25.03.2017

Keine Angst vor Private Equity

optional, Standpunkt, unkategorisiert

Wer mit einem deutschen Mittelständler das Universum möglicher Käufer diskutiert, bekommt immer wieder zu hören: „Ein Finanzinvestor, der mein Unternehmen nach wenigen Jahren wieder weiterverkauft, kommt für mich eigentlich nicht in Frage.“ Die Zahlen indes sprechen eine andere Sprache: So kamen in Deutschland in den letzten drei Jahren im Durchschnitt bei 32% der Unternehmensverkäufe Finanzinvestoren als Käufer zum Zuge – womit Deutschland mittlerweile auf demselben Niveau liegt wie etwa Großbritannien und die USA. Berücksichtigt man weiterhin, dass in den hierzulande etwa 700 Unternehmensübernahmen im Jahr 2016 (Mergermarket) viele für Finanzinvestoren unattraktive Kleinst-Transaktionen enthalten sind, bestreiten PE-Gesellschaften inzwischen rund die Hälfte aller deutschen Transaktionen ab ca. 20 Mio. EUR Unternehmenswert.

Tatsächlich wird vielen verkaufsbereiten Unternehmern erst im Laufe der Gespräche mit potenziellen Käufern klar, wie attraktiv die Option Private Equity für sie sein kann: Neben der Bereitschaft, marktgerechte Preise zu bezahlen, die den Angeboten von strategischen Bietern immer häufiger Paroli bieten oder diese gar übertreffen können, bieten Finanzinvestoren „ihren“ Unternehmen die Möglichkeit, die eigene Identität und Kultur zu bewahren. Zugleich etablieren sie jedoch eine Struktur professioneller Corporate Governance, die gerade Mittelständler unabhängiger von Einzelpersonen macht, ein oft unterschätzter Vorteil. Zudem bieten Finanzinvestoren Best-Practice-Erfahrung und oft auch ein internationales Netzwerk. Last but not least bieten sie nicht nur dem Management Beteiligungsmöglichkeiten: Auch der Verkäufer erhält gegebenenfalls die Chance, sich im Rahmen seiner nun neu austarierten Vermögensdiversifikation an dem Asset zurück zu beteiligen, das er am besten einschätzen kann. So geschehen etwa beim Verkauf der Felss Gruppe, einem Weltmarktführer im Bereich der Kaltumformungstechnologie, an die Schweizer Capvis oder bei der Übernahme des Diätnahrungsspezialisten Well Plus Trade durch HQ Equity.

Die Vorbehalte von Unternehmern gegenüber Private Equity wurzeln insbesondere in deren begrenzter Haltedauer des Investments und der Sorge, dass ein späterer Weiterverkauf – im Schnitt nach fünf bis sechs Jahren – das Unternehmen erneut in Unruhe versetzen könnte. Es verwundert daher nicht, dass sich Verkäufer zunächst ein langfristiges Zuhause für das eigene Lebenswerk wünschen: Beispielsweise wurde bei dem Verkauf von WERA Werkzeuge an die Bitburger Holding im vergangenen Jahr von vornherein nur mit Family Offices verhandelt. Sieht man von emotionalen Gründen für die Präferenz bestimmter Investorengruppen einmal ab, so haben jedoch zahlreiche Transaktionen mit PE-Käufern in den letzten Jahren gezeigt, dass die Unternehmen in der Regel von den neuen Eigentümern profitieren. Für einen gelungenen Weiterverkauf braucht es eine nachhaltige Wachstumsprognose – diese wiederum ist ohne Investitionen kaum plausibel. Dafür nehmen Finanzinvestoren auch schon mal eine vorübergehend nachlassende Profitabilität in Kauf. Der Mehrheitsverkauf des Logistik-Software Anbieters Transporeon an Riverside im Jahr 2011 sowie fünf Jahre später nach einer Phase schnellen Wachstums der erfolgreiche Weiterverkauf an TPG ist hierfür nur ein gelungenes Beispiel. Und natürlich gilt: Ein rundum erfolgreiches Unternehmen verträgt auch die vermeintliche Unruhe eines Weiterverkaufs: Es ist im Idealfall so fungibel und werthaltig geworden, dass sich keiner der Stakeholder um seine Zukunft sorgen muss.

Dr. Carsten Lehmann,
Vorstand IMAP M&A Consultants

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