26.08.2017 | Dr. Rolf Hempel

Bundesregierung will Übernahmen deutscher Unternehmen kritischer prüfen

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Am 18.07.2017 ist die Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung in Kraft getreten. Sie ändert die aus dem Jahr 2009 stammenden Regelungen über die sogenannte sektorübergreifende Prüfung, die das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) bei Unternehmenserwerben durch Investoren aus dem Nicht-EU-Ausland durchführen kann.

Die Bundesregierung konkretisiert in der Änderungsverordnung anhand von Regelbeispielen, wann eine Prüfung stattfinden und eine Transaktion untersagt werden kann. Zudem verschärft sie die Verfahrensvorschriften. Hieraus ergeben sich Folgen für Unternehmen und Investoren.

Nach den bisherigen Regelungen kann das BMWi den Erwerb eines in Deutschland ansässigen Unternehmens durch einen Nicht-EU-Ausländer daraufhin überprüfen, ob der Erwerb die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Sieht das BMWi die öffentliche Ordnung oder Sicherheit durch die Transaktion als gefährdet an, kann es diese untersagen. Die neuen Regelbeispiele definieren Fälle, in denen eine solche Gefährdung möglich ist. Dies ist der Fall, wenn es um den Erwerb von inländischen Betreibern einer Kritischen Infrastruktur in besonders wichtigen Wirtschaftssektoren oder um den Erwerb eines Softwareunternehmens geht, soweit die Software für Kritische Infrastrukturen eingesetzt wird. Die betroffenen Wirtschaftssektoren sind Energie, Wasser, Ernährung, Informationstechnik und Telekommunikation, Gesundheit, Finanz- und Versicherungswesen sowie Transport und Verkehr. Weitere Regelbeispiele sind der Erwerb von inländischen Unternehmen, die in die behördliche Telekommunikationsüberwachung eingebunden sind, von Anbietern von Cloud-Computing-Diensten ab einer gewissen Größe sowie von Schlüsselunternehmen der Telematikinfrastruktur (siehe hierzu auch den Artikel auf S. 286).

Eine weitere Änderung betrifft die Prüfungsfristen für das BMWi, die nun verlängert werden. So beginnt die Frist für die Einleitung eines Verfahrens künftig nicht schon mit Abschluss der Transaktion, sondern erst, wenn das BMWi Kenntnis von der Transaktion erlangt hat. Will das BMWi eine Transaktion untersagen, beträgt die Untersagungsfrist künftig vier statt zwei Monate ab Einleitung des Verfahrens. Für die oben genannten Regelbeispiele wird nun sogar eine Meldepflicht eingeführt. Schon nach bisherigem Recht bestand die Möglichkeit für den Erwerber, sich die Unbedenklichkeit der Transaktion vom BMWi bescheinigen zu lassen. Auf diese Weise kann die Rechtsunsicherheit, die sich aus der bisherigen, unklaren Fassung des Untersagungskriteriums ergibt, effektiv abgemildert werden. Dieses Instrument steht auch in Zukunft zur Verfügung. Die Frist für das BMWi wird lediglich von einem auf zwei Monate verlängert.

Die Änderungen sind praxisrelevant. Insbesondere die neuen Fristen sollten von Investoren und Unternehmen bei der Transaktionsplanung und Vertragsgestaltung berücksichtigt werden. Ob sich die Änderungen abschreckend auf Investoren aus Nicht-EU-Ländern auswirken, lässt sich noch nicht klar abschätzen. Der Maßstab für eine Untersagung wird lediglich konkretisiert und nicht verschärft. Immerhin geht die Bundesregierung selbst von einem, wenn auch geringen, Anstieg der Untersagungsfälle in der Zukunft aus.

Dr. Rolf Hempel,
Kartellrechtler und Partner bei CMS in Deutschland

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