AlixPartners Studie: DACH Automotive M&A 2025 Ausblick
Die Herausforderungen der Automobilbranche, insbesondere für Hersteller sowie Zulieferer aus Europa und Nordamerika, sind so vielseitig wie selten zuvor: Rezessionssignale, verschärfter Wettbewerb insbesondere durch mit aggressiver Preispolitik auf die westlichen Märkte strebende chinesische „New Energy Vehicle“-Spieler, sowie zunehmende Unsicherheiten im Zuge der Infragestellung des Verbrennerverbots in der EU ab 2035.
1. Einführung
Die Herausforderungen der Automobilbranche, insbesondere für Hersteller sowie Zulieferer aus Europa und Nordamerika, sind so vielseitig wie selten zuvor: Rezessionssignale, verschärfter Wettbewerb insbesondere durch mit aggressiver Preispolitik auf die westlichen Märkte strebende chinesische „New Energy Vehicle“-Spieler, sowie zunehmende Unsicherheiten im Zuge der Infragestellung des Verbrennerverbots in der EU ab 2035.
2. Stagnation in Europa – Chinesen stehen unter Druck, Wachstum aufrechtzuerhalten
Während selbst global der Absatz von Neufahrzeugen bis 2030 durchschnittlich lediglich mit moderaten ~2% wachsen dürfte, erwarten wir für die westlichen Märkte Europa und Nordamerika nahezu eine Stagnation. Allerdings schreitet die automobile Elektrifizierung weiter voran – je nach konjunktureller Entwicklung und politischer Debatte (Stichwort: EU-Verbrenner-Aus) dürfte der kombinierte Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge sowie Plug-in-Hybride bis 2030 in Europa auf etwa 46% (zum Vergleich: 2024 ca. 18%) steigen. In Bezug auf Lieferkettenstabilität, Kosteneffizienz, Technologie-Know-how sowie Produktstrategie stellt diese Entwicklung weiterhin eine enorme Herausforderung für die Branche dar. Gleichzeitig ist mit dem sogenannten Software-defined Vehicle (SDV) die nächste Disruption quasi schon in vollem Gange.
Viele Automobilhersteller und -zulieferer werden diese Herausforderungen mit der vorhandenen Innovationskraft, dem bisherigen Know-how und ihrem „alten“ Operating Model nicht allein stemmen können. So sind die Anforderungen an eine performante Softwarearchitektur des Fahrzeugs mit streng an den Kundenanforderungen orientierter Funktionalität sowie kurzen Entwicklungszyklen nur zwei Beispiele, bei denen es etablierte westliche Anbieter bislang kaum schaffen, mit der Geschwindigkeit, die neue, hochgradig technologieaffine Wettbewerber wie BYD, Xiaomi und andere mittlerweile global vorgeben, auch nur ansatzweise mitzuhalten.
Gleichzeitig kämpfen viele Automobilhersteller und auch -zulieferer mit schwachen Absatzmengen sowie operativen und finanziellen Herausforderungen. Bei den Top-25-Zulieferern stagniert der Umsatz im Jahr 2024 bei 407 Mrd. EUR, und bei den Top-10-OEMs ist ein Rückgang um 1,5% im Vergleich zu 2023 zu verzeichnen. Die ohnehin schon bei vielen Zulieferern angespannte Margensituation wird damit weiter verschärft, wodurch der bereits hohe Konsolidierungsdruck der Branche zumindest anhalten, sich vermutlich sogar weiter verschärfen dürfte. Kostensenkungsprogramme bei OEMs und Zulieferern, angekündigte Werksschließungen sowie erhebliche Personalabbauprogramme sprechen eine deutliche Sprache.
Insbesondere China, mit über 20 Millionen jährlich abgesetzter Fahrzeuge der größte Einzelmarkt für Automobilhersteller und bedeutender Wachstumsmotor der letzten Jahre, weist wie in den Jahren zuvor auch 2024 rückläufige Wachstumsraten auf. Das abgesetzte Volumen für Januar bis Oktober lag zwar 2,9% über dem Vorjahreswert, allerdings unter den Wachstumsraten der Vergangenheit (3,0% in 2023, 3,4% in 2022). Auch die tobenden Preiskämpfe unter den Herstellern konnten nicht für einen höheren Absatz sorgen. China wird künftig nicht an die hohen Wachstumsraten der Vergangenheit anknüpfen können und eher auf einem Niveau von jährlich 2% und damit leicht über dem global erwarteten Pkw-Absatzwachstum liegen. Die Schwelle zur Stagnation bleibt also auch hier in greifbarer Nähe.
Abb. 1 DACH Automotive M&A Transaktion (Anzahl abgeschlossene Transaktionen)
Quelle: Mergermarket, Oktober 2024
3. Anstieg von M&A-Transaktionen in DACH – Strategische Kooperationen ermöglichen Zugang zu neuen Märkten und Technologien
Trotz der Herausforderungen gibt es eine Erholung auf dem M&A-Markt in der DACH-Region. 2024 wurden bereits per Ende Oktober mehr als 80 abgeschlossene Transaktionen verzeichnet, das entspricht bereits innerhalb von zehn Monaten einem Anstieg von mehr als 50% gegenüber 2023.
Das jüngste Votum der EU, Zölle auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge (EVs) zu erheben, wird wahrscheinlich strategische Verschiebungen innerhalb der Automobilindustrie beschleunigen. Dies betrifft insbesondere deutsche Automobilhersteller, die sich einem intensiven Wettbewerb und Marktherausforderungen gegenübersehen.
Des Weiteren könnten chinesische Unternehmen die Übernahme von europäischen Automobilfirmen oder Produktionsstätten anstreben, um die neuen Zölle zu umgehen. Dies könnte zu mehr grenzüberschreitenden Aktivitäten bei Fusionen und Übernahmen innerhalb des Sektors führen.
Große deutsche Automobilhersteller wie Volkswagen und Stellantis sehen sich bei der Anpassung an die Umstellung auf Elektrofahrzeuge dem Druck des verschärften Wettbewerbs und der sich verändernden Marktdynamik ausgesetzt. Ihre Gewinnprognosen wurden bereits negativ beeinflusst, was möglicherweise zu weiteren strategischen Neuausrichtungen oder Veräußerungen von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerten führen könnte.
Die Akquisition eines Mehrheitsanteils an V4Drive Battery von Porsche kann hier als Beispiel einer transformations- und technologiegetriebenen M&A-Strategie verstanden werden.
Wir gehen insgesamt davon aus, dass 2025 sowohl die Anzahl von Transaktionen als auch die Insolvenzen in der deutschen Automobilindustrie gegenüber dem Vorjahr zunehmen werden.
Strategische Kooperationen dienen dabei in der Regel zur Erschließung von Märkten oder der Teilung von Risiken und Investitionen bei neuen Produktfeldern – insbesondere bei Komponenten und Systemen im Bereich des elektrischen Antriebsstrangs.
Abb. 2 Partnerschaften dominieren das Bild und nehmen im Gesamtkontext aller Transaktionen
der hier ausgewählten OEMs zu
Quelle: AlixPartners
4. Fazit
Die strategischen, operativen und finanziellen Herausforderungen werden im Jahr 2025 für die Automobilindustrie weiter zunehmen. Infolgedessen nimmt 2025 die Insolvenzgefahr, gerade für kleine und mittelständische Zulieferer mit weniger als 1 Mrd. EUR Jahresumsatz, signifikant zu. Ein Verkauf beziehungsweise eine strategische Partnerschaft können hier eine Option sein, die im Vergleich zu einer harten, auf Kostensenkung fokussierten Restrukturierung zusätzliche Synergiepotenziale und Zugang zu neuen Märkten oder Technologien bietet.
Es liegt auf der Hand, dass die stärkere Zusammenarbeit zwischen OEMs, Zulieferern und neuen Marktteilnehmern, die bislang keine oder nur eine untergeordnete Rolle in Automotive gespielt haben, eine Möglichkeit ist, sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Der Fokus liegt hier vor allem auf Technologie im Bereich der Elektrifizierung sowie Software.