05.05.2020 | Prof. Dr. Florian Bauer

Ergebnisse der Blitzumfrage "Eiszeit oder Treibhaus? M&A nach Covid-19“

optional, Special Topic

Corona oder Covid-19, kein anderes Thema bestimmt derzeit unser Leben so stark und so umfassend. Die Effekte der Pandemie werden allerdings auch langfristig massive Spuren vor Allem für das Wirtschaftsleben hinterlassen. Erste Prognosen zeigen das Risiko einer massiven Rezession mit Einbrüchen des Wirtschaftswachstums von bis zu 10% in Griechenland oder 7% in Deutschland. Eine Rezession ist kein kurzfristiger Schock, sondern definiert sich durch mindestens zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wachstum. Rezessionen entstehen durch ökonomische Schocks, Panik an den Aktienmärkten oder rapiden Veränderungen in der Erwartungshaltung oder einer Kombination dieser drei. Corona verbindet diese drei Elemente und unterscheidet sich von vorangegangenen Krisen vor allem hinsichtlich der Intensität.

Studien zeigen, dass bis zu 17% der börsennotierten Unternehmen während einer Rezession vom Markt verschwinden, heißt, sie werden Akquisitionsobjekt oder gehen bankrott wohingegen 9% aus einer Rezession gestärkt hervorgehen. Was machen diese Unternehmen anders oder was determiniert deren Resilienz im Umgang mit Krisen? Interessanterweise verlassen sich diese Unternehmen auf dezentrale Strukturen, die schnelles Handeln und Entscheiden möglich machen, eliminieren in einem geringerem Ausmaß Redundanzen, versuchen Mitarbeiter zu halten und investieren in die Zukunft. Es scheint also, dass Unternehmen die im Krisenmanagement-Modus operieren deutlich schlechter aus einer Rezession hervorgehen, als die Unternehmen, die sich strategisch adaptieren oder verändern.

Die Blitzumfrage der Lancaster University Management School, MADiscover GmbH und M&A REVIEW mit Unterstützung des Bundesverbandes M&A spiegelt ein ganz ähnliches Krisenverhalten der Unternehmen wieder. 64 Befragte gaben an, sich aktuell voll auf Liquiditätsmanagement und Krisenmanagement zu konzentrieren, wohingegen nur 23 die strategische Planung, 17 die Bearbeitung des Dealbooks und 11 die Reflexion vergangener Transaktionen in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten stellen. Diese Spaltung zeigt sich in weiterer Folge auch im konkreten Management von M&A. Während ein Teil der Unternehmen alle Transaktionsprozesse gestoppt beziehungsweise on hold gestellt hat, zeichnet sich eine kleine Gruppe von Unternehmen durch aktive Strategiearbeit aus, die ihre bisherige Akquisitionsstrategie weiterverfolgt. Diese Unternehmen sehen die aktuelle Krise auch als zentrale Chance sich neue Wettbewerbsvorteile aufzubauen und neue Produkt-Markt-Kombinationen zu entwickeln.

In der Tat ist der M&A-Markt sehr stark eingebrochen und die spannende Frage wird sein, wie er sich bis Ende 2020 beziehungsweise Anfang 2021 entwickeln wird. Anekdotische Evidenz aus China zeigt, dass sich M&A-Projekte aufgestaut haben und sich nach den Lockerungen der Beschränkungen vor Ort eine massive Zunahme an M&A-Aktivitäten gegeben hat. Die Befragten unserer Blitzumfrage gehen interessanterweise ebenfalls überwiegend von einer positiven Entwicklung des M&A-Marktes in Europa und Nordamerika aus. Allerdings rechnet auch eine große Mehrheit der Befragten mit einer nie-dagewesenen Pleitewelle, die auf der anderen Seite Schnäppchenjägern Möglichkeiten bieten.

Insgesamt werden wohl jene Unternehmen, welche bereits vor der Krise in Schwierigkeiten waren (dies aber durch die Niedrigzinspolitik der letzten Jahre übertünchen konnten) vom Markt verschwinden. Die Unternehmen, die gestärkt aus der Krise hervorkommen werden, konzentrieren sich jetzt auf Strategiearbeit und arbeiten an ihrer Resilienz.

Prof. Dr. Florian Bauer
Autor
Prof. Dr. Florian Bauer

Prof. Dr. Florian Bauer ist Professor für Strategisches Management an der Lancaster University Management School und Co-Founder und Chief Research Officer der MADiscover GmbH (www.madiscover.com). In seiner Forschung untersucht er organisationale Veränderungsprozesse mit Fokus auf M&A aus einer strategischen, organisationalen und prozessualen Perspektive. Er ist interessiert, wie sich Unternehmen veränderten Rahmenbedingungen anpassen und nachhaltig erfolgreich sein können. Ein enger Kontakt zur Praxis ist ihm sehr wichtig, deshalb steht er in regelmäßigem Austausch mit Führungskräften, Beratern und M&A-Vereinigungen und begleitet zahlreiche Akquisitionsprojekte für mittlere und große Unternehmen.

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