04.07.2022

Interview mit Matthias Schranner, Verhandlungsexperte: „Man sollte die Gemeinsamkeiten hervorheben“

Interview, Special Topic

Matthias Schranner ist ehemaliger Polizist und hat für das FBI verhandelt. Heute erklärt der Experte anderen, wie eine Verhandlung gelingt und welche Verhaltensweisen tunlichst vermieden werden sollten. Auch auf dem Mittelstandstag M&A 2022 hat Schranner die Teilnehmer gebrieft – im Interview greifen wir noch einmal auf, worauf es bei Verhandlungen im Mittelstand ankommt.

LEBENSWERK: Wie haben Sie in Ihrem Berufsalltag Verhandlungen wahrgenommen, in denen ein mittelständischer Unternehmer mit potenziellen Käufern in Kontakt war – welche besonderen Herausforderungen gibt es in dieser Konstellation?

Matthias Schranner: Mittelständische Unternehmer sind meist sehr erfahren in Verhandlungen, der Verkauf des eigenen Unternehmens ist jedoch sehr viel schwieriger. Ein Unternehmen, das man selbst über viele Jahre aufgebaut und erfolgreich geführt hat, ist ein bisschen wie ein eigenes Kind. Die Verhandlungen sind deshalb sehr emotional. Zudem stehen mittelständische Unternehmer oft professionellen Käufern gegenüber, die wenig emotional und sehr erfahren an so eine Verhandlung rangehen und deshalb im Vorteil sind.

LEBENSWERK: Wie kann man (zu viel) Emotion aus Verhandlungen heraushalten?

Matthias Schranner: Die beste Lösung ist sicherlich, nicht selbst am Verhandlungstisch zu sitzen. Wir empfehlen, einem kleinen Verhandlungsteam ein klares Mandat für die Verhandlung zu geben. Es braucht ein Maximalziel und ein Minimalziel, zwischen diesen beiden Zielen ergibt sich das Verhandlungsmandat. Das Team kann anhand dieses Mandats selbst Entscheidungen treffen, ohne nachfragen zu müssen.

LEBENSWERK: Welcher Tipp gilt, wenn eine Verhandlung festgefahren ist, um doch noch weiterzukommen?

Matthias Schranner: Man fasst alle positiven Elemente zusammen, die bereits erreicht worden sind. In Konflikten sehen wir oft nur noch, was uns trennt, und nicht mehr, was uns verbindet. Deshalb sollte man in festgefahrenen Verhandlungen nicht den Konflikt betonen, wie beispielsweise „wir sind weit auseinander“, sondern man sollte die Gemeinsamkeiten hervorheben.

LEBENSWERK: Wann sollte eine Verhandlung abgebrochen werden?

Matthias Schranner: Immer dann, wenn man das Minimalziel nicht erreichen kann. Wichtig ist auch hier der respektvolle und positive Ausstieg. Man bedankt sich und hält die Türen für eine mögliche neue Verhandlung offen.

LEBENSWERK: Wie sich kann ein mittelständischer Unternehmer optimal auf eine anstehende Verhandlung im M&A-Kontext vorbereiten?

Matthias Schranner: Gut ist es sicherlich, externe Experten hinzuzuziehen. Man bekommt dadurch neue Sichtweisen und wird auf mögliche Schwierigkeiten frühzeitig hingewiesen.

LEBENSWERK: Welche No-gos gelten in unternehmerischen Verhandlungen?

Matthias Schranner: Wie in allen Verhandlungen braucht es eine respektvolle Kommunikation. Verhandlungen scheitern nicht an zu hohen Forderungen, sondern an respektloser Kommunikation.

LEBENSWERK: Herr Schranner, danke für Ihre Zeit und das gute Gespräch.

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Zum Experten: Matthias Schranner wurde von Polizei und FBI für schwierigste Verhandlungen ausgebildet. Als Berater unterstützt er mit seinem Institut die UN, globale Unternehmen und politische Parteien in schwierigen Verhandlungen. Er ist Autor der Bücher „Verhandeln im Grenzbereich“, „Der Verhandlungsführer“, „Teure Fehler“, „Faule Kompromisse“ und „Das Schranner Konzept®“, sowie Verfasser zahlreicher Publikationen. Matthias Schranner berät Entscheidungsträger in Politik und Business in mehr als 40 Ländern, u.a. USA, China, Russland, Ukraine und Japan.

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