31.08.2022 | Prof. Dr.-Ing. Kai Lucks

Epochaler Schritt: Wiedergewinnung der Gemeinnützigkeit des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions e.V.

Strategien & Visionen

Der Bundesverband Mergers and Acquisitions e.V. (BM&A) wurde im Oktober 2002 in Frankfurt gegründet und im März 2003 antragsgemäß als gemeinnütziger Verein im Frankfurter Vereinsregister eingetragen. Zwei Jahre später wurde dem Verein die Gemeinnützigkeit abgesprochen. Der zuständige Referent im Registergericht hatte gewechselt und begründete seine Entscheidung folgendermaßen: „Wer für die Wirtschaft arbeitet, kann nicht gemeinnützig sein.“ Der Anstoß für die Gründung des BM&A ging von Siemens und der Deutschen Bank aus, die beobachtet hatten, dass Unternehmensteile, die die deutschen Konzerne im Zuge ihres Umbaus abspalteten, regelmäßig von japanischen Konzernen übernommen wurden. Zur Gegenwehr fehlten dem deutschen Mittelstand schlichtweg die notwendigen Kompetenzen, um im beginnenden internationalen Übernahmewettbewerb mithalten zu können.

Somit war die Mission des jungen BM&A klar: Wissens- und Kompetenztransfer aus dem Kreis erfahrener Konzerne an den deutschen Mittelstand. Auch der Kreis der einzubeziehenden Kompetenzträger war von Anfang an gesetzt, vor allem die professionellen M&A-Dienstleister, die in der Vielfalt der Prozesse und Tätigkeiten einzubinden sind. Der BM&A wurde zu einem Themenverband, der alle Arten und Professionen im Bereich M&A einbinden wollte. Kern des neuen Vereins sollte eine Wissensplattform für alle Mitglieder werden. Die Verbindung zwischen M&A-Dienstleistern als Wissensgeber und mittelständischen Corporates als Wissensnehmer machte den BM&A zu einer der führenden Drehscheiben für unternehmerischen Wissensaustausch in Deutschland.

Dass unser Dienst am Mittelstand gemeinnützige Zwecke verfolgte, indem wir dabei helfen, Gedeih und Überleben mittelständischer Unternehmen zu sichern, war zur damaligen Zeit der öffentlichen Hand schwer zu vermitteln.

Dennoch machte sich das Fehlen des gemeinnützigen Siegels im öffentlichen Leben unseres Verbandes bemerkbar: Wir werden etwa als Interessenvertreter der Wirtschaft und Lobbyist der Industrie wahrgenommen. Das belastet vor allem unsere Kontakte zur Politik und öffentlichen Hand. Diese werden mit der Zeit immer wichtiger, weil etwa die verschiedenen Formen von unternehmensübergreifenden Vernetzungen an Bedeutung gewinnen: etwa neue kartellrechtliche Problemstellungen und Asymmetrien bei Unternehmensübernahmen zwischen Deutschland und China, zu denen der BM&A Stellung beziehen sollte.

Seit Gründung unseres Verbandes, speziell seit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit, verfolgen wir das Modell der Kostenneutralität, die sich dadurch ausdrückt, dass jegliche Veranstaltung in ein Null-Ergebnis münden muss. Da die Veranstaltungskosten nur zum Teil von den Mitgliedsbeiträgen gedeckt werden können, sind wir gezwungen, bei fast allen Veranstaltungen Partnerschaften mit M&A-Dienstleistern zu suchen, die etwa die Kosten für Räume und Catering tragen. Als Gegenleistung weisen wir fast alle Veranstaltungen als partnerschaftliche Initiativen mit dem jeweils co-finanzierenden M&A-Dienstleister aus.

Unserem Doppelfinanzierungsmodell aus Mitgliedsbeiträgen und Kostenträgerschaften durch M&A-Dienstleister fehlt schlichtweg die dritte Finanzierungssäule: Zuwendungen von Spendern. Solche Spenden sind notwendig, um eigenständige größere Veranstaltungen unter alleinigem Erscheinungsbild des BM&A tragen zu können.

2018 kam uns ein Zufall zu Hilfe: ein Kontakt mit der Brost-Stiftung. Diese erklärte sich bereit, eine größere Konferenz zu finanzieren, die dann als Veranstaltungsunternehmer allein den Namen des BM&A tragen sollte. Brost ist allerdings an zwei Satzungsbedingungen gebunden: nur gemeinnützige Organisationen zu finanzieren und nur Aktivitäten, die in Rheinland-Pfalz stattfinden. Auf der Suche nach überlappenden Interessen kamen wir auf die Idee, eine große deutsch-chinesische M&A-Konferenz anzuschieben, die an der deutschen Endstation der Neuen Chinesischen Seidenstraße stattfinden konnte, in Duisburg, wo die chinesische Bahnstrecke endet und gleichzeitig der bedeutendste deutsche Binnenhafen als führender Warenumschlagplatz liegt.

Die Idee zu einer solchen Großveranstaltung war bestechend und leistete unserem Traum nach Wiedererlangung der Gemeinnützigkeit starken Vorschub. Mit einem gewaltigen Kraftaufwand gelang es, gleichzeitig einen neuen gemeinnützigen M&A-Verband auf die Beine zu stellen und die Großveranstaltung in Duisburg zu realisieren. Am Tag vor dieser Veranstaltung wurde der neue gemeinnützige Verband im Münchner Vereinsregister eingetragen, so dass dieser mit großzügiger Unterstützung aus der Brost-Stiftung die erste deutsch-chinesische M&A-Konferenz unter alleiniger Marke des BM&A durchführen konnte.

Die Alternative, nämlich aus unserem etablierten in Frankfurt ansässigen Verband einen gemeinnützigen zu machen, hätte Jahre gekostet und wäre mit großem Aufwand und hohen Risiken verbunden gewesen, weil jedes einzelne Mitglied beim alten Verband kündigen und in einen neuen hätte eintreten müssen. Seit 2019 verfolgen wir nun die einzig bleibende Möglichkeit, nämlich den etablierten Frankfurter Altverband mit dem neuen gemeinnützigen zu verschmelzen, sodass die Mitglieder als Gemeinschaft in den gemeinnützigen Verein überwechseln.

Es hatte vielerlei Gespräche und Diskussionen mit den Vertretern des Münchner Registergerichtes erfordert, bis diese sich grundsätzlich dem Verschmelzungsmodell geöffnet hatten. Die Kollegen der Kanzlei Ashurst hatten die vertraglichen Vorbereitungen unternommen, und in den beiden Mitgliederversammlungen am 20. Juli wurde bei beiden Vereinen einstimmig die Verschmelzung angenommen. Unter Leitung unseres Notars wird nun die Umsetzung vorbereitet und dem Münchner Registergericht zum finalen Entscheid vorgelegt. Wir sind optimistisch, dass der Entscheid positiv ausfällt.

Viel Zeit zur Entspannung haben wir nicht: Am 7. Oktober soll als erste Großveranstaltung des integrierten gemeinnützigen Verbandes der Corporate Transformation Day im Zukunftsforum des Deutschen Museums München stattfinden.

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Autor
Prof. Dr.-Ing. Kai Lucks

Prof. Dr.-Ing. Kai Lucks ist Gründer und Vorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions sowie Geschäftsführer des MMI Merger Management Instituts. Er arbeitete in verschiedensten Funktionen seit 35 Jahren im Siemens-Konzern und als Hochschullehrer, gilt als Architekt des Siemens-Ansatzes für M&A-Integration. Er ist Autor zahlreicher Artikel und Bücher, zuletzt des Praxishandbuches Industrie 4.0.

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