28.11.2020 | Prof. Dr. Christoph Schalast

Bayer weiter mit Einkaufswagen unterwegs

optional, Standpunkt, unkategorisiert

Obwohl die Monsanto-Transaktion noch immer nicht vollständig verdaut ist, verfolgt Bayer weiterhin eine konsequente und beeindruckende M&A Strategie und setzt dabei auf externes Wachstum aber auch spannende Joint Ventures. Die formale Integration von Monsanto ist inzwischen vollzogen, die Marke ist verschwunden, allerdings ist die Glyphosat-Prozesswelle noch nicht vorbei. Der in den USA ausgehandelte komplexe Milliardenvergleich ist daher immer noch nicht vollständig in trockenen Tüchern, weiterhin sind tausende von Klagen anhängig. Des Weiteren werden einvernehmliche Lösungen in Europa nicht so teuer, aber wegen der unterschiedlichen Jurisdiktionen mindestens genauso komplex sein. Doch dies hält Bayer nicht davon ab, sein Portfolio weiter abzurunden.

Diese M&A-Strategie ist deshalb auffällig, weil gerade in der aktuellen Pandemie Pharma- und Biotechthemen attraktiv sind. Bewertungen gehen teilweise durch die Decke, wie etwa der Börsengang von Curevac eindringlich demonstriert hat. Aber auch strategische Joint Ventures können, wie der Deal zwischen Biontech und Pfizer zeigt, als Option beziehungsweise Instrumentarium in einer Krise genutzt werden. Genau dies hat Bayer jetzt getan bei der Kooperation mit der finnischen Orion Corporation zur Vermarktung des Prostatakrebsmedikaments Nubeqa. Trotz Brexit und den damit verbundenen Unsicherheiten übernahm Bayer darüber hinaus in diesem Sommer den britischen Biotech Pionier Kandy Therapeutics und platziert sich damit weiter in dem wichtigen Markt Frauengesundheit.

Ganz aktuell kommt nun ein US-Megadeal dazu, die milliardenschwere Übernahme des amerikanischen Pharmaunternehmens Asklepius Bio Pharmaceutical. Ziel von Bayer ist es, ein forschungsstarkes Unternehmen mit neuen Patenten zur richtigen Zeit zu erwerben. Wie gesagt sind die Preise bei Biotech und Pharma hoch, doch die Pandemie führt nunmehr dazu, dass Verkäufer Earn Outs beziehungsweise Milestone Zahlungen akzeptieren. Beides wird sowohl für den Erwerb von Asklepius wie auch Kandy Therapeutics gemeldet. Dabei handelt es sich um einen Trend, der insgesamt derzeit im Markt zu beobachten ist: Instrumente, die vor Beginn der Krise Anfang 2020 mit ihrem klaren Verkäufermarkt verschwunden waren, kehren jetzt auch bei attraktiven innovativen Branchen wieder zurück: Wir sehen Earn Outs und diese sogar über einen längeren Zeitraum von drei, vier bis fünf Jahren, wir sehen Vendor Notes und Vendor Loans und, selbst wenn darüber nicht viel geschrieben wird, man kann davon ausgehen, dass in vielen Verträgen pandemiebedingte MAC-Klauseln enthalten sind. Und MAC-Klauseln, die in der Krise vereinbart werden und entsprechend ausführlich und präzise formuliert sind, – hier hilft die Fresenius/Akorn Entscheidung weiter – haben eine gute Chance, dass sie später gegebenenfalls vor Gericht in den USA sowie darüber hinaus halten. Ein Trend, den wir bisher vor allem im angloamerikanischen Recht beobachtet haben, der aber sicher jetzt nach Kontinentaleuropa, insbesondere nach Deutschland, herüberschwappen wird. In einem solchen Umfeld können hohe Bewertungen dann nicht schrecken, wenn man über genügend Liquidität verfügt.

Jetzt ist es also der richtige Zeitpunkt für Einkäufe, wenn man vor der Krise eine gutgefüllte „Kriegskasse“ angehäuft hat. Während der Finanzkrise ab 2008 wurden Unternehmen oftmals bestraft, wenn sie kurz vor oder zu Beginn der Krise größere Akquisitionen durchgeführt haben. Trotz dieser negativen Erfahrungen, die vor allem die Finanzindustrie betreffen, zeigt die aktuelle Strategie von Bayer, wie man Chancen in der Krise nutzen kann. Ein wichtiges Element dabei ist der feste Glauben an das neue Geschäftsmodell, das mit der Monsanto-Transaktion sichtbar wurde aber auch Optimismus und dies ist ein gutes Zeichen für M&A in diesen Tagen.

christoph-schalast
Autor
Prof. Dr. Christoph Schalast

Prof. Dr. Christoph Schalast, Rechtsanwalt und Notar, ist Managing Partner von Schalast LAW | TAX, akademischer Direktor des M&A Master-Studiengangs (LL.M.) der Frankfurt School of Finance & Management sowie Herausgeber der M&A Review.

Profil
Das könnte Sie auch interessieren