30.01.2025 | Prof. Dr. Christoph Schalast, Hans-Jörg Bergler

„Ich bleibe Anhänger des Standorts Deutschland“

Im Gespräch mit Prof. Dr. Christoph Schalast, Mitherausgeber der M&A REVIEW, gibt Hans-Jörg Bergler, Geschäftsführer der Merz Group, Einblicke in die internationale Ausrichtung des Familienunternehmens. Anlässlich einer aktuellen Übernahme für ein Tochterunternehmen, bei der Merz erstmals mit einem Private-Equity-Investor kooperiert, spricht er über M&A-Trends an der Schnittstelle von deutschem Mittelstand und globaler Wachstumsstrategie.

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Im Gespräch mit Prof. Dr. Christoph Schalast, Mitherausgeber der M&A REVIEW, gibt Hans-Jörg Bergler, Geschäftsführer der Merz Group, Einblicke in die internationale Ausrichtung des Familienunternehmens. Anlässlich einer aktuellen Übernahme für ein Tochterunternehmen, bei der Merz erstmals mit einem Private-Equity-Investor kooperiert, spricht er über M&A-Trends an der Schnittstelle von deutschem Mittelstand und globaler Wachstumsstrategie.

Prof. Dr. Christoph Schalast: Herr Bergler, kürzlich haben Sie bekannt gegeben, dass Merz erstmals eine Partnerschaft mit einem Private-Equity-Investor eingeht. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Hans-Jörg Bergler: Die Transaktion haben wir zum 1. Januar 2025 abgeschlossen. Wir haben hier eine innovative Struktur geschaffen, die für beide Seiten vorteilhaft ist. Oakley Capital ist alleiniger Gesellschafter von WindStar Medical, einem in Deutschland ansässigen Unternehmen im Bereich Fast Moving Consumer Goods, dessen Hauptmarken SOS und Zirkulin sind. Über Merz Lifecare sind wir mit den Marken tetesept, Brooklyn Soap und Merz Spezial in einem ähnlichen Marktsegment aktiv. Beide Unternehmen bedienen ähnliche Vertriebskanäle und bieten komplementäre Produktgruppen.

In den vergangenen Jahren haben wir verstärkt in M&A investiert, zuletzt diesen Sommer in ein an der NASDAQ notiertes US-Unternehmen. Da unser M&A-Budget nicht unbegrenzt ist, haben wir uns eine geeignete Transaktionsstruktur überlegt. Wir haben den Austausch mit Oakley gesucht und mögliche Synergien zwischen unseren Geschäften geprüft. Oakley zeigte Interesse an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit. Das Ergebnis ist eine Holdingstruktur, unter der WindStar Medical und Merz Lifecare zusammengeführt werden. Merz ist Mehrheitsgesellschafter der neuen Einheit Merz Lifecare Holding.

Möglich wurde dies durch die neue Konzernstruktur, die wir vor einigen Jahren eingeführt haben. Dabei wurden unsere drei Life-Science-Geschäftsfelder in rechtlich eigenständige Einheiten aufgeteilt. Oakley ist in dieser Konstellation Minderheitsgesellschafter ausschließlich im Bereich Life Care, nicht jedoch auf Gruppenebene. Selbstverständlich haben wir von Anfang an klare Regelungen für einen späteren Exit vereinbart. Die Details sind vertraulich, aber beide Partner sind mit der Lösung zufrieden.

Schalast: Sie haben vorhin Ihr Geschäft in den USA erwähnt. Könnten Sie diesen Deal noch einmal genauer erläutern?

Bergler: Dabei handelt es sich um den Erwerb zweier vermarkteter Assets des an der NASDAQ notierten US-Unternehmens Acorda Therapeutics durch unsere Tochtergesellschaft Merz Therapeutics. Dieser Kaufprozess fand erstmals im Rahmen eines gerichtlich strukturierten Verkaufsverfahrens statt. Wir haben dabei ein hohes Risiko auf uns genommen, das sich jedoch gelohnt hat. Die Übernahme erweitert unser Portfolio um spannende Produkte. Zudem wird sich unsere Belegschaft in den USA um mehr als 50 Prozent erhöhen, was einen signifikanten Ausbau unseres Geschäfts dort ermöglicht.

Schalast: Merz hat in den USA einen festen Standort in North Carolina. Wie gelingt es Ihnen, sich als deutsches Familienunternehmen in Nordamerika zu positionieren?

Bergler: Nordamerika ist aktuell unser größter Markt, was den starken Fokus erklärt. Der Markteintritt vor mehr als 15 Jahren erforderte viel Geduld. Möglich war dies durch unsere strategisch und unternehmerisch orientierten Gesellschafter. Unser Erfolg beruht auf gut getimten Akquisitionen – und ein bisschen Glück gehörte auch dazu. Nach zahlreichen Investitionen sind wir heute in einer sehr guten Ausgangsposition mit attraktiven Assets.

Schalast: Neben den USA ist Merz in 29 weiteren Ländern aktiv. Gibt es andere Märkte, in die Sie expandieren möchten?

Bergler: Wir prüfen kontinuierlich unsere Möglichkeiten in Asien, Lateinamerika und Europa. Die größten Wachstumsmärkte sehen wir derzeit in Asien und Lateinamerika. Unser Fokus liegt darauf, in Produkte zu investieren, die global vermarktet werden können. Eine reine Präsenz in einem Land oder einer Region ist oft nicht zielführend. Besonders im Bereich Ästhetik ist das Geschäft komplex, weshalb wir auf bestehende globale Vertriebswege setzen.

Schalast: Wie bewerten Sie in diesem Kontext den Standort Deutschland, der insbesondere bei Produktion und Expansion kritisch hinterfragt wird?

Bergler: Ich bin ein überzeugter Anhänger des Standorts Deutschland. Ich sehe zudem ein steigendes Interesse von Private-Equity-Investoren am deutschen Mittelstand. Die Frage ist jedoch, ob der Mittelstand dieses Interesse teilt. In den kommenden Jahren wird es wohl weniger auf externe Investments ankommen, sondern stärker auf eigene Investitionen.

Schalast: Könnte das „Merz“-Modell mit einem Finanzinvestor als Minderheitsgesellschafter als Vorbild für den Mittelstand dienen, etwa bei Nachfolgeproblemen?

Bergler: Ich bin überzeugt, dass innovative Modelle wie dieses Zukunft haben, weil sie gemeinsame Projekte ermöglichen und neue Lösungsansätze schaffen.

Schalast: Abschließend: Können Sie uns einen Einblick geben, welche Art von Übernahmen Sie in Zukunft anstreben?

Bergler: Wir realisieren immer wieder spannende Projekte. Wir haben Unternehmen aus dem VC-Bereich, Wachstumsfirmen und sogar Assets aus einem speziellen US Insolvenzverfahren übernommen. Unser Ziel bleibt es, weiter zu akquirieren, wenn sich attraktive Gelegenheiten bieten. Von 2010 bis 2014 haben wir stark investiert und viele Übernahmen getätigt. Zwischen 2015 und 2020 haben wir hingegen alle „non-core businesses“ verkauft, da die Marktbedingungen günstig waren. Jetzt sind wir wieder aktiv auf Expansionskurs.

Hans-Jörg Merz Group

Hans-Jörg Bergler, Geschäftsführer der Merz Group, im Interview mit Prof. Dr. Christoph Schalast.

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