Beitragsreihe zur FDI Screening-VO: One screeing fits all?
Einführung
1. Einleitung
Der Wunsch nach mehr Kontrolle über ausländische Direktinvestitionen ist in den vergangenen Jahren immer stärker in den politischen Fokus gerückt. Das deutsche Investitionsprüfungsregime ist nur eines von vielen in Europa, die in den letzten Jahren mehrere Verschärfungen erfahren haben. Jüngster Katalysator für die Änderungen auf europäischer Ebene war und ist die Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union („FDI Screening-VO“).
Seit Einführung der FDI (Foreign Direct Investment) Screening-VO haben 24 der 27 EU-Mitgliedstaaten laut der EU-Kommission1 entweder:
(a) ein neues nationales FDI-Screening-Verfahren eingeführt,
(b) einen bestehenden Mechanismus angepasst oder
(c) einen Konsultations- oder Gesetzgebungsprozess eingeleitet, der (i) zur Annahme eines neuen Mechanismus‘ oder (ii) zur Änderung eines bestehenden führen soll:
(a) Tschechische Republik, Malta, Dänemark, Slowenien, die Slowakische Republik
(b) Österreich, Frankreich, Deutschland, Finnland, Ungarn, Italien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Spanien
(c) (i) Niederlande, Portugal
(c) (ii) Belgien, Estland, Griechenland, Irland, Luxemburg, Schweden
Keine Initiative: Bulgarien, Kroatien, Zypern
Der vorliegende Beitrag ist der erste in einer Beitragsreihe, die die Auswirkungen der FDI Screening-VO in verschiedenen europäischen Ländern sowie der Schweiz als EFTA-Staat miteinander vergleichen will. Vorgestellt werden die Investitionsprüfungsregime von sechs Ländern, hier oben in Fettdruck; hinzu kommt die Schweiz als EFTA-Staat, und zwar in folgender Reihenfolge: Deutschland, Niederlande, Österreich, Polen, Frankreich, Schweiz. Der Vergleich zwischen den Ländern wird zeigen, dass mehr Gemeinsamkeiten bestehen als man zunächst erwarten würde, die Herangehensweisen an die praktischen Herausforderungen aber mitunter ganz unterschiedlich sind, sodass der Blick über die Grenze sehr lehrreich sein kann.
2. Hintergründe und Zielsetzungen der FDI Screening-VO
Die Verordnung ist das Ergebnis verschiedener Forderungen an die Europäische Kommission. Im Februar 2017 richteten die Wirtschaftsminister Frankreichs, Italiens und Deutschlands Sapin, Calenda und Zypries ein Schreiben an die EU-Handelskommissarin Malmström2 und riefen die EU-Kommission dazu auf, Vorschläge für einen EU-weiten Rahmen für die nationalen Investitionsprüfungen zu erarbeiten. Ein ähnlicher Vorstoß findet sich in einem Vorschlag von zehn Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus März 2017.3 In beiden Aufrufen wird thematisiert, dass die Investitionsfreiheit in der EU zum Schutz der Union Beschränkungen erfahren müsse, sie eine gewisse Reziprozität beim Investment in anderen Nicht-EU-Staaten voraussetze und ein Eingreifen zugunsten der nationalen Sicherheitsinteressen insbesondere dann möglich sein müsse, wenn Investitionen durch staatliche Beihilfen subventioniert würden.4
Zentrale Zielsetzung der FDI Screening-VO ist der Schutz der Sicherheit und öffentlichen Ordnung und die Vereinheitlichung des Investitionsprüfungsregimes innerhalb der EU. So seien „ausländische Investoren in Einzelfällen bestrebt […], europäische Unternehmen, deren Aktivitäten Auswirkungen auf kritische Technologien, Infrastruktur, Ressourcen oder vertrauliche Informationen haben, unter ihre Kontrolle zu bringen oder Einfluss über sie zu gewinnen.“5 Solche Akquisitionen könnten es ermöglichen, dass „diese Vermögenswerte nicht nur auf Kosten des technischen Vorsprungs der EU, sondern auch zulasten der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung der EU“ genutzt werden.6