30.04.2021 | Julian Riedlbauer, Richard Hartweck

Sind SPACs eine echte Finanzierungsoption?

Allgemein, optional, Standpunkt

Kaum ein anderes Thema wird gerade so stark debattiert wie die Finanzierung mit Hilfe von SPACs. Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) sind Firmen, die ausschließlich dafür gegründet werden, um beim eigenen Börsengang Investorengelder einzusammeln. Das Geld nutzen die SPAC-Sponsoren – zumeist Industrie-Experten und Experten aus dem Investmentbanking- und Private-Equity-Bereich – um große, wachstumsstarke Firmen (Targets) zu übernehmen.

Besonderheiten eines SPAC

Ein SPAC ist ein börsennotiertes regulatorisches Konstrukt, das Endinvestoren sogenannte Units anstelle von klassischen Aktien anbietet. Diese Units bestehen je aus einer Aktie und einem Warrant-Anteil. Das eingeworbene Kapital wird auf ein Treuhandkonto eingezahlt. Anschließend müssen die SPAC-Sponsoren in einem vorab definierten Zeitraum (meist 12 bis 24 Monate) ein Target identifizieren, sonst erhalten alle Investoren ihr Investment zurück. Ist ein Zielunternehmen gefunden, beginnen übliche Merger-Prozesse: Due Diligence, Verhandlungen und die Unterzeichnung des Übernahmevertrags. In dieser Phase arrangiert das SPAC-Management auch potenzielle Debt- und/oder PIPE-Finanzierungen (Private Investment in Public Equity). Zuletzt folgt der De-SPACing-Prozess, in dem die Sponsoren zusammen mit den Endinvestoren auf einer Hauptversammlung über den Deal abstimmen. Gibt es eine Mehrheit zur Genehmigung der Transaktion und werden alle regulatorischen Anforderungen erfüllt, wird die Übernahme realisiert. Investoren, die gegen den Deal stimmen, können sich zurückziehen und erhalten ihr Investment zurück. Abschließend folgt das Closing der Transaktion, bei dem das Target zum börsennotierten Unternehmen wird. Der SPAC-IPO-Prozess kann mit einem klassischen Reverse Merger verglichen werden. Im Gegensatz zu einem Reverse Merger bietet der SPAC-Deal dem Zielunternehmen deutliche Vorteile in Bezug auf die Erfahrung des Management-Teams des SPAC, den Zugang zu institutionellen Investoren und die Sicherheit der Finanzierung beziehungsweise des Wachstumskapitals.

Interessant für Investoren und IPO-willige Unternehmen

Bei einem SPAC-IPO kommen normalerweise mindestens dreistellige Millionenbeträge zusammen. Zu Beginn investieren häufig Hedge Funds und institutionelle Investoren, aber auch für Privatinvestoren ist ein Engagement attraktiv: Sie erhalten die Möglichkeit, schon früh an potenziell interessanten öffentlich gelisteten Firmen beteiligt zu sein.

SPACs werden so zu einer echten Finanzierungsalternative neben IPOs, Late Stage Growth Equity- und PE-Deals – insbesondere für größere Unternehmen aus dem Tech-Sektor. Ein komplizierter IPO-Prozess, der zudem deutlich länger dauert, lässt sich so umgehen, während die Firmengründer beziehungsweise bestehende Großaktionäre ihren Einfluss behalten können. Auch übernimmt das bestehende Management des Targets die Tagesgeschäfte des neu fusionierten und gelisteten Unternehmens. Die SPAC-Sponsoren stehen beratend in verschiedenen Funktionen zur Seite und ziehen sich nach dem De-SPACing-Prozess (nach dem Merger) schließlich weitgehend zurück.

Dennoch sollten sich Unternehmen vorab eingehend vorbereiten. Wichtig ist, wer genau hinter einem SPAC steckt, welche Kompetenzen und Erfahrungen die Sponsoren mitbringen und wie die Details, etwa die Verteilung der Anteile, genau aussehen. Und: Nach dem Verfahren ist das Unternehmen eben doch öffentlich gelistet – mit allen Pflichten und aller öffentlichen Aufmerksamkeit eines börsennotierten Unternehmens. Doch wenn alle Beteiligten die vorgesehenen Sicherheitsmechanismen und Transparenz nutzen, wird sich das SPAC-Konzept langfristig als eine weitere Option zur Finanzierung und Zugang zum Kapitalmarkt etablieren.

Julian Riedlbauer,

Partner und Leiter des Deutschlandbüros der globalen Tech-Investmentbank GP Bullhound

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