31.01.2015 | Grau, Tobias

Marktstandards bei M&A-Transaktionen im Bereich Healthcare

1. Einleitung: Hohe M&A-Aktivitäten im Bereich Healthcare.

Der M&A-Markt boomt. Die Übernahmeaktivität lag im Jahr 2014 deutlich über der des Vorjahres. Thomson Reuters meldet für das Gesamtjahr 2014 ein Transaktionsvolumen von über 1,3 Bio. USD in EMEA.1 Dies entspricht einem Zuwachs von 35,5% gegenüber 2013. Der M&A-Markt wird dabei vor allem von großen Transaktionen getrieben. Dies gilt für den Bereich Healthcare in besonderem Maße, wo das Volumen bei 959 Transaktionen im Jahr 2014 laut Thomson Reuters 172,2 Mrd. USD betrug. Aktuelle Beispiele sogenannter Megadeals sind die Übernahme von Covidien durch den Medizintechnikkonzern Medtronic für rund 42,9 Mrd. USD,2 der Kauf des amerikanischen Laborausrüsters Sigma-Aldrich durch den Chemie- und Pharmakonzern Merck3 sowie der Erwerb des amerikanischen Botox-Herstellers Allergan durch Actavis mit einem Transaktionsvolumen in Höhe von 66 Mrd. USD.4 Auch der branchenspezifische EBITDA-Multiple bei der Kaufpreisberechnung ist mit 18,4 überdurchschnittlich hoch.

Die hohen Marktaktivitäten sollen zum Anlass genommen werden, nachfolgend die Dealtreiber (Kap. 2) und vertraglichen Besonderheiten (Kap. 3) bei M&A-Transaktionen im Bereich Healthcare darzustellen.

2. Dealtreiber

Für die aktuelle Fusionswelle in der Pharma-Branche lassen sich die Analysten zufolge mehrere Gründe benennen. Zu erhöhten Übernahmeaktivitäten führen unter anderem auslaufende und ausgelaufene Patente, die es anderen Unternehmen erlauben, günstige Generika auf den Markt zu bringen, sowie die zunehmende Regulierung des Marktes, die zu steigenden Compliance-Kosten führt. Hauptmotiv ist oft nicht (nur) die Stärkung des eigenen Geschäfts im Wege der Konsolidierung oder des Spartentausches, sondern auch Steuerersparnis. Zudem sind die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin gut.

2.1 Konsolidierung

In Deutschland stehen Unternehmen für Medizintechnik seit einiger Zeit unter Konsolidierungsdruck.5 Dabei dürfte Finanzinvestoren der Einstieg in Unternehmen der Medizintechnik aufgrund der gesetzlichen Änderungen durch das Versorgungsstrukturgesetz (VStG), das Anfang 2012 in Kraft getreten ist, schwer fallen. Medizinische Versorgungszentren können grundsätzlich nur noch von zugelassenen Ärzten, Krankenhäusern und gemeinnützigen Trägern gegründet werden. Nach der Gesetzesbegründung soll so der Entwicklung gegengesteuert werden, dass insbesondere die kapitalintensiven Bereiche der Labormedizin allein von Finanzinvestoren mit vorrangigen Kapitalinteressen und ohne medizinisch-fachlichen Bezug gegründet werden.6 In den USA hat nicht zuletzt der Affordable Care Act (ACA) aus dem Jahr 2010 den Konsolidierungsdruck auf Unternehmen im Healthcare-Bereich erhöht. Dienstleister erhalten oftmals nur noch Pauschalbeträge für verschiedene Gesundheitsleistungen. Dies hat zur Folge, dass Unternehmen ihren Fokus auf möglichst effektive und kosteneffiziente Strukturen legen müssen, um ihre Gewinne zu steigern.7

Da die Verkaufszahlen nachlassen und teilweise nur beschränkte organische Wachstumschancen bestehen, versuchen die führenden Pharmakonzerne Unternehmen zu erwerben, die ihnen Zugang zu neuen Produkten und Plattformen ermöglichen. Im Wege der Konsolidierung wird versucht, Lücken im Bereich der Forschung und Entwicklung zu schließen und eine größere Kostenwirksamkeit zu erreichen. Übernahmekandidaten sind auch kleinere Arzneimittelhersteller, die sich auf die Entwicklung von Arzneimitteln für bestimmte Krankheiten und Bevölkerungsgruppen spezialisiert haben. Oftmals sind die Kosten eines Mergers geringer als die entsprechenden Entwicklungskosten. Dies fördert die Akquisitionsbereitschaft.

2.2 Spartentausch

Auch durch die Ausrichtung auf bestimmte Sparten und Geschäftsbereiche versuchen Pharmaunternehmen ihre Effizienz zu erhöhen und das eigene Unternehmen profitabler zu gestalten. Um das Kerngeschäft zu stärken, werden dabei kleinere, renditeschwache Geschäftsbereiche herausgelöst und gegen in die eigene Unternehmensstrategie passende Sparten anderer Pharmaunternehmen ,,ausgetauscht".

Einen Spartentausch beabsichtigte Novartis. Angekündigt ist eine großangelegte Umstrukturierung unter Beteiligung des britischen Pharmakonzerns GlaxoSmithKline und Eli Lilly.8 Novartis beabsichtigt, in der ersten Jahreshälfte 2015 sein Impfstoffgeschäft an seinen Konkurrenten GlaxoSmithKline zu übertragen, in dem dieser bereits Marktführer ist. Dieser verspricht sich vom beabsichtigten ,,Tausch" insbesondere mehr Marktanteile im Bereich der Impfstoffe, eine Steigerung bei den Einnahmen sowie Kosteneinsparungen. Um sein Geschäft mit Krebsmedikamenten zu stärken, beabsichtigt Novartis im Gegenzug den wachsenden und profitablen Bereich der Onkologie zu übernehmen. Ebenfalls trennen möchte sich Novartis von seinem Geschäfts-bereich Tierarznei. Dieser soll an den US-Pharmakonzern Eli Lilly veräußert werden.9

2.3 Steuervorteile durch Inversion

Die Bilanzen der Pharmakonzerne sind nach Aufbereitung der Finanzkrise vielfach von hohen Barbeständen gekennzeichnet. Vor allem US-amerikanische Unternehmen haben im Ausland erwirtschaftetes Geld in ausländischen Tochtergesellschaften ,,geparkt". Bei einer Rückführung von Gewinnen in die US-amerikanische Konzernzentrale drohen Steuern von 35%, was die Bereitschaft insbesondere im europäischen Ausland Unternehmen zu kaufen fördert.

Um Steuervorteile für sich nutzen zu können, haben Hersteller von Pharmaprodukten und medizinischen Geräten vor allem in den USA zuletzt mehrfach von sogenannten Tax Inversion Deals10 Gebrauch gemacht. Dabei werden bestehende Beteiligungsstrukturen verändert, indem zwischen einer US-amerikanischen Gesellschaft und ihrem Anteilseigner eine ausländische Gesellschaft eingefügt wird oder wesentliches Vermögen auf eine ausländische Gesellschaft übertragen wird. Die Gewinnerzielung erfolgt auf dem Papier im niedriger besteuerten Ausland. Typischerweise wird hierfür ein ausländisches Konkurrenzunternehmen erworben.11 Sodann wird der Sitz der Gruppe ins Ausland verlagert, obgleich das operative Hauptgeschäft im US-amerikanischen Inland verbleibt. Durch diese Struktur unterliegt das Unternehmen nicht mehr der vergleichsweise hohen US-amerikanischen Besteuerung. Dieser Entwicklung versucht die US-amerikanische Regierung aktuell durch den Erlass neuer Regelungen entgegenzuwirken.12

Abb. 1 · Locked Box nach Branche ­ Entwicklung
Quelle: Eigene Darstellung

Branche 2009-­2012 2013

Finanzen und Versicherungen 33% 29%
Hotel und Freizeit 30% 50%
Energiewirtschaft und sonstige Versorger 31% 42%
Konsumgüter 44% 60%
Technologie, Medien und Telekommunikation 42% 45%
Infrastruktur und Projektfinanzierung 19% 19%
Healthcare/Life Sciences (pharmazeutische, 52% 50%
medizinische und biotechnische Produkte)
Immobilien und Bauwesen 22% 27%
Industrie 56% 50%
Sonstige Unternehmensdienstleistungen 45% 24%
CMS Durchschnitt 40% 41%

100% = Transaktionen ohne Kaufpreisanpassungsmechanismus (Abschlüsse mit Kaufpreisanpassung und Locked Box sind nicht enthalten)

Von steuerlichen Motiven getrieben war nach Zeitungsangaben auch die auf Eis gelegte milliardenschwere Übernahme des britischen Pharma-Konzerns AstraZeneca durch den US-Konzern Pfizer.13 Mit der geplanten Übernahme hätte Pfizer seine Stellung als weltweit führender Pharmakonzern weiter ausbauen können. Pfizer hatte sich von der Übernahme neben erheblichen Kostensenkungen nicht zuletzt Steuervorteile versprochen. Gegen die Übernahme hatte sich letztlich starker politischer Widerstand entwickelt. Insbesondere die britische Regierung hatte den Abbau von Stellen infolge der Übernahme befürchtet.14

3. Branchenspezifische Besonderheiten bei Dealpoints

Dealpoints sind einzelne Vertragsklauseln in Unternehmenskaufverträgen, die die Risiken der Verkäufer- oder Käuferseite zuordnen und daher regelmäßig intensiv verhandelt werden. Die CMS European M&A Study 2014 untersucht zum sechsten Mal seit dem Jahr 2007 ausgewählte Vertragsklauseln von insgesamt über 2.000 Transaktionen in Europa und schlüsselt diese in verschiedene Wirtschaftsbereiche auf. Die Studie gibt damit einen Überblick über die gegenwärtige Marktüblichkeit und eine Risikoallokation im Bereich Life Science/Healthcare. Auch bei einem kompetitiven Bieterverfahren hilft dies, eigene Idealvorstellungen mit der Marktsicht abzugleichen.

3.1 Hoher Verbreitungsgrad von Locked-Box-Mechanismen

Im Rahmen einer Unternehmenstransaktion kann als Gegenleistung sowohl ein Festkaufpreis als auch ein variabler Kaufpreis vereinbart werden, bei dem eine Kaufpreisanpassung an bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen des Zielunternehmens gekoppelt wird. Während sich in den USA Kaufpreisanpassungsklauseln großer Beliebtheit erfreuen und mit 85% der Fälle zum Standard gehören, hat die Anzahl von Kaufpreisanpassungen in Europa im Jahr 2013 leicht abgenommen. Diese Entwicklung lässt sich auch für den Bereich Healthcare bestätigen, bei dem in nur 36% der Fälle eine Kaufpreisanpassung vorgesehen wurde. Für die Verkäufer ist damit weiterhin die Kaufpreissicherheit maßgeblich.

Gleichzeitig ist der Verbreitungsgrad von Locked-Box-Mechanismen im Bereich Healthcare überdurchschnittlich hoch. Jede zweite Transaktion wies dieses Instrument aus, das eine nachträgliche Kaufpreisanpassung ausschließt. Hier vereinbaren die Parteien einen festen Kaufpreis, der auf einem eigens erstellten Zwischenabschluss basiert, der noch vor Abschluss des Kaufvertrags von der Zielgesellschaft erstellt wird. Besonders attraktiv ist eine Locked-Box-Vereinbarung, wenn der letzte geprüfte Abschluss der Zielgesellschaft, der nur kurze Zeit vor der geplanten Transaktion erstellt wurde, als Bewertungsgrundlage herangezogen werden kann. Im Gegenzug verpflichtet sich der Verkäufer bei einem Locked-Box-Mechanismus, keine Zahlungen, insbesondere Gewinnausschüttungen, außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs an sich oder verkäufernahe Personen oder Unternehmen vorzunehmen. Die Vereinbarung von Locked-Box-Mechanismen setzt ein stabiles Working Capital voraus und macht eine eingehende Prüfung der finanziellen Situation im Rahmen einer Due Diligence durch den Käufer unerlässlich.

3.2 Hoher Verbreitungsgrad von Earn-outs

Während im Bereich Healthcare oftmals keine klassische Kaufpreisanpassung auf Basis von Cash/Net Debt und Working Capital erfolgt, kann der Verkäufer überdurchschnittlich oft durchsetzen, über einen fixen Kaufpreis hinaus eine variable Kaufpreiskomponente zu erhalten, die sich in Abhängigkeit von der künftigen Entwicklung der Zielgesellschaft berechnet.

Abb. 2 · Earn-out nach Branche ­ Entwicklung
Quelle: Eigene Darstellung

Branche 2007-2012 2013

Finanzen und Versicherungen 18% 0%
Hotel und Freizeit 21%* 0%
Energiewirtschaft und sonstige Versorger 17% 10%
Konsumgüter 14% 13%
Technologie, Medien und Telekommunikation 18% 20%
Infrastruktur und Projektfinanzierung 4%* 0%
Healthcare/Life Sciences (pharmazeutische, 21% 28%
medizinische und biotechnische Produkte)
Immobilien und Bauwesen 16%* 29%
Industrie 13%** 8%
Sonstige Unternehmensdienstleistungen 16%** 26%
CMS Durchschnitt 16% 14%
* 2007/08 nicht ausgewertet; ** 2009 nicht ausgewertet
100% = alle untersuchten Transaktionen in der jeweiligen Branche

Hierzu wird zwischen dem Käufer und dem Verkäufer ein Referenzstand vertraglich vereinbart. Wird dieser innerhalb des zuvor bestimmten Zeitraums überschritten, erhält der Verkäufer den vereinbarten Aufschlag auf seinen Kaufpreis. Vereinbart werden Earn-out-Klauseln typischerweise bei divergierenden Erwartungen von Käufer und Verkäufer an die zukünftige Entwicklung des Zielunternehmens.15

Während im Jahr 2013 rund 14% der untersuchten europäischen Transaktionen Earn-0ut-Klauseln enthielten, war der Verbreitungsgrad im Bereich Healthcare doppelt so hoch (28%). Dies lässt sich auch darauf zurückführen, dass die klassischen Kaufpreisanpassungsmechanismen einen im Gesundheitssektor oftmals zu kurzen Zeitraum abbilden: Die Ertragsfähigkeit von Zielgesellschaften, erworbenen Patenten oder sonstigen Assets lässt sich aufgrund der langwierigen und teuren Forschung und Entwicklung in der Regel erst Jahre nach Vollzug der Transaktion bewerten. Bei Earn-outs wird in über der Hälfte der Fälle ein Referenzzeitraum von zwölf bis 36 Monaten, in 30% sogar ein Referenzzeitraum von über 36 Monaten vereinbart. Dagegen stellen klassische Kaufpreisanpassungsmechanismen bereits auf die auf den Vollzug folgende Bilanz ab.

Diese branchenspezifischen Besonderheiten gleichen offenbar die sonst angeführten Nachteile eines Earnouts aus: Nach Vollzug der Transaktion hat der Verkäufer nur begrenzte Einflussmöglichkeiten und daher ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis hinsichtlich drohender Manipulationsmöglichkeiten. Um die Fortentwicklung des Kaufgegenstands vergleichen zu können, ist eine Integration in den Käuferkonzern oder eine Restrukturierung oft vertraglich erschwert.

3.3 Beschränkung von Gewährleistungsansprüchen

In Europa wurden in nahezu allen Transaktionen Garantien vereinbart, die dem Käufer oder Verkäufer im Fall einer Garantieverletzung Gewährleistungsansprüche verschaffen. Diese werden in verschiedener Hinsicht beschränkt.

(1) Hoher Verbreitungsgrad von De minimis-Klauseln

In sogenannten De minimis-Klauseln vereinbaren Käufer und Verkäufer einen Mindestbetrag. Erst bei dessen Überschreiten kann der Käufer Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend machen. Hierdurch soll ausgeschlossen werden, dass vom Käufer Gewährleistungsansprüche bereits bei geringfügigen Garantieverletzungen, die im Bagatellbereich anzusetzen sind, geltend gemacht werden. Hierbei handelt es sich um verkäuferfreundliche Klauseln, die im Jahr 2013 europaweit in 63%, in den USA dagegen in lediglich 17% der Fälle vereinbart wurden. Auch im Bereich Healthcare werden meist De minimis-Klauseln vereinbart (71%). Dabei lag der relevante Mindestbetrag stets unter 1% des Kaufpreises.

(2) Hoher Verbreitungsgrad von Baskets

Kombiniert werden De minimis-Klauseln regelmäßig mit Baskets. Auch hierdurch sollen unbedeutende Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen werden. Wurde ein Basket vertraglich vereinbart, ist der Käufer im Falle einer Garantieverletzung erst anspruchsberechtigt, wenn die Summe der Gewährleistungsansprüche aus allen bestehenden Garantiefällen den vereinbarten Schwellenwert (sog. Threshold) übersteigt. Hierdurch unterscheiden sich Baskets von De minimis-Klauseln. Bei Letzteren ist ausreichend, wenn der Gewährleistungsanspruch im Einzelfall den vertraglich vereinbarten Schwellenwert übersteigt. Bei der Gestaltung des Baskets kann das Bestehen eines Gewährleistungsanspruchs hinsichtlich des den Threshold überschreitenden Betrags (,,Excess only") oder aber eine Leistungspflicht hinsichtlich des gesamten Gewährleistungsanspruchs, auch soweit er unterhalb des Schwellenwertes liegt (,,First Dollar"), vereinbart werden. In Europa wurde im Bereich Healthcare in 64% der Fälle ein solcher Basket vereinbart. Davon wurde in 61% der Fälle die Erstattungsfähigkeit des gesamten Schadens vorgesehen. Der relevante Schwellenwert liegt dabei meist bei einem Betrag von mehr als 3% des Kaufpreises (75%).

(3) Niedrige Haftungshöchstgrenzen

Die Vereinbarung von Haftungshöchstgrenzen ist Marktstandard. Auch die Käuferseite sieht es als unangemessen an, wäre der Verkäufer einem Haftungsrisiko ausgesetzt, das den Kaufpreis um ein Vielfaches übersteigt. Daher wird regelmäßig nur verhandelt, in welcher Höhe eine Haftungshöchstgrenze bestehen soll. Im allgemeinen Marktumfeld ist ein käuferfreundlicher Trend bei den Haftungshöchstgrenzen erkennbar: In nur jeder dritten Transaktion gelingt es Verkäufern, ihre Haftung auf unter ein Viertel des Kaufpreises zu begrenzen. Für den Bereich Healthcare hingegen liegt der Wert bei 42%. Grund hierfür dürfte das oftmals vergleichsweise hohe Kaufpreisniveau von sogenannten Megadeals im Pharma-Bereich sein.

(4) Tendenziell kürzere Verjährungsfristen

Im Jahr 2013 wurde bei Unternehmenstransaktionen durchschnittlich ebenso häufig ein Verjährungszeitraum für Gewährleistungsansprüche von 18 bis 24 Monaten vereinbart wie Verjährungsfristen von mehr als 24 Monaten. Dabei werden die Verjährungsfristen im Bereich Healthcare tendenziell kürzer. Während in den Jahren 2007 bis 2012 noch Verjährungsfristen von 18 bis 24 Monaten in 29% der Transaktionen vereinbart wurden, waren es im Jahr 2013 nur noch 24%. Die Häufigkeit von Verjährungsfristen von mehr als 24 Monaten hat sich im Vergleich zu den Vorjahren sogar von 27% auf 20% verringert.

In einigen Fällen gelingt es den Käufern, bestimmte durchschnitt ist der Verbreitungsgrad von diesen Risikobereiche aus den vereinbarten Verjährungsfristen Klauseln im Bereich Healthcare. Hier enthielten nur 7% auszunehmen. Ausgenommene Risikobereiche im Be- der Verträge eine MAC-Klausel. reich Healthcare waren 2013 insbesondere Garantieansprüche, die sich auf Eigentumsrechte (39%) und Steuern (46%) beziehen.

3.4 Höherer Verbreitungsgrad von W&I-Versicherungen

Für die Vereinbarung einer W&I-Versicherungen (Warranty & Indemnity Insurance) sind bereits seit einigen Jahren verfügbar, gewinnen aber erst seit jüngerer Zeit vertieft an Bedeutung. Durch den Abschluss einer W&I-Versicherung können Lücken bei Garantien geschlossen werden. Diese können darauf beruhen, dass der Verkäufer Garantieansprüche nicht anerkennt, bestehende Garantieansprüche nicht erfüllen kann oder nicht gewillt ist, Garantien abzugeben. Aus Verkäufersicht können für den Abschluss einer W&I-Versicherung Informationsdefizite oder aber die Vermeidung eines teilweisen Kaufpreiseinbehalts für Garantien sprechen. Aus Käufersicht sprechen gute Gründe für den Abschluss einer W&I-Versicherung, wenn sich der Verkäufer in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befindet. Schließlich können aber auch Streitigkeiten zwischen Verkäufer und Käufer hinsichtlich der Höhe eines zu vereinbarenden Caps oder die Abgabe bestimmter Garantieerklärungen den Abschluss einer solchen Versicherung nahelegen.

Während Versicherungsschutz aus einer W&I-Versicherung im Jahr 2013 in Europa durchschnittlich in lediglich 9% der Fälle bestand, wurden W&I-Versicherungen im Bereich Healthcare überdurchschnittlich oft abgeschlossen (14%). Diese werden sowohl für Verkäufer als auch für Käufer angeboten. Bei Unternehmenstransaktionen im Bereich Healthcare wird im Regelfall der Käufer Versicherungsnehmer (75%), wobei die Versicherungsprämien vom Verkäufer getragen werden. Zumeist betragen diese 1% bis 2% der Deckungssumme. In der Regel wird dabei ein Maximalbetrag für die versicherten Gewährleistungsfälle vereinbart.

3.5 Geringerer Verbreitungsgrad von MAC-Klauseln

MAC-Klauseln geben dem Käufer ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass sich die Verhältnisse vor dem Closing wesentlich verschlechtern (,,Material Adverse Change"). Wird eine MAC-Klausel vereinbart, werden oftmals bestimmte Entwicklungen ausdrücklich ausgenommen. Dies sind oftmals gesamtwirtschaftliche Entwicklungen sowie unvorhersehbare Veränderungen im Zielsektor. 2013 waren MAC-Klauseln in 40% der Verträge enthalten, wobei der signifikante Unterschied im Vergleich zur Verbreitung von MAC-Klauseln in den USA bemerkenswert ist (94%). Deutlich schwächer als der Marktdurchschnitt ist der Verbreitungsbereich von diesen Klauseln im Bereich Healthcare. Hier enthielten nur 7% der Verträge eine MAC-Klausel.

3.6 Weniger Schiedsklauseln

Im Jahr 2013 enthielten 37% aller Unternehmenskaufverträge eine Schiedsklausel. Für die Vereinbarung einer Schiedsklausel spricht, dass Streitigkeiten ­- anders als vor den ordentlichen Gerichten -­ nicht öffentlich verhandelt werden. Die Erwartung, dass sich die Verfahrensdauer verkürzen lässt, sowie eine unter Umständen einfachere Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs im Ausland sind weitere Motive für eine solche Klausel.

Diesen Vorteilen stehen oftmals vergleichsweise hohe Verfahrenskosten gegenüber. Während Schiedsklauseln in 2013 europaweit durchschnittlich in 41% der Transaktionen vereinbart wurden, enthielten im Bereich Healthcare nur ungefähr 32% der Fälle eine Schiedsklausel.

4. Fazit Der M&A-Markt boomt.

Dies gilt in besonderem Maße für den Bereich Healthcare. Die Transaktionen sind getrieben vom Bedürfnis, die eigene Effizienz über den Weg der Konsolidierung zu erhöhen. Zudem soll die Profitabilität der beteiligten Unternehmen durch Spartentausche erhöht werden sowie eine unter steuerlichen Aspekten möglichst optimale Organisation geschaffen werden.

Bei der Verhandlung von M&A-Kaufverträgen sind branchenspezifische Besonderheiten zu beachten. Die Studie zeigt, dass Locked-Box-Mechanismen und EarnOuts bei Kaufpreisregelungen hier überdurchschnittlich oft vereinbart werden. Entsprechendes gilt für niedrige Haftungshöchstgrenzen und den Abschluss von W&I-Versicherungen. Dagegen spielen MAC-Klauseln sowie Schiedsklauseln im Bereich Healthcare eine geringere Rolle.

Die günstigen Bedingungen auf dem Kapitalmarkt sowie hohe Bargeldbestände in den Bilanzen der Unternehmen lassen den Schluss zu, dass auch im Jahr 2015 erhöhte M&A-Aktivitäten im Bereich Healthcare zu beobachten sein werden.16

1 Thomson Reuters, Mergers & Acquisitions Review, Full Year 2014.

2 Medtronic to Acquire Covidien for $42.9 billion in Cash and Stock, Medtronic und Plattformen ermöglichen. Im Wege der KonsoPressemitteilung vom 15.06.2014.

3 Merck vereinbart Übernahme von Sigma-Aldrich ­ Zusammenschluss verbessert Position in attraktiver Life-Science-Industrie, Merck Pressemitteilung vom 22.09.2014; USKartellwächter winken Übernahme durch, www.handelsblatt.com vom 23.12.2014.

4 Actavis to Acquire Allergan to Create Top 10 Global Growth Pharmaceutical Company with $23 Billion in Revenue, Actavis Pressemitteilung vom 17.11.2014.

5 M&A-Fokus Medizintechnik, Finance Magazin vom 11.06.2013.

6 BT-Drs. 17/6906, S. 21.

7 Healthcare & Life Sciences M&A Outlook, Bass Berry & Sims PLC und Mergermarket vom 30.06.2014, S. 3.

8 Novartis announces portfolio transformation, focusing company on leading businesses with innovation power and global scale: Pharmaceuticals, Eye Care and Generics, Novartis Pressemitteilung vom 22.04.2014.

9 GlaxoSmithKline und Novartis schließen Milliardengeschäft, aerzteblatt.de vom 22.04.2014.

10 Vgl. vertiefend Blöchle/Dendorfer/Kresge, IStR 2005, S. 700.

11 Gelles/Bray, Drug Firms Make Haste to Elude Tax, www.nytimes.com vom 14.07.2014.

12 Drawbaugh/Lange, U.S. Treasury moves against tax-avoidance ,inversion` deals, www.reuters.com vom 22.09.2014; Chen/Bennett, Inversion Deal Crackdown Deflates Health Stocks, www.bloomberg.com vom 23.09.2014.

13 Pfizer sagt AstraZeneca-Übernahme ab ­ vorerst, www.handelsblatt.com vom 26.05.2014.

14 Pfizer macht Briten Zugeständnisse, www.handelsblatt.com vom 12.05.2014.

15 Vgl. weiterführend zu Earn-out-Klauseln: Meyding/Grau, NZG 2011, S. 41.

16 Vgl. KPMG: 2015 M&A Outlook Survey Report aus dem Jahr 2014, S. 4, www.kpmg.com. 1 Thomson Reuters, Mergers & Acquisitions Review, Full Year 2014.

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