Verkauf des Familienunternehmens
Einen möglichen Verkaufsprozess im Rahmen einer Strategiediskussion im Gesellschafterkreis ergebnisoffen zu diskutieren, kann für alle Beteiligten erleichternd sein und muss nicht zwangsläufig zum Verkauf führen. Wenn aber doch, ist eine gute Vorbereitung alles.
Ein zu Unrecht tabuisierter und kolossal unterschätzter Prozess
Einen möglichen Verkaufsprozess im Rahmen einer Strategiediskussion im Gesellschafterkreis ergebnisoffen zu diskutieren, kann für alle Beteiligten erleichternd sein und muss nicht zwangsläufig zum Verkauf führen. Wenn aber doch, ist eine gute Vorbereitung alles.
Die Vorbereitung eines Verkaufsprozesses
Die Vorbereitung eines möglichen Verkaufsprozesses beginnt nicht mit Aspekten der Überlegungen einer Käufersuche, der Vorbereitung von Verkaufsunterlagen oder der Fragestellung, welche Berater in welcher Zeitschiene hinzugezogen werden sollten. Stattdessen möchten wir das Augenmerk auf den vorgelagerten Zeitraum richten.
Das Maß der persönlichen Bindung macht im Verkaufsprozess einen enormen Unterschied: Hat man das Unternehmen selbst auf- oder ausgebaut, war man nur kurz Gesellschafter oder hat man eine große Distanz zum Unternehmen? Die Fälle, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten begleiten durften, haben gezeigt, dass es sich nicht um ein rein finanzmathematisches Thema handelt, sondern es in hohem Maß emotional zugeht. Es geht um weit mehr als nur den höchsten Kaufpreis. Hier fängt in Familien das Problem nicht selten an: Was ist für mich wichtig? Der Käufer, die Fortführungsstrategie oder nur der Kaufpreis?
Gründe für einen Beteiligungsverkauf
Warum kommt es überhaupt zum Verkauf eines Familienunternehmens? Es gibt verschiedenste Anlässe, die meisten stellen einen gewissen Wendepunkt in der Unternehmensbiografie dar:
Schieflage oder vielleicht sogar drohende Insolvenz zwingen die Gesellschafter zum Handeln.
Krankheit oder Tod eines Leistungsträgers, nicht selten
des Geschäftsführenden Gesellschafters.
Das Fehlen eines geeigneten Nachfolgers
Unüberbrückbarer Streit im Gesellschafterkreis
Strategische Gründe
Die Gründe sind individuell und vielschichtig. Besonders bei alten Familienunternehmen geht es in den seltensten Fällen um das „Kasse machen“, auch wenn die Öffentlichkeit das fast immer als treibenden Faktor darstellt.
Man hat oft den Eindruck, dass ein Verkauf plötzlich, geradezu unerwartet kommt. Dies ist in den wenigsten Fällen richtig. Wenn doch, dann muss man den handelnden Personen schon einen gewissen Vorwurf machen, denn die Aufgabe der Inhaber ist es nicht nur, sich mit der Strategie und deren Umsetzung zu beschäftigen, sondern auch die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, sei es personeller oder finanzieller Art.
Entsprechend sollte ein Gesellschafterkreis genügend Zeit haben, im Vorfeld eines Verkaufs mögliche Alternativen zu diskutieren bzw. zu erarbeiten. Allerdings gibt es in vielen Unternehmerfamilien große Vorbehalte, das hoch emotionale Thema überhaupt anzugehen: „Da kann ich mit meinem Vater/meiner Mutter nicht darüber sprechen“ oder „Da ist mein Onkel in jedem Fall dagegen“ oder „Großvater würde sich im Grabe umdrehen“, hören wir häufig in unserer Beratungspraxis.
Und in der Tat war in fast allen Prozessen, an denen wir mitwirken durften, die erste Phase von großer Unsicherheit geprägt, sehr schmerzlich und emotional aufrührend. Es kommt nicht selten zu erheblichen Belastungen der persönlichen Beziehungen. Umso besser und befreiender ist es aber, wenn man einen gemeinsamen Lösungsweg gefunden hat. Dieser gemeinsame Findungsprozess dauert länger und hat viele Windungen, ist aber notwendig, um alle Beteiligten auf den anstehenden Verkaufsprozess vorzubereiten.
Die Weitergabe an Investoren
Einen Verkaufsprozess haben die wenigsten Gesellschafter erlebt, und schon gar nicht für das eigene Unternehmen. Idealerweise durchdenkt man diesen Prozess ergebnisoffen gemeinsam mit einem Profi. „Ergebnisoffen“ ist hierbei zentral. Wir sind davon überzeugt, dass das Abwägen des Für und Wider eines Unternehmensverkaufs eine ganz normale strategische Überlegung in Inhaberfamilien sein sollte. Man muss sich vor Augen führen, dass ein möglicher Verkaufsprozess letztlich nichts anderes als Teil einer Inhaberstrategie ist. Gesellschafter müssen sich fragen: „Ich habe einen Teil meines Vermögens in der Assetklasse Familienunternehmen. Passt dieser Anteil im Verhältnis zum Gesamtvermögen? Wie ist das Risikoprofil? Wie gut/schlecht funktioniert die Zusammenarbeit mit den Miteigentümern? Wie steht es um die Fungibilität meines Anteils? Glaube ich in dem Setup an eine gute Zukunft?“ Heute kommen auch Aspekte wie Carbon Footprint oder öffentliche Wahrnehmung dazu. Last but not least, passt das Unternehmen bei all der zu Recht empfundenen Verantwortung zu meiner Lebensplanung?
Der wichtigste Punkt für das Gelingen oder eben auch Misslingen von Partnerschaften zwischen Investoren und Familienunternehmen wird selten genannt: Die veräußernde Familie muss wissen, was sie will! Klingt einfach, ist es aber nicht. Bei einem (Teil-)Verkauf die Interessen aller Familiengesellschafter unter einen Hut zu bringen, gepaart mit der Berücksichtigung der strategischen Bedürfnisse des Unternehmens, ist herausfordernd. Hinzu kommt: Ein Investoreneinstieg geht immer mit großen Veränderungen einher. Einen Einstieg unter der Prämisse „alles bleibt, wie es ist“, gibt es eigentlich nicht. Und für die veräußernde Familie ist der (Teil-)Verkauf ihres Unternehmens fast immer der größte Einschnitt in der Unternehmensgeschichte. Es entstehen neue Dynamiken in der Führung, in der Unternehmenskultur und nicht zuletzt in der Familie.
Diesen unweigerlich eintretenden Veränderungsprozess zu antizipieren, ist erfolgsentscheidend! Eine Unternehmerfamilie muss sich im Vorfeld fragen: Was wollen wir als Familie? Welchen Einfluss wollen wir haben? Können wir aushalten, dass eine ganz andere Kultur entsteht? Wie gehen wir damit um, wenn Schlüsselpositionen neu besetzt werden – vielleicht sogar man selbst gebeten wird, die Position zu räumen? Oder wie erträgt man es, wenn etwa das Unternehmen komplett verlagert wird? Viele Unternehmer arbeiten ihr Leben lang daran, Banken aus dem Unternehmen herauszuhalten. Und dann wird auf einmal eine Verschuldung in einer kaum vorstellbaren Größe auf das Unternehmen gepackt? Der Ansatz ist gar nicht grundsätzlich zu verteufeln. Es gibt auch genug Positivbeispiele. Nur sollte man sich im Vorfeld in der Familie mit den Konsequenzen intensiv beschäftigen. Und das ist viel zu selten der Fall! Wir empfehlen Unternehmerfamilien, sich lange vor einem ersten Gespräch mit einer Bank oder einem M&A-Berater in der Familie zusammenzusetzen und die angesprochenen Themen zu erarbeiten. Wenn wir solche Prozesse begleiten, erarbeiten wir mit der Familie gemeinsam, welches der individuell richtige Weg ist. Dieser Prozess des Abwägens findet zwar in jedem Fall statt. Nur, wenn man bereits mitten in einer Transaktion steckt, wird es viel schwieriger, noch die individuellen Wünsche zu berücksichtigen. In dieser Phase mehrere Gesellschafter unter einen Hut zu bekommen, gelingt oft nur noch über Geld. Letzteres spielt eine Rolle, aber es sollten die anderen Aspekte ausgewogen mitberücksichtigt werden.
Das Erfordernis einer regelmäßigen Bestandsaufnahme
Wie eingangs gesagt, ist ein Verkaufsprozess hochkomplex. Diese Komplexität unter Zeitdruck zu managen, führt nicht zu den besten Ergebnissen. Es gilt auch zu bedenken, dass man in der Regel keine Spezialabteilung für M&A hat, die unterstützen kann. Auch möchte man den Umstand, dass man sich mit einem möglichen Verkauf beschäftigt, weder im Unternehmen noch in der Öffentlichkeit diskutieren. Daher ist man auf externe Experten angewiesen.
Und dann spielt natürlich auch die Höhe des zu erwartenden Verkaufserlöses eine nicht unwichtige Rolle. Oft wird der Wunsch zum Verkauf von einer Partei in den Gesellschafterkreis hineingetragen, in vielen Fällen leider mit Vorstellungen, die nur bedingt etwas mit der Realität zu tun haben. Berater und Banken haben nicht selten schon einmal mögliche verlockende Kaufpreise genannt – natürlich nur ganz ungefähr und ohne Gewähr. Dabei wird häufig übersehen, dass Investmentbanken – ähnlich wie Makler am Immobilienmarkt – häufig mehr versprechen, als der Markt am Ende halten kann.
Wir empfehlen in regelmäßigen Abständen, einmal darüber nachzudenken, ob die heutigen Gesellschafter noch – wie wir sagen – „best owner“ sind. Kommt man zu der Überzeugung, dass man sich aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Nachfolgesituation oder auch anderer Gründe nicht mehr stark genug fühlt, sollte man sich strukturiert mit allen Optionen auseinandersetzen.