen Lösung möglicherweise entgegenstehen. Zwar existieren Beispiele, in denen wachsende Rüstungsunternehmen auf überschüssige Kapazitäten der Automobilindustrie zurückgreifen, doch liegt der Fokus ihrer Erweiterungsinvestitionen überwiegend in den Bereichen IT und Technologie. Aus diesem Grund besteht meist nur ein eher geringes Interesse an den auf hohe Volumina ausgelegten Anlagen der Automobilindustrie.

Schließlich kommen Private-Equity-Fonds, insbesondere Special-Situation-Fonds, als Finanzinvestoren infrage. Sie werden häufig zwar zunächst mit etwas Skepsis betrachtet, können aber ebenfalls eine notwendige Stabilisierung ermöglichen. Ihre Expertise in der Restrukturierung sowie die Erfahrung im Umgang mit Sondersituationen der Automobilbranche positioniert sie in bestimmten Fällen als wertvolle Lösungsanbieter für die OEMs.

Asset Deal als Regelfall im Distressed M&A – mit strukturellen Hürden

Häufig erfolgen Distressed M&A-Transaktionen im Automotive-Bereich als Asset Deal. Beim Asset Deal werden keine rechtlichen Strukturen übernommen, wodurch auch bestehende Verpflichtungen des Unternehmens ausgeschlossen bleiben. Diese Struktur schützt Investoren vor Risiken, birgt jedoch operative Herausforderungen bei der Übertragung einzelner Vermögenswerte. Insolvenzverwalter lassen dafür Gutachten zu Liquidations- und Verkehrswerten erstellen, die als Bewertungsbasis dienen. Die tatsächlich erzielten Kaufpreise weichen jedoch häufig von diesen Werten ab, da Investoren zusätzliche Einflussfaktoren berücksichtigen müssen. Dazu zählen unter anderem Capex-Rückstände, Personalverpflichtungen, restriktive Kundenverträge sowie unsichere Abrufmengen.

Transaktionen scheitern nicht am Interesse – sondern an der Bewertungs- logik zwischen rechtlichem und wirtschaftlichem Risiko

In manchen Fällen kann das initiale Kaufangebot sogar auf Höhe der Liquidationswerte liegen. Eine wirtschaftlich sinnvolle Fortführung kann für die Gläubiger dennoch den besseren Weg darstellen, da eine Ausproduktion mit Folgekosten beschwert sein kann. Jedoch liegt in dieser Bewertungsdiskrepanz auch der Grund für ein häufiges Scheitern, da ein Kaufangebot unter dem Liquidationswert den Gläubigern zunächst schwer vermittelbar ist.

Neben dem Asset Deal kommen in Einzelfällen auch andere Strukturen in Betracht, etwa ein Share Deal im Rahmen eines Insolvenzplans. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in der Möglichkeit, insolvenzrechtliche Restrukturierungsinstrumente gezielt einzusetzen und opportune Verträge direkt zu übernehmen, ohne dass zeitaufwendige Neuverhandlungen nach Abschluss der Transaktion erforderlich sind. Allerdings erhöht ein Share Deal die Komplexität, da auch vertragliche Ansprüche und Haftungsrisiken aus bestehenden Vertragsbeziehungen mit übernommen werden. Dies führt in der Regel zu einem deutlich höheren Zeitaufwand und einer intensiveren Prüfung im Rahmen der Due Diligence.

In Stressed M&A-Transaktionen wird überwiegend auf Share Deals zurückgegriffen, bei denen bestehende vertragliche und rechtliche Strukturen übernommen werden. Aufgrund der häufig angespannten Restrukturierungssituation sowie des damit einhergehenden Kapital- und Investitionsbedarfs sind dabei jedoch Kaufpreisabschläge keine Seltenheit. In der Folge sind auch Finanzierer oftmals gefordert, einen Beitrag zur Transaktionsfähigkeit zu leisten – etwa durch den teilweisen Verzicht auf ausstehende Forderungen und die Akzeptanz sogenannter Haircuts. Ziel ist es, unter Einbindung aller relevanten Stakeholder eine tragfähige und langfristig tragende Gesamtlösung für das Unternehmen zu ermöglichen.

Internationalisierung, Carve-outs und Strukturierungsflexibilität

Die zunehmende Internationalisierung der Zulieferer erhöht die Komplexität zusätzlich. Viele Unternehmen verfügen über Standorte im Ausland – etwa in Osteuropa, Rumänien, USA, Mexiko oder China –, die häufig nicht insolvent sind. Dennoch werden sie regelmäßig in den deutschen M&A-Prozess einbezogen, etwa im Paketverkauf oder durch separate Share-Transaktionen. Hier ist ein tiefes Branchenverständnis elementar, um aus den geografisch unterschiedlich verteilten Wertschöpfungsbausteinen die richtigen strategischen Schlüsse für potenzielle Erwerber abzuleiten.

Gleichzeitig stellt sich in vielen Fällen die Frage, ob sich einzelne, werthaltige Geschäftsbereiche separat veräußern lassen. Carve-outs bieten eine Möglichkeit, tragfähige Einheiten zu retten, wenn das Gesamtunternehmen keine Perspektive mehr hat. Voraussetzung ist jedoch eine klare Trennbarkeit der Strukturen – von der IT über Zertifizierungen bis hin zu Produktionsverantwortlichkeiten. Auch GmbH-Neugründungen oder die Bündelung ausgewählter Vermögenswerte in separaten Einheiten sind gängige Mittel, um Investorenrisiken – etwa aus § 613a BGB – zu mitigieren.

Distressed M&A in Automotive heißt nicht nur verhandeln – sondern vermitteln

Der M&A-Berater ist in diesem Umfeld weit mehr als Transaktionsmanager. Er wird zum Moderator, Koordinator und Lösungsarchitekten. Nur wer alle Interessen kennt, sie frühzeitig adressiert und in eine strukturierte Prozessarchitektur überführt, kann eine tragfähige Lösung entwickeln.

Ein erfolgreicher Distressed M&A-Prozess erfordert eine Kombination verschiedener Faktoren, die gezielt aufeinander abgestimmt sind. Besonders wichtig ist die Flexibilität von Insolvenzverwaltern und M&A-Beratern, um auf die individuellen Anforderungen der Beteiligten einzugehen und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Ein strukturiertes Vorgehen, bei dem potenzielle Investoren frühzeitig angesprochen werden, schafft Planungssicherheit und garantiert, dass keine attraktiven Kaufinteressenten übersehen werden. Gleichzeitig ist ein sorgfältig geplanter Prozess erforderlich, der genügend Flexibilität für Anpassungen an unvorhergesehene Herausforderungen bietet.

Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg liegt im Stakeholdermanagement. Ein aktiver Dialog mit Kunden, Gläubigern und anderen Beteiligten ist essenziell, um unterschiedliche Interessen zu moderieren und alle Akteure in den Prozess einzubinden. Dies wird ergänzt durch eine intensive Kommunikation und die schnelle Bereitstellung relevanter Informationen, was gerade in akuten Krisensituationen entscheidend ist. Besonders in der Automobilindustrie ist eine enge Abstimmung mit den OEMs unverzichtbar, da sie durch ihre Rolle als Hauptabnehmer und Krisenfinanzierer, wie bereits beschrieben, oft den Verlauf des gesamten Prozesses maßgeblich beeinflussen. Die Zusammenarbeit mit den OEMs schafft zugleich Vertrauen und Planbarkeit für zukünftige Investoren.

Schließlich wird die Erfolgswahrscheinlichkeit durch das parallele Verfolgen verschiedener Ansätze, wie der eigenen Restrukturierung, des M&A-Prozesses und des Insolvenzplans, deutlich erhöht. Dieser multifunktionale Ansatz erlaubt es, auf unvorhergesehene Entwicklungen flexibel zu reagieren und optimale Ergebnisse für alle Beteiligten zu erzielen.

Fazit: Distressed M&A bleibt zentraler Hebel in der Strukturkrise

Die Automobilzuliefererindustrie steht am Beginn eines umfassenden Strukturwandels, der sich noch über Jahre hinziehen wird. Angesichts der hohen Transformationskosten, des steigenden Konsolidierungsdrucks und der wirtschaftlichen Volatilität ist mit weiteren Insolvenzen und Sondersituationen zu rechnen. Distressed M&A wird daher auch künftig ein strategisches Instrument bleiben – für Investoren, OEMs und Berater gleichermaßen.

Erfolgreiche Transaktionen setzen jedoch mehr voraus als nur Kapital und Schnelligkeit. Sie erfordern Branchenverständnis, Flexibilität in der Strukturierung, Erfahrung im Stakeholdermanagement und ein Gespür für politische und operative Fallstricke. Wer diese Anforderungen erfüllt, kann nicht nur unternehmerische Substanz retten, sondern aktiv zur Transformation der Branche beitragen.

In einer Branche im Umbruch ist Distressed M&A nicht das Ende – sondern oft der Anfang einer tragfähigen Zukunft.

Autor
Michael Euchner

Michael Euchner ist Partner und seit 2000 bei RSM Ebner Stolz Management Consultants GmbH in der Service Line Corporate Finance tätig. Er hat in den vergangenen Jahren zahlreiche M&A-Prozesse und internationale Unternehmenstransaktionen in der Automobilindustrie betreut, zuletzt auch in etlichen Sonder- und Distressed Situationen. Er berät Familienunternehmen bei Nachfolgelösungen und Wachstumsstrategien bzw. auch Transaktionen und M&A-Prozesse in Krisensituationen.

Autor
Sebastian Griebling

Sebastian Griebling ist Consultant bei RSM Ebner Stolz. Sein fachlicher Schwerpunkt liegt insbesondere auf der Automobil-
industrie. In dieser Funktion berät er mittelständische Unternehmen bei M&A-Prozessen, Carve-outs und in Restrukturierungssituationen. Vor seiner Zeit bei RSM Ebner Stolz arbeitete er bei verschiedenen Tier-1- und -2-Automobilzulieferern.

Autor
Niklas Zimbehl

Niklas Zimbehl ist Senior Manager im Bereich Mergers & Acquisitions bei RSM Ebner Stolz in München. Er berät
mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung strategischer Transaktionen entlang des gesamten M&A-Prozesses – in besonderen Situationen wie Stressed und Distressed M&A, bei Nachfolgelösungen, Wachstumsstrategien oder Carve-outs. In seiner zwölfjährigen Beratungstätigkeit begleitete er eine Vielzahl nationaler und internationaler Transaktionen, insbesondere in den Branchen Automotive, Industrial Manufacturing sowie Agrar & Ernährung.

Autor
Christoph Grimbacher

Christoph Grimbacher ist studierter Ökonom und Betriebswirt. Seit 2024 ist er als Consultant bei RSM Ebner Stolz am Standort Köln tätig. Er berät mittelständische Unternehmen vor allem in den Bereichen Corporate Finance & M&A sowie Unternehmenssteuerung & Controlling.

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