1. Einleitung
Nachdem der M&A-Markt 2021 boomte und 2022 von Schocks geprägt war, fragen sich die Akteure, was 2023 bringen wird. Der Blick auf die makroökonomischen Eckdaten deutet in einer ersten Annahme auf die Fortsetzung der Unsicherheiten gepaart mit einer Rezession der globalen Wirtschaft und in der Folge auf ein weiter niedrigeres Dealaufkommen im Vergleich zum Jahr 2021 hin. Doch gibt es auch gute Gründe für die gegenteilige Annahme und damit die Erwartung, 2023 ein wieder wachsendes Dealaufkommen zu sehen. In welche Richtung sich der M&A-Markt im kommenden Jahr tatsächlich entwickelt, wird entscheidend davon abhängen, ob es eine Rückkehr zu einer wieder besseren Planbarkeit im Sinne eines New Normal gibt. Dieses New Normal wird weniger vom Niveau als vielmehr vom Rückgang der Volatilität marktrelevanter Faktoren, wie etwa der Zinsen, geprägt. Im Folgenden nehmen wir die Voraussetzungen dafür näher in den Blick und leiten daraus Chancen und Risiken für 2023 ab.
2. Der makroökonomische Rahmen
Die Weltwirtschaft steht auch 2023 aus heutiger Sicht einer Reihe von Unsicherheiten gegenüber, die schon das Geschehen 2022 kennzeichneten. So sind die Märkte mit hoher Wahrscheinlichkeit neben den Folgen des Ukraine-Kriegs nach wie vor mit anhaltenden Lieferkettenunterbrechungen, steigenden Energiepreisen und wiederkehrenden Lockdowns in China beschäftigt. Zugleich begegnen die Notenbanken der anhaltend starken Inflation mit steigenden Leitzinsen. In der Mehrheit der Branchen stellen sich Unternehmen daher auf einen erhöhten Kostendruck sowie eingeschränkte Finanzierungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten ein. Das führt dazu, dass Risiken genauer geprüft werden und sich viele Unternehmen auf ihre Kerngeschäfte konzentrieren.
Vor diesem Hintergrund gehen die meisten aktuellen Prognosen von einer globalen Rezession in den kommenden Monaten aus. Voraussichtlich wird der Rückgang des Wachstums im vierten Quartal 2022 beginnen und sich bis in die zweite Hälfte des Jahres 2023 ziehen. Nach aktueller Lage sehen die Volkswirte aber bereits für Ende 2023 eine Erholung der Weltwirtschaft.
Alle diesbezüglichen Prognosen stehen jedoch unter dem Vorbehalt, dass zu den bestehenden Unsicherheiten möglicherweise weitere, neue hinzukommen könnten, die derzeit noch nicht abzusehen sind. Ob und wann die Rezession eintritt, lässt sich daher nicht verbindlich vorhersagen. Jedoch erscheint auch uns eine starke, kurze Rezession als das derzeit realistischste Szenario für 2023. Die folgenden Ausblicke richten sich deshalb an dieser Annahme aus.
3. Wo steht der M&A-Markt derzeit?
2022 hat sich der M&A-Markt gegenüber dem Vorjahr deutlich abgekühlt (Rückgang von 5.251 Deals im Jahr 2021 auf 3.128 Deals 2022 YTD zum 15.11.2022). Vor dem Hintergrund des außerordentlich aktiven Markts im Jahr 2021 ist das zunächst einmal eine Rückkehr auf ein erwartbares Plateau. Zugleich gibt es aber auch deutliche Veränderungen im Marktgeschehen. Nicht nur die Anzahl der Deals, sondern auch deren Dimension hat sich verlagert. So war zwar auf dem IPO-Markt die Erstzeichnung von Porsche mit einem Emissionsvolumen von 9,4 Mrd. EUR der weltweit größte Börsengang des dritten Quartals, doch gab es in Deutschland 2022 mit BörseGo nur noch ein weiteres Unternehmen, das per Initial Public Offering an der Börse notiert wurde. Andere angekündigte IPO-Kandidaten warten angesichts der makroökonomischen Lage ab. Das gilt auch für das klassische Corporate-M&A-Geschäft. Da die Finanzierung von Transaktionen derzeit aufgrund hoher Zinsen sowie schlechter Bedingungen für die Refinanzierung schwierig ist, halten sich viele Unternehmen zurück und üben sich in Geduld.

Abb. 1 • Entwicklung M&A Deals (2010-2022 YTD)
Quelle: Quelle: Refinitiv, AlixPartners Analyse, Basierend auf Announcement Date
Das Private-Equity-M&A-Geschäft dominiert mittlerweile den M&A-Markt. Seit 2010 ist der PE-Anteil an M&A-Deals von 26% auf 53% im Jahr im Jahr 2022 (YTD zum 15.11.2022) gestiegen. Auffällig dabei ist zudem, dass PE-Akteure aus den USA häufiger als bislang in Europa tätig sind. Dennoch hat sich der M&A-Markt insgesamt hinsichtlich der Zahl an Deals deutlich abgekühlt. Die goldenen Zeiten für Verkäufer neigen sich dem Ende zu.

Abb. 2 • Entwicklung PE Anteil an M&A Deals (2010-2022 YTD)
Quelle: Quelle: Refinitiv, AlixPartners Analyse, Basierend auf Announcement Date
4. Wie wird sich der M&A-Markt 2023 entwickeln?
Zentrale Größe für die Vorhersage der Trends auf dem M&A-Markt 2023 ist die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Frage, ob es zur Rezession kommt, wenn ja, wie stark sie ausfällt und wie lange sie andauern wird. Da sich das derzeit nicht seriös vorhersagen lässt, zeichnen wir zwei mögliche Szenarien.