W&I-Versicherungen: eine Frage des Timings
Um unerwartete Risiken bei Firmenübernahmen und -aufkäufen effektiv abzudecken, sind in den letzten Jahren sogenannte W&I-Versicherungen (Warranty & Indemnity, deutsch: Gewährleistung und Freistellung) immer populärer geworden, wenngleich nicht bei allen.
Trau, schau, wem. Um unerwartete Risiken bei Firmenübernahmen und -aufkäufen effektiv abzudecken, sind in den letzten Jahren sogenannte W&I-Versicherungen (Warranty & Indemnity, deutsch: Gewährleistung und Freistellung) immer populärer geworden, wenngleich nicht bei allen. So feiern die einen die Versicherung als eleganten „Deal Facilitator“, während sie andere eher mit kritischen Augen sehen. Kurzum, sie hatte als neues und „exotisch“ verschrienes Versicherungsprodukt in der Vergangenheit viel Gegenwind zu ertragen.
Dennoch: Der starke Verkäufermarkt ermöglichte es vielen Verkäufern, in ihren Kaufverträgen teilweise vollständig auf Garantien zu verzichten und Kaufinteressenten ausschließlich in den W&I-Versicherungsmarkt zu transferieren. Gerade in Auktionsprozessen sind Bieter selten in der Position, eine Risikoabdeckung durch (früher marktübliche) Verkäufergarantien zu verlangen.
Dies führt nicht selten dazu, dass Käufer lediglich die Wahl haben, sich entweder mit einem auf 1 EUR reduzierten Haftungs-Cap abzufinden oder gegen Ende des Verkaufsprozesses mit dem Verkäufer eben doch noch in langwierige und schwierige Verhandlungen über eine adäquate Risikoverteilung einzutreten und so wenigstens eine beschränkte Haftung des Verkäufers zu erreichen. In diesem späten Stadium werden häufig noch kurzfristige Anfragen am Versicherungsmarkt gestellt – nur kann hier dann mangels rechtzeitiger Abstimmung der Due Diligence auf die Anforderungen der Versicherungen allzu häufig keine angemessene Versicherungsdeckung mehr erlangt werden.
Generell sind W&I-Versicherungen aber auf dem Vormarsch, und bei kaum einer Transaktion können es sich die Vertragsparteien leisten, nicht zumindest die Möglichkeit einer W&I-Versicherung zu diskutieren. Verkäufer setzen die Haftungsübernahme meist als Selbstverständlichkeit voraus und zwingen somit die Käufer dazu, sich mit dem W&I-Versicherungsmarkt auseinanderzusetzen. Widerstand ist hier meist „zwecklos“, da Käufer, die auf eine klassische Haftung des Verkäufers bestehen, regelmäßig nicht zum Zuge kommen.
Sicher die beste Lösung für Unternehmenskäufer ist also, sich rechtzeitig und aktiv mit dem Thema W&I-Versicherung auseinanderzusetzen. Denn zu Beginn der Transaktion hat man noch alle Möglichkeiten, die Weichen für den reibungslosen Versicherungsabschluss zu stellen. Hingegen ist es nach einer gescheiterten Verhandlung über ein Haftungs-Cap oft zu spät, den Dreiklang aus Wortlaut der Garantien, Transaktionsstruktur und Scope der Due Diligence harmonisch auf die Ansprüche der W&I-Versicherer abzustimmen.
Verlässlich vermieden werden können Fallstricke und Enttäuschungen also durch die rechtzeitige Berücksichtigung des W&I-Versicherungsthemas sowie durch die Einbindung eines Brokers in den Transaktionsprozess. Auch das richtige Timing ist essenziell und vermittelt den Käufern eine positive Erfahrung dank eines bewährten W&I-Prozesses. So kann man früh genug die Weichen für das Scoping der Due Diligence stellen und sichergehen, dass dieses den Inhalt der Garantien spiegelt. Dies wiederum erleichtert dem Versicherer die Risikoprüfung und führt regelmäßig zu einer Versicherungsdeckung, die weit über das hinausgeht, was der Verkäufer – auch in früheren Zeiten – zu geben bereit gewesen wäre.
Es ist – wie so oft im Leben – also auch bei der W&I-Versicherung alles eine Frage des Timings.