Die Zeiten, in denen sich ausländische Investoren frei an deutschen Unternehmen beteiligen können, sind vorüber. Im Zuge des weltweit anhaltenden Trends zu mehr Protektionismus hat die Kontrolle ausländischer Beteiligungserwerbe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Mit der nun verabschiedeten Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes ist die Investitionskontrolle endgültig in der M&A-Wirklichkeit angekommen – und droht sich als echter Stolperstein zu erweisen.
Vollzugsverbot als Druckmittel
Schärfstes Schwert der Neuregelung ist das Vollzugsverbot für meldepflichtige Investitionen. Bei Verstoß droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Käufer dürfen Erwerbern vor Freigabe durch das BMWi nicht die Möglichkeit einräumen, Einfluss auf das Zielunternehmen auszuüben. Der Vollzug muss also im Kaufvertrag unter die aufschiebende Bedingung der Freigabe durch das BMWi gestellt werden. Zudem dürfen sensible unternehmensbezogene Informationen dem Erwerber erst nach Freigabe offengelegt werden. Diese bereits heftig kritisierte Regelung ist so weit formuliert, dass sich im Rahmen der Due Diligence künftig schwierige Abgrenzungsfragen stellen, ob und welche Informationen der Käufer eigentlich sehen darf.
Ausweitung der meldepflichtigen Vorgänge
Zwar gilt das Vollzugsverbot nur für meldepflichtige Transaktionen. Allerdings fallen immer mehr Wirtschaftssektoren unter die Meldepflicht. War ursprünglich nur ein Teil der Rüstungsindustrie betroffen, sind mittlerweile auch Betreiber kritischer Infrastrukturen oder Medienunternehmen erfasst, seit kurzem auch COVID-19 relevante Unternehmen. In diesem Jahr dürften weitere Schlüsselsektoren hinzukommen. In der Diskussion sind derzeit etwa künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt, Energiespeicherung, Quanten- und Nukleartechnologien sowie Nanotechnologien und Biotechnologien.
Eine Meldepflicht besteht dabei immer schon dann, wenn ein EU-fremder Investor mindestens 10% der Stimmrechtsanteile an solchen Unternehmen erwirbt. Das gilt allerdings nicht nur für den unmittelbaren Erwerb, sondern auch für rein mittelbare Beteiligungen. Gemeldet werden muss die Transaktion also auch dann, wenn sowohl Käufer als auch Zielunternehmen inländisch sind, aber am Käufer ein EU-fremder Investor direkt oder über weitere Zwischengesellschaften mit mindestens 10% der Stimmrechte beteiligt ist.
Absenkung des Untersagungsstandards
Berlin darf künftig bereits in deutlich weniger kritischen Fällen Beschränkungen auferlegen oder untersagen. Ob das BMWi deswegen in der Praxis wirklich häufiger und stärker eingreift, bleibt abzuwarten. Jedenfalls kann die Investitionskontrolle jetzt noch glaubhafter mit Untersagungen drohen und Investoren so zu noch weitergehenden Zugeständnissen bewegen.
Neue Fristenregelung
Für mehr Planungssicherheit sorgt die neue Fristenregelung. Bislang war die Verfahrensdauer nicht vorhersehbar – mit jeder Informationsanfrage begann die Prüffrist von neuem. Nun gilt: Das Vorverfahren dauert zwei Monate, bei Eröffnung des eigentlichen Prüfverfahrens kommen vier Monate hinzu, in komplexen Fällen sogar bis zu acht. Es droht also weiterhin eine lange Hängepartei zwischen Signing und Closing – nunmehr aber mit absehbarem Ende.
Fazit
Erwerben Ausländer oder deutsche Unternehmen mit ausländischen Teilhabern einheimische Unternehmen, muss die Investitionskontrolle im Blick sein. Vollzugsverbot, lange Verfahrensdauern und das Risiko von Investitionsbeschränkungen müssen im M&A-Prozess frühzeitig beachtet werden.