Beitragsreihe FDI Screening-VO: One screening fits all?
Teil 4: Polen
Der Beitrag ist Teil einer Reihe zur FDI Screening-Verordnung, deren Umsetzung in den EU-Staaten und ihrem Einfluss auf M&A-Transaktionen. Nachstehend wird ein Überblick über die polnischen Regelungen infolge des Inkrafttretens der Novelle des Gesetzes über die Kontrolle mancher Investitionen gegeben, die unter anderem der Anpassung der nationalen Regelungen an die FDI Screening-Verordnung galt.
1. Bisherige Rechtslage – Gesetz aus dem Jahr 2015 über die Kontrolle bestimmter Investitionen
In Polen bestand eine Regelung zur Kontrolle direkter ausländischer Investitionen lange vor dem Erlass der Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union („FDI Screening-VO“). Grundlage hierfür war das Gesetz vom 24. Juli 2015 über die Kontrolle mancher Investitionen1, welche auf einzelne strategische Sektoren wie Energiewirtschaft, Sprengstoffherstellung, chemische Industrie und Telekommunikation beschränkt war.
Die geschützten Unternehmen sind mit Firmennamen in den jeweiligen Umsetzungsbestimmungen genannt, das heißt in der Verordnung des Ministerrates, die regelmäßig aktualisiert wird. Der 2015 geschaffene Kontrollmechanismus besteht weiterhin fort. Momentan befinden sich 15 Unternehmen auf der Liste des Ministerrates2. Die Liste ist nicht auf staatliche Unter-nehmen beschränkt und umfasst sowohl staatseigene Unternehmen als auch Firmen aus dem Privatsektor. Das jeweilige in der Auflistung genannte Staatsorgan, grundsätzlich der Minister für Staatsvermögen beziehungsweise der Verteidigungsminister, kann Investitionen widersprechen, die unter anderem zur Übernahme von 20% oder mehr Anteilen am Stammkapital des geschützten Unternehmens führen würden. Anders als im Falle der FDI Screening-VO ist die Kontrolle auf alle Investoren anwendbar, unabhängig von der Nationalität des jeweiligen Investors. Des Weiteren sind für die Kontrolle nicht der Präsident des Amtes für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz3, sondern ausschließlich die jeweiligen in der Verordnung des Ministerrates genannten Staatsorgane zuständig.
Dem Gesetz nach hat der Investor sein Investitions-vorhaben dem zuständigen Staatsorgan in der vorgeschriebenen Form anzuzeigen. Dieses ist dann berechtigt, binnen 90 Tagen einen Widerspruch gegen das Investitionsvorhaben zu erklären. Der Widerspruch kann in den gesetzlich zugelassenen Fällen ausgesprochen werden, insbesondere zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung oder der Sicherheit.
Eine Transaktion ohne die erforderliche Anmeldung beziehungsweise entgegen dem Widerspruch des jeweiligen Ministers ist nichtig.
2. Neue FDI Screening-Regelungen ab 24. Juli 2020 in Kraft
Im Rahmen des sogenannten „Anti-Krisen-Schutzschildes 4.0“4 wurde das oben erwähnte Gesetz über die Kontrolle direkter ausländischer Investitionen wesentlich erweitert. Die Novelle ist am 24. Juli 2020 in Kraft getreten, und ihre Geltungsdauer wurde erstmal auf 60 Monate ab dem Inkrafttreten beschränkt5. Mit der Novelle wurde ein weiterer Kontrollmechanismus von M&A-Transaktionen in bestimmten strategischen Wirtschaftssektoren eingeführt. Im Vergleich zu der bisherigen Rechtslage wurde eine separate Liste der strategischen Sektoren aufgestellt. Wichtig ist, dass durch diese Regelung der bestehende Kontrollmechanismus aus dem Jahr 2015 nicht ersetzt, sondern eine weitere Investitionskontrolle eingeführt wird, welche parallel funktionieren soll.
Nach den Richtlinien, die durch das Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz zur Erläuterung der neuen Regelung veröffentlicht wurden6, soll dadurch die polnische Industrie vor „feindlichen Übernahmen“ seitens Investoren von außerhalb der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development – OECD) geschützt werden. Die Freistellung der OECD-Investoren wurde in der Schlussphase der Gesetzgebungsarbeit hinzugefügt und mildert die Auswirkungen der neuen Regeln erheblich, da nicht nur Investoren aus der EU und aus EWR-Staaten, sondern auch die aus den der OECD angehörenden Staaten, wie unter anderem aus den USA, Kanada, Australien, Israel sowie Japan, davon profitieren können.