Was haben Diäten und Kostensenkungsprogramme gemeinsam? Sie bringen meist nicht den erhofften Erfolg. Wer eine Diät macht, reduziert kurzfristig sein Gewicht, fällt jedoch meistens in alte Gewohnheiten zurück – und der Jo-Jo Effekt schlägt knallhart zu.
Schnell ist alles wieder beim Alten. Genauso ist es häufig mit Kostensenkungsprogrammen in Unternehmen. Meist werden diese Programme aufgrund unzureichender Kennzahlen kurzfristig aufgesetzt. Mitarbeitende werden aufgefordert, Maßnahmen zu entwickeln, um Ressourcen einzusparen. Aus Sicht der Mitarbeitenden ist das eine zusätzliche Aufgabe zur „eigentlichen“ Arbeit. Zudem stehen kurzfristige Kosteneinsparungen häufig im Widerspruch zu langfristigen strategischen Zielen.
Wie sieht also die Lösung aus, wenn Diäten nicht funktionieren? Die einfache Antwort: Die Ernährungsgewohnheiten müssen dauerhaft umgestellt werden. Wie gelingt das? Mit System! Wer seine Gewohnheiten nachhaltig ändern möchte, benötigt ein System, das hilft, jeden Tag viele kleine richtige Entscheidungen zu treffen. Also: keine Süßigkeiten im Haushalt und stattdessen die Schale mit Obst und Gemüse auf den Tisch stellen.
In Unternehmen ist es nicht anders: Den meisten Managern ist klar, wo Optimierungsbedarf besteht. Neben dem operativen Tagesgeschäft und unerwartet auftretenden Herausforderungen fällt es ihnen jedoch schwer, die langfristig sinnvollen Schritte anzugehen. Irgendetwas ist immer: Eine globale Pandemie breitet sich aus, die Energiekosten gehen durch die Decke oder die Logistikkosten verdoppeln sich innerhalb kurzer Zeit. Ein Großprojekt läuft aus dem Ruder, weil ein wichtiger Lieferant plötzlich von Sanktionen betroffen ist. Wer jetzt kein System für die strategische, langfristige Weiterentwicklung des Unternehmens hat, ist verloren. Ohne System bleiben die strategischen Themen im operativen Strudel auf der Strecke.
Dieses System muss eine Methode bieten, Maßnahmen zu definieren und umzusetzen und dabei Aufwand und Friktion minimieren. Es muss langfristig durchzuhalten sein. Es sollte möglichst schlank und transparent sein und die Mitarbeitenden motivieren, Ziele erreichen zu wollen.
Der vorliegende Artikel zeigt einen praktischen Vorschlag, wie Unternehmen ein solches System etablieren können, um trotz akuter Herausforderungen im Tagesgeschäft die Strategie umzusetzen – ohne immer wieder neue Task Forces oder Projekte zu starten, die zu Überarbeitung und Frustration führen.
1. Ausgangslage: das Problem mit Projekten und Programmen
Projekte und Programme sind fester Bestandteil des Management-Handwerkskastens. Wird ein Problem erkannt, das nicht einer der klassischen Unternehmensfunktionen zugeordnet werden kann, wird häufig ein Projekt zur Behebung des Problems gestartet. Ein Projektleiter ist schnell benannt, ein Team zusammengestellt und los geht es.
Problematisch wird das, wenn zu viele Projekte aufgesetzt werden. Projekte mit hoher Relevanz für das Unternehmen werden häufig mit engem Bezug zur Geschäftsführung aufgesetzt. Das hat den Vorteil, dass die Geschäftsführung das Projekt direkt steuern kann. Es hat jedoch den Nachteil, dass die Steuerung nicht über den normalen Führungsweg stattfindet und daher zusätzlicher Management-Aufwand entsteht. Eine gängiger Lösungsansatz für dieses Problem ist, die Projekte in einem Transformationsprogramm zu bündeln.
Ein solches Programm ist ein großes Projekt mit mehreren unterschiedlichen Initiativen und einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen. In der Regel werden diese Programme für einen Zeitraum von 18 bis 36 Monaten aufgesetzt, häufig mit Unterstützung einer Unternehmensberatung. Konzepte und Tools für Transformationsprojekte gibt es viele. Nahezu jede größere Unternehmensberatung preist ihr vielfach bewährtes Konzept für eine erfolgsversprechende Transformation an. Eine Transformation verspricht eine fundamentale Verbesserung in einem überschaubaren Zeitraum. Das Problem mit diesem Versprechen: Es suggeriert, dass ein Unternehmen lediglich durch diese Transformation gehen muss, um das Ziel zu erreichen. Alsbald ist der neue Status erreicht und die Transformation damit abgeschlossen. Allerdings: Wer jetzt weiter macht wie zuvor, landet aufgrund des Jo-Jo Effekts schnell wieder beim Alten. Ein Unternehmen, das eine Transformation benötigt, hat grundlegende Probleme. Macht es nach der Transformation weiter wie zuvor, wird bald das nächste Transformationsprojekt notwendig sein.
In der Praxis läuft es oft folgendermaßen ab: In den Unternehmenszielen werden positive Effekte durch die Umsetzung strategischer Maßnahmen unterstellt. In der Realität stellt sich häufig nach ein bis zwei Jahren heraus, dass der Effekt zu positiv angenommen oder die Umsetzung der strategischen Maßnahmen nicht konsequent genug vorangetrieben wurde – häufig, weil operative Herausforderungen dazwischenkamen. Damit fällt das Unternehmen langsam hinter die eigenen Ergebnisziele zurück. Nach zwei bis vier Jahren ist die Lücke in der Regel so groß, dass Handlungsdruck entsteht. Als Reaktion wird ein Transformationsprogramm aufgesetzt.
Das Programm liefert zunächst auch Ergebnisse, die Beteiligten sind mit Elan dabei. Nach einer Weile richtet das Management den Fokus auf andere Themen, Mitarbeitende äußern sich zunehmend kritisch. Nach einer Weile bleibt das Programm hinter den Erwartungen zurück. Das Management beendet das Programm, solange es noch als Erfolg verkauft werden kann. Die Mitarbeitenden sind erleichtert, da ihnen die Ideen ausgingen und sie sich nun endlich wieder auf ihre „eigentliche“ Arbeit konzentrieren können. Das Unternehmen kehrt zurück zu Business-as-usal. Im nächsten Zyklus vergrößert sich die Abweichung vom Ziel wiederum: Die Notwendigkeit für die nächste Transformation entsteht.