„Wir denken wie Unternehmer – nicht wie Investoren!“
Gespräche und Interviews mit M&A-Leitern und General Counsel
Die ARCUS Capital AG ist seit über 20 Jahren im Markt aktiv und bezeichnet sich als Family-Equity-Investor. Doch was genau unterscheidet Family Equity von klassischem Private Equity? Wie gelingt es, gewinnbringend zu investieren und dabei langfristigen Wert zu schaffen? Dazu spricht Prof. Dr. Christoph Schalast mit Stefan Eishold.
Prof. Dr. Christoph Schalast: Was unterscheidet ARCUS von anderen Investoren?
Stefan Eishold: Wir zählen zu denen, die den Begriff Family-Equity-Investor geprägt haben. Der Unterschied zu klassischem Private Equity ist, dass wir keinen Fonds haben, sondern „Deal by Deal“ investieren. Dadurch agieren wir mit offenem Zeithorizont. Wir müssen also nicht irgendwann verkaufen, sondern können Unternehmen halten, solange wir wollen – wie ein Familienunternehmer. Alle im Team haben Managementerfahrung und sind selbst Unternehmer. Das heißt, wir wissen, was es bedeutet, Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Zudem handeln wir werteorientiert: Wir wollen Geld verdienen und machen das auf Basis unserer Werte. Wir sind klein und damit auch sehr schnell. Unsere Entscheidungswege sind kurz, wir sprechen etwas ab, und es wird sofort umgesetzt – ohne Gremien oder Ähnliches durchlaufen zu müssen. Das scheint mir auch sehr mittelstandstauglich.
Prof. Dr. Christoph Schalast: Sie arbeiten oft mit Co-Investoren. Das könnte man als zusätzlichen Abstimmungsaufwand sehen. Wie wirkt sich das auf Ihre Geschwindigkeit aus?
Stefan Eishold: Zu Beginn war es tatsächlich eine Herausforderung – schließlich müssen wir erst einmal Vertrauen aufbauen. Aber über die Jahre haben wir bewiesen, dass wir erfolgreich investieren. Mittlerweile ist das Eigenkapital nie der Engpass. Unsere Partner kennen unsere Arbeitsweise, und dadurch läuft der Prozess reibungslos.
Mittelständische Werte bewahren
Prof. Dr. Christoph Schalast: Sie betonen, dass ARCUS den mittelständischen Charakter der Unternehmen bewahrt, an denen Sie sich beteiligen. Wie gelingt Ihnen das?
Stefan Eishold: Unser Ansatz ist, dass die Unternehmer, die eine Mehrheit an uns verkaufen, signifikant beteiligt bleiben und weiterhin das Unternehmen führen. Wir lassen ihnen die unternehmerische Freiheit und sind Sparringspartner und nicht etwa operativer Eingreifer, der die Kosten senken und Reporting-Anforderungen verschärfen möchte. So bleiben die Unternehmer auch nach der Transaktion Unternehmer – und werden nicht zu angestellten Managern.
Prof. Dr. Christoph Schalast: In welche Konstellationen investieren Sie am liebsten? Liegt Ihr Fokus auf Nachfolgethemen, oder spielen auch Ausgliederungen eine Rolle?
Stefan Eishold: Ganz klar Nachfolgethemen. Wobei das nicht mehr wie früher aussieht, wo der Seniorchef mit 85 dem 60-jährigen Sohn sagt: „Du bist noch nicht so weit.“ Heute haben wir häufig Gründer, die ihr Unternehmen mit 30 Jahren erfolgreich aufgebaut haben und nun einen Sparringspartner für das weitere Wachstum suchen. Sie bringen das Unternehmen auf eine bestimmte Größe und sagen dann: „Ich habe diese Management-Entscheidungen noch nie getroffen und brauche dafür einen erfahrenen Partner.“ In solchen Konstellationen können wir gemeinsam erheblichen Wert schaffen.
Besondere Transaktionen und Branchenfokus
Prof. Dr. Christoph Schalast: Gibt es eine Transaktion, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Stefan Eishold: Mein erster Deal im Jahr 2007 war ein klassisches Nachfolgethema: die Firma Oertzen, ein Hersteller von Hochdruckreinigungsgeräten. Das Unternehmen war seit über 50 Jahren in Familienbesitz, doch es gab keine Nachfolger. Der Moment, als Herr von Oertzen mir beim Notar die Hand schüttelte und sagte: „Herr Eishold, kümmern Sie sich gut um mein Unternehmen“, das war wirklich ein besonderer Moment. Da habe ich auch gemerkt, was für eine Verantwortung so eine Transaktion mit sich bringt. Wir haben das Unternehmen sieben Jahre im Portfolio gehalten, bevor wir es an ein Family Office weitergaben.
Prof. Dr. Christoph Schalast: Ihr aktuelles Portfolio zeigt eine auffällige Präsenz im Bereich Druck und Print. Ist das Zufall oder eine gezielte Strategie?
Stefan Eishold: Es ist tatsächlich Buy-and-Build daraus geworden. Wie so häufig in unserer Branche, ist uns das Thema eher zugelaufen, als dass wir danach gesucht hätten. Ich mag in dem Zusammenhang den englischen Spruch: „Opportunity comes to those who are prepared.“ Besonders stolz bin ich darauf, dass es uns gelungen ist, in einer schrumpfenden Branche eine nachhaltig profitable Unternehmensgruppe aufzubauen. Wir mussten uns ein spezielles Know-how aufbauen, um zum Beispiel Kapazitätsauslastungen und Wertschöpfungsketten zu optimieren. So haben wir Synergien geschaffen. Nicht jedes Unternehmen schafft sich eigene neue Maschinen an. Stattdessen kauft heute ein Standort die Veredelungsmaschine, ein anderer die 8-Farben-Druckanlage, ein weiterer den Klebebinder usw. Das war nicht so trivial, aber es hat sich ausgezahlt. Seit unserem ersten Investment im Jahr 2016 haben wir die Gruppe kontinuierlich weiterentwickelt, die heute rund 100 Mio. EUR Umsatz und 12 Mio. EUR EBITDA erzielt.
Prof. Dr. Christoph Schalast: Das ist beeindruckend – gerade in der schwierigen Zeit der Digitalisierung.
Stefan Eishold: Vielen Dank! Über die Jahre haben wir enorm viel gelernt und ein tragfähiges Konzept entwickelt, um in diesem Markt erfolgreich zu agieren. Heute sind wir in der Branche eine Art Leuchtturm – immer mehr Unternehmen, die vor neuen Investitionsentscheidungen stehen, kommen auf uns zu und überlegen, sich unserer Gruppe anzuschließen. Deshalb werden wir hier auch weiter aktiv bleiben.
Prof. Dr. Christoph Schalast: Wenn man sich Ihre letzten Transaktionen ansieht, fällt besonders bedrop auf – ein Anbieter natürlicher Bienenprodukte. Ein eher ungewöhnliches Investment für einen Finanzinvestor. Natürlich liegt das Thema Nachhaltigkeit im Trend, aber es ist dennoch eine überraschende Wahl.
Stefan Eishold: Tatsächlich fällt bedrop in den Bereich Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetik – ein Markt, in dem wir mittlerweile viel Erfahrung gesammelt haben. Es war unsere dritte Transaktion in diesem Segment. Der Markt wächst weiter, ist aber reifer geworden. Da können wir nicht mehr mit dem nächsten Me-Too-Produkt kommen, sondern brauchen ein Spezialthema. Bienen eignen sich da wunderbar, weil sie wahnsinnig faszinierend und sympathisch sind. Bedrop arbeitet mit den Manukabienen aus Neuseeland. Deren Produkte – wie Honig, Propolis oder Bienengift – haben eine enorme Anwendungsbreite. Das Unternehmen wird dieses Jahr den Umsatz verdoppeln, im Vergleich zum letzten Jahr auf über 30 Mio. EUR. Daran sieht man, wie man in diesem kompetitiven Markt mit einem Produkt wachsen kann.
Prof. Dr. Christoph Schalast: Liege ich richtig, dass Ihr letztes Investment – im Januar – Aplantis ebenfalls in den Bereich Nahrungsergänzungsmittel fällt?
Stefan Eishold: Genau. Aplantis ist ein Händler und Veredler von Pflanzenextrakten, die in Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika verwendet werden – zwei Bereiche, die eng miteinander verbunden sind. In der Wertschöpfungskette gibt es drei zentrale Akteure: die Händler der Rohstoffe, die Hersteller der Produkte und die Marken, die sie vertreiben. Mit Aplantis sind wir nun im Handelsbereich vertreten, und es ist nur logisch, dass wir uns künftig auch nach Herstellern umsehen. Insgesamt wollen wir in diesem Markt weiter aktiv Transaktionen durchführen.
Prof. Dr. Christoph Schalast: Das erinnert an Ihre Strategie im Printbereich – eine zunehmende Diversifikation entlang der Wertschöpfungskette.
Stefan Eishold: Das stimmt, doch es gibt entscheidende Unterschiede. Im Printsektor greifen die einzelnen Unternehmen stark ineinander, wodurch wir Synergien schaffen. Im Bereich Nahrungsergänzungsmittel funktioniert das anders – hier operiert jede Marke für sich. Außerdem sind es ganz andere Situationen, wenn man auf der einen Seite eine Branche hat, die schrumpft. Dort stellt sich die Frage „Wie überlege ich in der Konsolidierung?“ Und auf der anderen Seite zeigt sich ein Markt, der im Trend liegt und wächst. Wenn man es sich aussuchen kann, sind Investitionen im Bereich Nahrungsergänzungsmittel aktuell sicherlich viel einfacher. Vor allem das Thema Longevity – also die Frage danach, wie ich länger gut und gesund lebe – boomt gerade und wird sicher noch mehr Produkte an den Schnittstellen von Beauty, Food und Healthcare hervorbringen.
Marktausblick: Ein ruhiger Jahresauftakt, aber positive Erwartungen
Prof. Dr. Christoph Schalast: Wie erleben Sie aktuell den Transaktionsmarkt in Deutschland?
Stefan Eishold: Der Jahresauftakt war ruhiger als gewohnt. Normalerweise sehen wir durchschnittlich eine neue Transaktion pro Tag, aktuell sind es nur halb so viele. Ich vermute, viele Unternehmen hatten ein schwieriges Vorjahr und warten nun ab, bis sich die Lage verbessert, bevor sie auf den Markt kommen.
Prof. Dr. Christoph Schalast: Das heißt, Sie rechnen damit, dass 2025 wieder ein stärkeres Jahr wird?
Stefan Eishold: Es gibt viele Unternehmer, die verkaufen wollen. Die Frage ist nur: Wann kommt die Welle? Ich gehe davon aus, dass sich der Markt im Laufe des Jahres wieder beleben wird. Ich bin grundsätzlich optimistisch.