10.12.2024 | Jens Linhardt

Unternehmenskäufe vereinfachen - Neue Gesetzesvorschläge im Überblick

Der Kauf und Verkauf von Unternehmen gehört zu den wesentlichen Weichenstellungen im Lebenszyklus vieler Familienunternehmen. Trotz seiner enormen Bedeutung ist der Unternehmenskauf in Deutschland bislang nicht umfassend kodifiziert, sondern beruht auf einer Vielzahl von Einzelregelungen und gerichtlichen Entscheidungen.

Der Kauf und Verkauf von Unternehmen gehört zu den wesentlichen Weichenstellungen im Lebenszyklus vieler Familienunternehmen. Trotz seiner enormen Bedeutung ist der Unternehmenskauf in Deutschland bislang nicht umfassend kodifiziert, sondern beruht auf einer Vielzahl von Einzelregelungen und gerichtlichen Entscheidungen. Vor allem aber hat sich in Deutschland eine an internationalen Standards orientierte, ausgeprägte Praxis etabliert, die insbesondere für professionelle
Berater bei der Erstellung und Verhandlung von Unternehmenskaufverträgen maßgeblich ist.

Tatsächlich sind jedoch nicht alle Parteien eines Unternehmenskaufvertrages stets von erfahrenen Anwälten beraten. Gerade mit Blick auf solche Fälle, aber auch um bestehende Unsicherheiten zu beseitigen und Vereinfachungen zu ermöglichen, hat die Konferenz der Justizminister einen Vorschlag erarbeitet, wie bisher nicht gesetzlich geregelte Fälle nunmehr normiert werden könnten. Was ist von diesen Ideen zur Kodifizierung des Unternehmenskaufs zu erwarten?

1. Form des Unternehmenskaufvertrages

Eine allgemeine gesetzliche Vorgabe, wonach beim Unternehmenskauf eine bestimmte Form einzuhalten ist, sucht man vergebens. Spezielle Formvorschriften ordnen jedoch häufig eine notarielle Beurkundung an. Problematisch sind insbesondere die Fälle, bei denen § 311b Abs. 3 BGB Anwendung findet. Dies ist namentlich beim Asset Deal, also beim Kauf nicht der Anteile, sondern der Vermögensgegenstände eines Unternehmens, relevant. Nach älterer Rechtsprechung des BGH findet diese Vorschrift dann Anwendung, wenn das gesamte Vermögen in „Bausch und Bogen“ übertragen wird, was in der Praxis zu Abgrenzungsproblemen führt.

Da ein Formverstoß beim Asset Deal die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge hat, werden solche Transaktionen in der Praxis in Zweifelsfällen sicherheitshalber beurkundet. Ein wichtiger Ansatz der Arbeitsgruppe lautet daher, den Unternehmenskauf ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich von § 311b Abs. 3 BGB auszunehmen.

Dieser Vorschlag ist zu begrüßen. Kosten der notariellen Beurkundung können insbesondere bei kleineren Unternehmen ins Gewicht fallen; die regelmäßig umfassenden Vertragswerke rechtfertigen es nicht immer, aus Gründen der Rechtssicherheit eine notarielle Beurkundung vorzuschreiben. Diese könnte weiterhin aus eigener Initiative vorgenommen werden. Darüber hinaus bleibt es in jedem Fall bei einer Beurkundungspflicht für den besonders relevanten Fall der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen.

2. Präzisierung des Gewährleistungsrechts in Bezug auf Unternehmenskäufe

Sowohl für den Share Deal als auch für den Asset Deal finden nach einhelliger Ansicht die allgemeinen Mängelrechte des BGB grundsätzlich Anwendung. In der Praxis werden diese allerdings regelmäßig abbedungen, weil sie als nicht interessengerecht wahrgenommen werden. Vielmehr wird ein völlig eigenständiges Haftungsregime im Kaufvertrag vereinbart. Dennoch finden die Mängelrechte des BGB immer dann Anwendung, wenn Mängel arglistig verschwiegen werden. Der Vorschlag geht dahin, das kaufrechtliche Mängelgewährleistungsrecht konkretisierend für Unternehmenskäufe zu kodifizieren.

Dies erscheint nur teilweise sinnvoll. Das Mängelgewährleistungsrecht in seiner jetzigen Form eignet sich bereits für Unternehmenskäufe. Jedenfalls durch Auslegung lassen sich Begriffe wie „übliche Verwendung“ oder „erwartbare Beschaffenheit“ schon jetzt auch in Bezug auf Unternehmen ermitteln. Eine Erweiterung der gesetzlichen Tatbestände könnte zwar für Parteien, die (un)freiwillig dem gesetzlichen Mängelgewährleistungssystem unterworfen sind, also im Falle arglistigen Handelns, hilfreich sein. Jedoch erscheint es aufgrund der großen Vielfalt innerhalb der Unternehmen trotzdem interessengerechter, für jeden Einzelfall ein passendes Konzept jenseits gesetzlicher Regelungen zu entwickeln. Soweit also durch diese Regelungen der Aufwand der Vertragsverhandlungen reduziert und die deutsche Rechtsordnung für Unternehmenskäufer attraktiver gemacht werden soll, führen die Bestrebungen ins Leere.

3. Entfall von Zustimmungspflichten beim Asset Deal

Einer der zentralen Vorschläge der Arbeitsgruppe betrifft den Asset Deal: Bisher müssen bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern häufig die Vertragspartner zustimmen (z.B. Vermieter oder Vertragspartner von Kundenverträgen). Dies erschwert den Vollzug von Asset Deals erheblich. Die Kommission schlägt vor, diese Zustimmungspflichten zu lockern, um eine Übertragung der Vermögenswerte auch ohne die explizite Zustimmung Dritter zu ermöglichen.

Eine solche Gesetzesänderung könnte Asset Deals erheblich beschleunigen und Hemmnisse beseitigen. Es wäre insofern eine erfreuliche Entwicklung. Betrachtet man allerdings die Seite des Vertragspartners, muss dieser mit Blick auf die Vertragsfreiheit sicherlich in manchen Fällen auch die Möglichkeit haben, dem Vertragsübergang wenigstens nachträglich widersprechen zu können. Im Falle eines Widerspruchs wären auch nach einer solchen Gesetzesänderung Garantien und Rücktrittsvorbehalte in den Vertrag mitaufzunehmen, um den Verlust des betreffenden Vertrages zu behandeln. Der Vorschlag lässt diese Fragen offen und löst daher die vorhandenen Hindernisse beim Asset Deal nicht vollständig.

4. Unternehmenskauf und Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

Seit jeher umstritten ist die Frage, ob Unternehmenskaufverträge der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen. Die Regelungen des AGB-Rechts verfolgen den Zweck des Schutzes strukturell unterlegener Vertragsparteien und sind daher als zwingendes Recht einzustufen. In der M&A-Praxis wird teilweise versucht, einer AGB-Kontrolle auszuweichen, indem vertraglich die Geltung einer anderen Rechtsordnung vorgesehen wird und die Streitbeilegung auf Schiedsgerichte ausgelagert wird. In den meisten Fällen vertrauen die Parteien jedoch schlicht darauf, dass der Vertrag nicht unvorhergesehene Haftungsfolgen mit sich bringt, weil die Bestimmungen als AGB gewertet werden könnten.

Schon länger drängt die Praxis darauf, Unternehmenskäufe ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der AGB-Vorschriften auszunehmen. Dies schlägt nun auch die Arbeitsgruppe vor. Die vollständige Nichtanwendbarkeit der AGB-Vorschriften bei Unternehmensverkäufen wird angesichts ihres Schutzzwecks, insbesondere bei Verkäufen von kleinen oder mittelständischen Familienunternehmen, jedoch als zu weitreichend empfunden. Einschränkend wird daher diskutiert, AGB-Recht auf den Vertrag nur dann nicht anzuwenden, wenn an der Transaktion nur „große“, also weniger schützenswerte Marktteilnehmer beteiligt sind. Welche Maßstäbe für die Einordnung als „großer“ Marktteilnehmer gelten, wird von der Arbeitsgruppe weitgehend offengelassen.

Eine gesetzgeberische Klärung der Frage, ob Unternehmenskaufverträge einer AGB-Kontrolle unterliegen, ist aus Gründen der Rechtssicherheit längst überfällig. In der Praxis wird häufig von der Nichtanwendbarkeit des AGB-Rechts ausgegangen, ohne dies durch entsprechende Vertragsgestaltung abzusichern. Die sich hieraus ergebende Rechtsunsicherheit würde endlich beseitigt werden.

5. Fazit: Reformen ohne Folgen?

Die vorgeschlagenen Neuerungen zielen darauf ab, den Unternehmenskauf in Deutschland effizienter und rechtssicherer zu gestalten. Familienunternehmen, die vor der Herausforderung eines Nachfolgeprozesses oder einer Unternehmensübernahme stehen, könnten von den geplanten Reformen profitieren, indem sie geeignetere rechtliche Leitlinien erhalten und die Transaktionskosten gesenkt werden. Insbesondere mit Blick auf Formerleichterungen, den gesetzlichen Vertragsübergang beim Asset Deal und den Ausschluss des AGB-Rechts gehen die Vorschläge in die richtige Richtung. Wann und ob sie tatsächlich umgesetzt werden, ist dagegen unklar.

Vor allem aber bleibt der Reformentwurf an den entscheidenden Stellen zu unkonkret, um die geplanten Erleichterungen tatsächlich zu bewirken. Die Kommission geht zum Teil auch von falschen Voraussetzungen in der Praxis aus. So wäre auch nach einer Gesetzesänderung den Vertragsparteien dringend zu empfehlen, unter Einbeziehung von Beratern die Besonderheiten der jeweiligen Transaktion herauszuarbeiten, diese spezifisch im Vertrag zu regeln und dies mit der Gegenseite zu verhandeln. Sich allein auf den Standardfall eines gesetzlich normierten Unternehmenskaufvertrages zu verlassen, könnte auch nach der Reform unerwünschte Folgen mit sich bringen. Wann und in welchem Umfang der Vorschlag durch eine neue Regierungskoalition in einen Gesetzentwurf gegossen wird, bleibt angesichts der jüngsten Entwicklungen ohnehin abzuwarten.

Autor
Jens Linhardt

Jens Linhardt ist Rechtsanwalt und Associate Partner bei der Rödl & Partner Rechtsanwaltsgesellschaft in Nürnberg. Er ist im Bereich Transaktionsberatung/M&A und Gesellschaftsrecht tätig und begleitet nationale und internationale Unternehmen, deren Inhaber sowie Finanzinvestoren bei Unternehmenskäufen, Kapitalmaßnahmen, Venture-Capital-Investments und Finanzierungen.

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