27.05.2017 | Dieter Lauszus

Immer noch preisblind

optional, Standpunkt, unkategorisiert

Viele Beteiligungsgesellschaften im DACH-Raum blicken derzeit verhalten positiv in die Zukunft und erwarten vor dem Hintergrund unveränderter geldmarktpolitischer Rahmenbedingungen für 2017 eine ähnliche Marktsituation wie im Vorjahr.

Im Laufe der Finanzkrise ist die Branche zu der Erkenntnis gekommen, dass die Optimierung des operativen Geschäfts ihrer Portfoliounternehmen eine wichtige Voraussetzung für einen profitablen Exit darstellt. So werden etwa zunehmend „Value Creation Teams“ mit dem Fokus auf der Realisierung operativer Upside-Potenziale etabliert. Hierbei stehen erfreulicherweise neben internen Effizienzthemen zur Verbesserung der EBIT-Marge auch marktseitige Aspekte mit einer Wirkung auf Top- und Bottom-Line im Fokus.

Kritisch anzumerken ist, dass laut den Ergebnissen einer von uns durchgeführten Umfrage die Branche hierbei die zur Verfügung stehende marktseitige Klaviatur nur unvollständig nutzt. So werden häufig zwar Post-Deal-Maßnahmen wie etwa die Entwicklung neuer Produkte/Services, neue Markteintritte, Effizienzsteigerung durch Variantenreduktion oder Vertriebsoptimierung generell angegangen, während die größten Ertragsstellhebel ungenutzt bleiben. So ist es unerklärlich, warum der mächtigste aller Hebel –der Preis – nur von 7% der Befragten zu ihren Top-3-Stellhebeln im Post-Deal-Management zählt.

Woher kommt diese Branchenblindheit, wieso diese Zurückhaltung bezüglich des Stellhebels Preisanpassungen, die schnell durchführbar sind, kaum Investment erfordern und auch schon während einer kurzen Haltedauer zu nachhaltigen Ergebnissen führen?

Beim Versuch einer Erklärung lassen sich in vielen Fällen drei typische „Road Blocks“ erkennen:

1) Das Ertragspotenzial wird nicht erkannt.

Bedingt durch die berufliche Ausrichtung der Verantwortlichen oder durch eingefahrene Strukturen wird zu wenig „out of the Box“ gedacht. Auch Portfoliomanager sollten das Know-how besitzen, Optimierungsmaßnahmen ohne Scheuklappen zu bewerten und sich von beliebten Klassikern lösen.

2) Kein Budget für externe Unterstützung und/oder fehlende interne Kapazitäten.

Die Bedeutung vermeintlicher finanzieller und personeller Engpässe wird oft überschätzt. Ein schneller Payback und eine moderate Belastung der involvierten Personen legitimiert meist eine Budgetreallokation oder Zwischenfinanzierung. Professionelles Pricing steigert den Ertrag während der Haltedauer und kann somit weitere Maßnahmen finanzieren.

3) Der Stellhebel Preis gilt als (politisch) zu sensibel.

Es bestehen Bedenken, dass man es sich mit dem Vertrieb verscherzt, der die Preise am Markt durchsetzen muss oder dass Preisprojekte bei Kunden und Mitarbeitern hohe Wellen schlagen. Richtige Anreize und Vorabanalysen, die etwaige Preisreaktionen abbilden, holen den Vertrieb mit ins Boot. Ein sukzessiver Rollout verhindert die Überforderung von Mitarbeitern und Kunden. Erfolgreiche Preisprojekte fördern zudem die Akzeptanz der Beteiligungsgesellschaft beim Portfoliounternehmen und sind in der Regel mit weniger organisationaler Unruhe verbunden als andere Optimierungsmaßnahmen.

Hier sind also ein Perspektivwechsel und frische Ideen notwendig. Nur so lassen sich Hindernisse aus dem Weg räumen, damit Beteiligungsgesellschaften ihr volles Ertragspotenzial realisieren.

Dieter Lauszus

Partner und Leiter Private Equity

EbelHofer Strategy & Management Consultants

Autor
Dieter Lauszus

Dieter Lauszus ist Partner bei EbelHofer Strategy & Management Consultants in Köln. Davor war er mehr als 20 Jahre bei einer internationalen Unternehmensberatung tätig, hiervon in den letzten Jahren als Senior Partner. Er hat sich auf die Beratung von Unternehmen zu Wachstum und Ergebnisverbesserung auf der Marktseite spezialisiert. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Zusammenarbeit mit Private-Equity-Investoren (sowohl Pre- als auch Post-Deal). Dies beinhaltet insbesondere Commercial Due Diligence-Untersuchungen, Vertriebs-, Wettbewerbs-, Preis- und Marketingstrategien.

Profil
Das könnte Sie auch interessieren