Interview mit Sarna Röser, Bundesvorsitzende von DIE JUNGEN UNTERNEHMER
Sarna Röser ist Unternehmerin, Aufsichtsrätin, Beirätin, Business Angel und Bundesvorsitzende von DIE JUNGEN UNTERNEHMER – außerdem soll sie an der Spitze des eigenen Familienunternehmens nachfolgen und hat bereits selbst gegründet. Im Interview erklärt Röser, warum sie all diese Rollen trotz Stress einnehmen will und wie der Mittelstand ihr am Herzen liegt. Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist nach Rösers Meinung nicht nur der Unternehmer gefragt, sondern auch die Politik.
LEBENSWERK: Sie sind Gast-Jurorin bei „Die Höhle der Löwen“ – welche Motivation steckt hinter Ihrem Auftritt?
Sarna Röser: Ich möchte dazu beitragen, junge Unternehmer in Deutschland sichtbarer zu machen, um noch mehr Menschen fürs Unternehmertum zu begeistern. Wichtig ist mir, Menschen mit einer unternehmerischen Vision zu ermutigen, ihre Idee voranzubringen, weiterzuentwickeln, dranzubleiben, ihre innovativen Produkte auf den Markt zu bringen – und sich dem Wettbewerb zu stellen. Fakt ist: Mutige Unternehmer sind die Zukunft Deutschlands. Und wir brauchen mehr davon. TV-Formate wie „Die Höhle der Löwen“ sind wichtig, um mehr Menschen fürs Gründen zu begeistern, und haben es geschafft, das Thema Unternehmertum in den Fokus zu rücken. Unternehmensgründungen sind die Lebensversicherung Deutschlands, sie sind enorm wichtig für unsere wirtschaftliche Entwicklung. Dennoch strotzt Deutschland leider nicht vor Gründergeist. Laut KfW-Gründungsmonitor ist die Gründungsquote in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Zwar hatte sich die Zahl der Gründungen in den letzten Jahren leicht stabilisiert, doch nun ist sie auf einem historischen Tiefstand durch die Pandemie gelandet.
LEBENSWERK: Eine dauerhafte Juror-Rolle haben Sie aber abgelehnt – keine Zeit?
Sarna Röser: Ich bringe mich gerne in unterschiedlichen Funktionen ein: ob als Unternehmerin und Nachfolgerin im Familienunternehmen, als Vorsitzende der JUNGEN UNTERNEHMER, als Aufsichtsrätin bei Fielmann, Beirätin der Deutschen Bank oder stellvertretende Vorsitzende der Ludwig Erhard Stiftung. In allen Funktionen setze ich mich für das Unternehmertum in Deutschland ein – mit viel Leidenschaft und Engagement, um den jungen Unternehmen die so wichtige Stimme zu geben, die sie in der Öffentlichkeit und in der Politik haben sollten.
LEBENSWERK: Über einen Mangel an Aufgaben können Sie sich wahrlich nicht beschweren. Wie kriegt man das alles unter einen Hut?
Sarna Röser: Gutes Zeitmanagement und die eigenen Prioritäten definieren und festlegen.
LEBENSWERK: Welche Herausforderungen sehen Sie für den deutschen Mittelstand?
Sarna Röser: Die Pandemie und jetzt der Krieg sind historische Einschnitte für uns alle. Die größte Herausforderung ist auch für die Unternehmen die Unsicherheit – schon zu Corona und jetzt nochmal mehr durch den Krieg. Ganz akut treffen die Unternehmen die explodierenden Energiepriese, die unterbrochenen Lieferketten und explodierenden Preise. Wir schauen im Moment von Woche zu Woche, wo wir was herbekommen und zu welchen Preisen, auch Transport oder Rohstoffe wie Sand und Kies sind extrem teuer geworden. Außerdem beschäftigt uns der Fachkräftemangel – uns fehlen Arbeiter, Lkw-Fahrer, Fachkräfte. Und natürlich ist Nachhaltigkeit ein Riesenthema: Wie schaffen wir es, Produktionsprozesse umzustellen, um klimaneutral zu werden? Das ist für mich als Familienunternehmerin der nächsten Generation eine existenzielle Frage. Dafür bräuchten wir jetzt Stabilität für Investitionen.
LEBENSWERK: Welche Forderungen leiten sich daraus ab – sowohl an die Eigeninitiative der Unternehmer als auch an die Bundesregierung in Sachen adäquater Unterstützung?
Sarna Röser: Beispiel 1: Ja, die Regierung hat mit allen möglichen Entlastungspaketen versucht gegenzusteuern, doch zumindest bei den ersten Paketen den unternehmerischen Mittelstand sträflich vernachlässigt. Erst das Energiekosten-Dämpfungsprogramm aus dem Juli 2022 greift nun für Unternehmen, aber auch da sind bis jetzt nicht alle Betriebe bedacht. Bis jetzt greift das Gesetz nur für bestimmte Unternehmen, die besonders energieintensiv oder wettbewerbsgefährdet und auch noch in bestimmten Branchen sind. Der kleine Bäcker von nebenan oder die vielen Familienbrauereien in unserem Land haben keine Chance. Das muss sich ändern. Deswegen muss das Energiekosten-Dämpfungsprogramm nun dringend ausgeweitet werden.
Beispiel 2: Der Fach- und Arbeitskräftemangel lähmt große Teile der Wirtschaft. Aktuell fehlen über eine halbe Million Fachkräfte und fast zwei Millionen weitere Arbeitskräfte. Die Bundesregierung ist sich des Problems durchaus bewusst, tut aber viel zu wenig. So müsste die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestärkt und Ältere und Menschen außerhalb des Arbeitsmarktes gezielt in den Arbeitsmarkt integriert werden. Stattdessen lädt das neue Bürgergeld dazu ein, sich sanktionslos auf Zahlungen des Staates zu verlassen.