Interview mit Wolfgang Grupp, Geschäftsführer TRIGEMA
Wolfgang Grupp führt seit 1969 das Textilunternehmen TRIGEMA. Er produziert zu 100% in Deutschland, unter seiner Ägide gab es nie Kurzarbeit, dafür Jobgarantien für die Mitarbeiter – Versprechen, die Grupp auch angesichts der aktuellen Krisen halten will. Im Interview erklärt der Unternehmer, warum er sich dabei eine andere Haltung der Politik wünscht und wie er TRIGEMA bisher durch Unwägbarkeiten geführt hat – zwischen Tradition und Wandel. Außerdem geht es um seine Pläne für die eigene Nachfolge: zwei Kinder, ein Unternehmen.
LEBENSWERK: Herr Grupp, wie geht es TRIGEMA aktuell?
Wolfgang Grupp: TRIGEMA ist komplett autark mit einer Eigenkapitalquote von 100%. Wir sind von niemandem abhängig – ich kann frei alle Entscheidungen treffen.
LEBENSWERK: Wie wirken sich die vielen globalen Krisen auf TRIGEMA aus – Krieg in der Ukraine, Inflation oder Energiepreisanstieg?
Wolfgang Grupp: Die heutige Lage ist katastrophal. Die Grundenergie für das Unternehmen ist Gas. Wir betreiben zwei Gasturbinen, arbeiten mit Kraft- und Wärmekopplung und benötigen dafür immense Gasmengen.
LEBENSWERK: Gas, das immer teurer wurde.

Wolfgang Grupp. (c)TRIGEMA
Wolfgang Grupp: 2020 lagen unsere Gaskosten bei monatlich 100.000 EUR, 2021 waren es bereits 200.000 EUR. Aktuell (Anm. d. Red.: August 2022) bezahlen wir 1 Mio. EUR im Monat für Gas: 12 Mio. EUR Energiekosten jährlich – das ist weder kalkulierbar noch durchzuhalten. Ich habe Reserven, mit denen wir zwei, drei Jahre überbrücken können. Langfristig aber sind diese Kosten nicht tragbar. Ich kann diese Preisexplosion nicht auf unser Produkt aufschlagen – niemand kauft ein Polohemd, das plötzlich mehr als das Doppelte kostet. Die Entwicklung ist gravierend, die Situation nicht dauerhaft haltbar.
LEBENSWERK: Haben Sie Alternativen?
Wolfgang Grupp: Wir tun alles, um schnell auf Öl umzusteigen, aber dieser Prozess dauert nun einmal auch. Im Prinzip zahle ich für Fehlentscheidungen der Politik mit meinen Reserven. Anders als die Regierenden hafte ich mit meinem gesamten Privatvermögen. Politiker machen große Sprüche und lassen den Bürger bezahlen.
LEBENSWERK: Was hat die Politik falsch gemacht?
Wolfgang Grupp: Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hätte nie zum Krieg werden dürfen – es hätte schon vor Jahren eine diplomatische Lösung gefunden werden müssen. Macht sich ein Staat 20 Jahre abhängig von russischem Gas und erklärt Russland dann plötzlich zum Feind, ist da sicher vieles falsch gelaufen!
LEBENSWERK: Wie könnte die Regierung die Energiekrise besser handhaben?
Wolfgang Grupp: Es macht keinen Sinn, diesen Krieg voranzutreiben und weiter Waffen zu liefern – der diplomatische Weg müsste schon lange eingeschlagen werden. Allein: Wer sich traut, das zu sagen, wird von allen Seiten kritisiert. Da verstehe ich die Welt nicht mehr. Gibt es Meinungsverschiedenheiten, setzt man sich auseinander, verständigt sich. Für Unternehmer ist die jetzige Situation unhaltbar und das Agieren der Politik absolut unverständlich. Wir senden für Milliarden Euro Waffen in die Ukraine. Wladimir Putin wird diesen Krieg nicht verlorengeben – und auch die deutsche Industrie wird gravierende Probleme bekommen.