M&A-Markt 2016: Politische Trends ändern Rahmenbedingungen für M&A-Transaktionen
Mit 2016 ging ein bewegtes M&A-Jahr zu Ende: Das niedrige Zinsniveau und fortschreitende Konsolidierung haben die globalen Wachstumsambitionen vieler Unternehmen weiter befeuert. Mit rund 220 Mrd. EUR wuchs das Gesamtvolumen deutscher M&A-Transaktionen gegenüber 2015 um rund 43% und erreichte einen vergleichbaren Spitzenwert wie 2014. Der Wert deutscher Auslandstransaktionen hat sich mit über 130 Mrd. EUR gegenüber 2015 mehr als verdreifacht und einen neuen Höchststand seit 2007 erreicht. Anders als 2015 haben deutsche Unternehmen im Ausland deutlich mehr investiert als ausländische Käufer in deutsche Firmen. Beim M&A-Presse Roundtable zum M&A-Markt 2016 von J.P. Morgan, Hengeler Mueller und der Boston Consulting Group (BCG) ließ man das vergangene M&A-Jahr Revue passieren, erläuterte die wirtschaftlichen und politischen Hintergründe der Trends und Transaktionen und ging auf Strategien ein, mit denen Unternehmen die wachsenden Herausforderungen bei sich verändernden Rahmenbedingungen meistern und im Transaktionsmarkt erfolgreich sein können.
2016 war auch ein Jahr der politischen Umbrüche: Brexit, Regierungswechsel in den USA und nationalstaatliche Regulierungsbestrebungen. Die M&A-Experten von Hengeler Mueller, J.P. Morgan und The Boston Consulting Group sind sich einig: Die politischen Parameter werden auch die Voraussetzungen für grenzübergreifende Transaktionen verändern. Käufer müssen auf die neue Komplexität vorausschauend und mit besseren Strategien reagieren.
Besonders die USA waren ein attraktives Akquisitionsland
Dirk Albersmeier, verantwortlich für das M&A-Geschäft des Finanzdienstleisters J.P. Morgan Chase & Co. in Europa, erklärt: „Mehr als die Hälfte des deutschen M&A-Volumens wurde 2016 durch Zukäufe im Ausland generiert. Besonders die USA waren erneut ein attraktives Akquisitionsland für deutsche Unternehmen.“ Bereits in den vergangenen fünf Jahren haben deutsche Unternehmen ihre Präsenz in den USA durch große Zukäufe stark gefestigt und von offenen europäischen und amerikanischen Kapitalmärkten profitiert. Und in einem nahezu ausgeglichenen Verhältnis haben in den vergangenen Jahren auch amerikanische Unternehmen in Deutschland zugekauft.
Anders sieht das Verhältnis mit Asien, besonders China, aus: Asiatische Akteure waren am deutschen M&A-Markt bisher nahezu unbedeutend. Dies hat sich 2016 deutlich geändert: „China ist plötzlich der größte ausländische Käufer für deutsche Unternehmen. Problematisch ist allerdings das Ungleichgewicht, das derzeit herrscht: Für deutsche Unternehmen bieten sich umgekehrt in China kaum Akquisitionsmöglichkeiten. Dieses Ungleichgewicht ist mittelfristig nicht gesund und muss adressiert werden“, so Albersmeier.
Wir stehen vor einem politischen Paradigmenwechsel
Während der chinesische Staat und Europa angesichts des Transaktionsbooms über verstärkte Regulierung nachdenken, haben der Brexit und der Regierungswechsel in den USA Bewegung in die politischen Voraussetzungen transnationaler M&As gebracht. Mögliche Einschränkungen des Freihandels lassen eine zunehmende protektionistische Abschottung und eine Begünstigung der heimischen Unternehmen vorausahnen. Obwohl sich in Großbritannien erste Brexit-begünstigte Transaktionen zeigen, erwarten die Experten von Hengeler Mueller, J.P. Morgan und BCG auch hier zukünftig stärkere protektionistische Gegenreaktionen. Hans-Jörg Ziegenhain, Partner bei Sozietät Hengeler Mueller, erklärt: „Der Globalisierungstrend der vergangenen Jahre hat die M&A-Aktivitäten weltweit angetrieben und befördert. Jetzt stehen wir vor einem politischen Paradigmenwechsel: Die Abkehr von der Internationalisierung der Volkswirtschaften und der neue Protektionismus werden sicherlich nicht ohne substanzielle Auswirkungen auf das M&A-Geschäft bleiben.“
Käufer brauchen bessere Strategien
Käufer ausländischer Unternehmen müssen auf diese neue Komplexität vorausschauend und mit besseren Strategien reagieren: „In Zeiten volatiler politischer Gegebenheiten ist es umso wichtiger, frühzeitig mögliche Reaktionen der Politik vorauszudenken und pro-aktiv vorzubereiten. Das Gleiche gilt bei kartellrechtlichen Bedenken“, sagt Alexander Roos, Partner bei BCG und weltweiter Leiter der Praxisgruppe Corporate Development bei der Managementberatung The Boston Consulting Group. Worauf es auch bei grenzübergreifenden M&As grundsätzlich ankommt, zeigt der aktuelle M&A Report von BCG Masters of the Corporate Portfolio: Firmen, die regelmäßig andere Unternehmen oder Unternehmensteile kaufen oder verkaufen, erzielen mittel- bis langfristig einen höheren Total Shareholder Return (TSR). Für Roos gilt zudem für internationale Transaktionen: „Oft müssen kulturelle Barrieren zwischen Käufern und Zielfirmen überwunden werden. Häufig unterscheiden sich Geschäftsgebaren, Führungsstile und Kommunikationsweisen erheblich. Lokale Due-Diligence-Experten sind wichtiger denn je, um etwa dem Arbeits- oder Umweltrecht oder den Verwaltungsstrukturen gerecht zu werden.“