22.03.2023 | Dr. Stefan Mauersberger

Wer Widerstandsfähigkeit möchte, für den führt kein Weg an den Mitarbeitenden vorbei

Die Multikrisen der vergangenen Monate haben die Kräfteverhältnisse in der Arbeitswelt verschoben. Auch mittelständische Unternehmen bekommen dies mit Megatrends wie Quiet Quitting und dem anhaltenden Fachkräftemangel immer mehr zu spüren. Die eigene Widerstandsfähigkeit zu stärken ist demnach für viele Unternehmen zum Dauerbrenner geworden – und Mitarbeitende sind der zentrale Schlüssel dazu.

LEBENSWERK, Small & Midcaps

Die Multikrisen der vergangenen Monate haben die Kräfteverhältnisse in der Arbeitswelt verschoben. Auch mittelständische Unternehmen bekommen dies mit Megatrends wie Quiet Quitting und dem anhaltenden Fachkräftemangel immer mehr zu spüren. Die eigene Widerstandsfähigkeit zu stärken ist demnach für viele Unternehmen zum Dauerbrenner geworden – und Mitarbeitende sind der zentrale Schlüssel dazu.

Mitarbeitende als Schlüssel zu mehr Resilienz

Spätestens seit der Corona-Pandemie weiß so gut wie jeder um die Bedeutung von Resilienz. Im Eiltempo ist die Fähigkeit, auf Veränderungen schnell und zielgerichtet einzugehen und sich an diese anzupassen, zur neuen Superkraft von Unternehmen und ihren Führungskräften aufgestiegen. Wer in der Lage ist, flexibel auf ein sich wandelndes Umfeld zu reagieren, ist nicht nur erfolgreicher bei der Bewältigung von Krisen, sondern kann in diesen zudem leichter die Chance für weiteres Wachstum und Innovationen erkennen.

Wenig verwunderlich also, dass Resilienz zum neuen Dauerthema unter (mittelständischen) Unternehmen geworden ist. Was viele dabei aber oftmals zu vergessen scheinen: Resilienz aufzubauen gelingt nicht von heute auf morgen. Vielmehr geht es dabei um einen kontinuierlichen Prozess, der die Stärkung von Widerstandsfähigkeit im gesamten Unternehmen erfordert. Das bedeutet: Ein widerstandsfähiges Geschäftsmodell zu schaffen und seine zukünftige Strategie darauf neu auszurichten, ist in puncto Resilienz eine notwendige Grundvoraussetzung. Das alleine wird allerdings nicht genügen – wer nachhaltig resilient agieren will, für den führt kein Weg an seinen Mitarbeitenden vorbei. Denn sie sind das zentrale Asset eines jeden Unternehmens und ausschlaggebend, dass die strategischen und wirtschaftlichen Geschäftsziele überhaupt erst erreicht werden.

Mitarbeiterbindung: Was Angestellte wirklich antreibt

Unabhängig von kleinen oder großen Krisen ist es für Unternehmen einerseits entscheidend zu verstehen, was ihre Mitarbeitenden antreibt. Andererseits benötigt es ein Bewusstsein dafür, wie Unternehmen ein Umfeld schaffen können, das den individuellen Ansprüchen der Angestellten gerecht wird. Denn die Ansprüche von Mitarbeitenden sind längst nicht mehr gleich und mitunter auch eine Frage der Generation: Jüngere Ange-stellte haben andere Ansprüche als ihre älteren Kollegen. Flexibilität, Entscheidungsfreiheit und New Work spielen für sie eine ganz andere Rolle. Und gerade in allgemein verunsichernden Zeiten werden diese Tendenzen noch einmal befeuert. Bestes Beispiel dafür ist der aus den USA übergeschwappte Mega-Trend Quiet Quitting, also die stille, innerliche Distanzierung der Mitarbeitenden vom Unternehmen, der insbesondere zu Jahresbeginn für viel Aufruhr in deutschen HR-Abteilungen geführt hat.

Um Phänomenen wie diesem entgegenzuwirken, reichen materielle Benefits wie unbegrenzter Urlaub oder Fitnessstudiokooperationen oftmals nicht mehr aus – nötig sind Wertschätzung, emphatische Führung, Sinnhaftigkeit und eine authentische Unternehmenskultur. Denn was man als Unternehmen verstehen muss: Bei Megatrends wie Quiet Quitting geht es nicht etwa um fehlende Motivation seitens der Mitarbeitenden. Die ist durchaus vorhanden, allerdings erleben wir in der Post-Corona-Ära eine andere Priorisierung: Die Arbeit als alleinige Motivationsquelle reicht nicht mehr aus. Hinzukommt, dass viele Mitarbeitende durch die sprunghaft angestiegene Arbeitsbelastung – unter anderem durch die Unterbesetzung vieler Abteilungen – schlichtweg ausgebrannt sind.

Employer Branding sorgt für mehr Widerstandsfähigkeit

Wer also seine Mitarbeitenden in einer Zeit des Personalmangels halten und an sein Unternehmen binden möchte, muss lernen, was seine Angestellten antreibt und mit welchen – extrinsischen oder intrinsischen – Anreizen die Motivation gesteigert werden kann. Während Geld ein sogenannter extrinsischer Reiz ist, der von außen kommt und sich zum Beispiel in Form von Gehaltserhöhungen oder Beförderungen zeigt, spielt die intrinsische Motivation ebenfalls eine – wenn nicht sogar eine noch wichtigere – Rolle. Zur intrinsischen Motivation gehören Anreize, die von innen kommen. Das bedeutet aber nicht, dass Arbeitgeber „ausgeschlossen“ werden. Im Gegenteil: Intrinsische Motivation kann sich zum Bei-spiel in der Übernahme von wichtigen Aufgaben, die das Verantwortungsgefühl ansprechen und vom Arbeitgeber gestellt werden, zeigen. Auch Spaß an der Arbeit gehört dazu. Andererseits ist es ebenso wichtig, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das den individuellen Ansprüchen der Mitarbeitenden gerecht wird und in dem die Unterstützung, Förderung und Entwicklung der Angestellten eine wesentliche Rolle spielen.

So gelingt die Mitarbeiterbindung: Sechs Hebel für eine starke Employer Brand

1. Grenzen setzen & respektieren. Viele Mitarbeitende haben aktuell ihre Belastungsgrenze erreicht – und das sollte auch offen kommuniziert werden dürfen. Nicht jede Aufgabe ist ein Feuer, das sofort gelöscht werden muss. Unternehmen sollten ihre Mitarbeitenden ermutigen, Prioritäten zu setzen. Und diese auch respektieren!

2. Gelebte Freiräume. Urlaub ist Urlaub, das heißt: arbeitsfreie Zeit! Das gilt für Führungskräfte genauso wie für Mitarbeitende. Wer seinen Angestellten nicht vorlebt, dass es wichtig ist, sich bewusste Freiräume zu nehmen, riskiert, seine Mitarbeitenden langfristig zu verlieren.

3. Work-Life-Balance war gestern. Home Office und agile Arbeitsweisen haben zu einem Verschwimmen zwischen Beruflichem und Privatem geführt. Die klare und strikte Trennung ist entscheidend für das Wohlbefinden und somit auch für das Mitarbeiter-Engagement.

4. Schweigen ist Silber. Reden ist Gold. Führungskräfte müssen wissen, was ihre Mitarbeitenden bewegt und antreibt. Regelmäßige Mitarbeiter- und Feedbackgespräche sorgen nicht nur für einen vertrauensvollen Umgang, sondern können zudem dazu beitragen, die Fluktuationsrate signifikant zu verringern.

5. Die richtige Balance finden. Ein Ausgleich zur Arbeit ist wichtig – das sollten Führungskräfte nicht nur vorleben und anerkennen, sondern gemeinsame Interessen zwischen Kollegen fördern und somit das Wir-Gefühl im Team stärken.

6. Zuhören als essenzielle Basis für eine starke Engagement-Kultur. Unternehmen müssen die Sorgen und Anliegen ihrer Mitarbeitenden hören. Und allen voran: Diese auch ernstnehmen! Wer Engagement-Kultur vorantreiben will, muss die Gründe kennen, warum Mitarbeitende sich nicht gänzlich engagieren.

Die Umwälzungen in der Arbeitswelt lassen den Transformationsdruck auf mittelständische Unternehmen steigen: Die schwer einschätzbare Gen Z tritt in den Arbeitsmarkt, gleichzeitig gilt es, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Mit Blick auf die kommenden Monate sind die Unternehmen gut beraten, die eigene Resilienz auf den Prüfstand zu stellen und ihre Mitarbeitenden als zentrales Asset in den Fokus zu rücken.

Dr. Stefan Mauersberger
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Dr. Stefan Mauersberger

Dr. Stefan Mauersberger ist Regional Leader für Zentral-, Süd- und Osteuropa bei der international agierenden HR- und Leadership-Beratung Kincentric. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Kultur & Engagement, Leadership Assessment & Development sowie HR & Talent Advisory.

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