11.05.2023 | Susanne Rademacher

Investitionsbeziehungen Deutschland/China – Mein Eindruck nach dem Besuch von Außenministerin Baerbock in China

Seit Jahrzehnten bilden die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China einen maßgeblichen Pfeiler der Beziehungen beider Länder. Lange wurde diese wirtschaftliche Verflechtung begrüßt und gefördert. Chinas dreijährige Abschottung durch die „Zero-Covid-Strategie“, der Krieg Russlands in der Ukraine und die zunehmende Politisierung der Wirtschaft durch die Kommunistische Partei Chinas haben in Deutschland die Sorge vor dieser wirtschaftlichen Verflechtung verstärkt. In diese Stimmung hinein begab sich Annalena Baerbock auf ihre erste Chinareise als deutsche Außenministerin und sprach dabei ausführlich mit Vertretern der deutschen Wirtschaft in China. Wir alle, die an diesem Austausch direkt beteiligt waren, haben mit Erleichterung vernommen, dass das Außenamt keine Entkoppelung von China anstrebt.

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Seit Jahrzehnten bilden die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China einen maßgeblichen Pfeiler der Beziehungen beider Länder. Lange wurde diese wirtschaftliche Verflechtung begrüßt und gefördert. Chinas dreijährige Abschottung durch die „Zero-Covid-Strategie“, der Krieg Russlands in der Ukraine und die zunehmende Politisierung der Wirtschaft durch die Kommunistische Partei Chinas haben in Deutschland die Sorge vor dieser wirtschaftlichen Verflechtung verstärkt. In diese Stimmung hinein begab sich Annalena Baerbock auf ihre erste Chinareise als deutsche Außenministerin und sprach dabei ausführlich mit Vertretern der deutschen Wirtschaft in China. Wir alle, die an diesem Austausch direkt beteiligt waren, haben mit Erleichterung vernommen, dass das Außenamt keine Entkoppelung von China anstrebt.  

China war 2022 Deutschlands wichtigster Handelspartner (298,6 Mrd. EUR), gefolgt von den USA (248,2 Mrd. EUR) und Niederlanden (230,7 Mrd. EUR). Deutschland exportiert aber am meisten in die USA (156,2 Mrd. EUR), Frankreich (116 Mrd. EUR) und Niederlande (110,7 Mrd. EUR). Deutschland importiert die meisten Waren aus China (191,8 Mrd. EUR), gefolgt von den Niederlanden (120,0 Mrd. EUR) und den USA (92 Mrd. EUR). Den höchsten Exportüberschuss erzielt Deutschland mit den USA (64,2 Mrd. EUR) und den höchsten Importüberschuss (84,9 Mrd. EUR) mit China. Die meisten deutschen Exporte nach China sind Maschinen, Chemikalien, Fahrzeuge und Elektronikprodukte, während deutsche Importe aus China hauptsächlich Elektronikprodukte, Textilien und Spielwaren umfassen. 

Direktinvestitionen bilden neben dem Handel den zweiten wesentlichen Teil der Wirtschaftsbeziehungen beider Länder. Deutsche Direktinvestitionsbestände in China lagen laut Angaben der Deutschen Bundesbank 2020 bei knapp 90 Mrd. EUR (6,8%) der gesamten deutschen Auslandsdirektinvestitionsbestände. Ein viel höherer Anteil entfiel auf die EU (34%) und USA (27%). Der Direktinvestitionsbestand Chinas in Deutschland lag 2020 bei etwa 18,5 Mrd. EUR. Damit lag Deutschland 2020 auf Platz 8 der Zielländer chinesischer Direktinvestitionen im Ausland.  

Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung legt daher nicht unbedingt eine wechselseitige Abhängigkeit beider Länder nahe. Für bestimmte Unternehmen/Industrien ist dies anders, so dass diese sich gegen Abhängigkeiten absichern müssen. Dieses bedeutet aber nicht stets einen Abbau von Investitionen im jeweils anderen Land, sondern kann auch das Gegenteil bedeuten, falls dies zur Diversifikation von Investitionsstandorten, Absicherung von Lieferketten beziehungsweise der Bedienung von Kunden vor Ort sinnvoll ist. Daher kann weiter mit Investitionsaktivitäten zwischen China und Deutschland unter anderem im Bereich Erneuerbarer Energien, Infrastruktur, Hightech, Mobility und E-Commerce gerechnet werden. China setzt auf Diversifizierung und neue Technologien. Deutschland kann unter anderem in den Bereichen Mobility, E-Commerce, Gaming etc. von Investitionen in China profitieren und das so gewonnene Know-how in Deutschland nutzen. Investitionen in Deutschland ermöglichen es chinesischen Unternehmen, ihr Risiko zu streuen und ihr Portfolio zu diversifizieren. 

Was beide Ländern dafür brauchen, ist eine werteorientierte und merkantilistische Außenpolitik und Strategie, die den Herausforderungen in Bezug auf Umwelt, Wirtschaft und Geopolitik gerecht wird. Dies setzt die beiderseitige Fähigkeit voraus, sich in das Denken des anderen hineinzuversetzen und zu erkennen, was den anderen antreibt und auf Basis welcher Geschichte der andere seine Wirklichkeit konstruiert. Kein Land ist dabei gut beraten, zu selbstbezogen zu agieren, dies führt zu Entfremdung und Selbstüberschätzung. 

Susanne Rademacher
Autor
Susanne Rademacher

Susanne Rademacher ist Partnerin und Standortleiterin des Büros China bei ADVANT Beiten, Mitglied der Praxisgruppe Corporate/M&A und Vorständin der AHK Norchina.

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