Der Verkauf der Friedrich Daniels GmbH an die Acrotec-Gruppe, ein Portfoliounternehmen der Carlyle-Gruppe, kam für viele Marktexperten überraschend. Die stark von traditionsreichen Familienunternehmen geprägte Medizintechnik-Szene in Deutschland gilt seit jeher als sehr skeptisch gegenüber externen, insbesondere ausländischen Investoren. Und zumindest auf den ersten Blick wirkt Friedrich Daniels wie ein typischer Musterknabe der Branche. Warum also die Partnerschaft mit einem Investor, wenn es auch alleine so gut läuft?
Unternehmensnachfolge mit Private Equity
Für die beiden geschäftsführenden Gesellschafter und Brüder Armin und Bernd Daniels waren zwei Punkte ausschlaggebend: die Erweiterung der eigenen Kapazitäten, um der zunehmenden Übernachfrage gerecht zu werden, mit der sich das Unternehmen konfrontiert sah, und der anstehende Generationswechsel an der Unternehmensspitze. Gleichzeitig war den beiden Geschäftsführern bewusst, dass die steigenden regulatorischen Anforderungen, nicht zuletzt durch die neue MDR, neue Opportunitäten, aber auch Risiken mit sich bringen.
Diesen Herausforderungen sollte mit einem starken Partner begegnet werden, der nicht nur Kapital einbringt, sondern auch die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens unterstützt.
Am Ende eines strukturierten, international ausgerichteten Verkaufsprozesses fiel trotz zahlreicher anderer lukrativer Angebote die Wahl auf die Acrotec-Gruppe. Neben der Möglichkeit, die Unternehmensnachfolge familienintern zu regeln, spielten vor allem die Synergieeffekte eine entscheidende Rolle.
Acrotec – Die Gruppe
Acrotec ist eine unabhängige Unternehmensgruppe, die von Fachleuten aus der Mikromechanik gegründet wurde. Ihr Hauptziel ist es, durch das Angebot einer breiten Palette von Verfahren zur Herstellung von Präzisionskomponenten ein Referenzlieferant zu sein. Sie besteht aus drei Geschäftsbereichen, die jeweils auf anspruchsvolle Märkte ausgerichtet sind, die hochpräzise Teile erfordern: Uhren- und Schmuckindustrie, Medizintechnik und Hochpräzisionsindustrie.
Acrotec zeichnet sich dadurch aus, dass das gesamte Know-how in den Bereichen CNC-Präzisionsbearbeitung, Oberflächenbehandlung, Drahtschneiden und Montage unter einem Dach vereint ist. Die Gruppe beschäftigt heute über 2.800 Mitarbeitende an 30 Produktionsstandorten in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Irland, den USA und Asien.
Medtech-Sparte auf Wachstumskurs
Die Medtech-Sparte der Gruppe besteht aus 14 Unternehmen, die im Bereich der Medizintechnik tätig sind. Diese startete 2019 mit vier ersten Akquisitionen: AFT Micromécanique, Diener Precision Machining, Diener Precision Pumps und Tectri. Elf weitere Unternehmen sind seitdem hinzugekommen, darunter drei Neuzugänge im Jahr 2023: das amerikanische Unternehmen Axial Medical, das sich insbesondere auf Wirbelsäulenimplantate spezialisiert hat, das irische Unternehmen Dawnlough, das für seine Expertise im Bereich maßgeschneiderte Werkzeuge für den kardiovaskulären Bereich bekannt ist, und kürzlich die Friedrich Daniels GmbH.
Vor 2018 betrug der Umsatz im Medtech-Segment 1 Mio. EUR. Für dieses Jahr wird ein Umsatz von rund 150 Mio. EUR erwartet, mit stark steigender Tendenz.
Expansion nach Deutschland
Die Übernahme von Friedrich Daniels in Deutschland stellt für Acrotec einen weiteren strategischen Schritt dar, die ihr Portfolio um hochmoderne technologische Lösungen für die Entwicklung und Herstellung von chirurgischen Instrumenten erweitert. Dadurch kann Acrotec besser auf die Nachfrage der OEMs im Bereich der Implantate reagieren, die von ihren Zulieferern häufig die Lieferung eines kompletten Implantat-/Instrumentenpakets erwarten. Die Produkte von Friedrich Daniels in Verbindung mit den Kompetenzen der anderen Unternehmen ermöglichen es, ein äußerst wettbewerbsfähiges Paket anzubieten. Darüber hinaus sichert diese Übernahme eine bedeutende Präsenz in Deutschland, einem wichtigen Markt, auf dem die Gruppe bereits seit mehreren Jahren nach Möglichkeiten zur Expansion suchte. Schließlich zählt Friedrich Daniels zu den weltweit renommiertesten Instrumentenherstellern und arbeitet mit den größten amerikanischen Produzenten zusammen, was zur weiteren Entwicklung von Acrotec in den USA beitragen wird, zumal bereits jetzt zahlreiche Synergien mit Axial Medical existieren.
Die etwas andere Unternehmensgruppe
Ein Alleinstellungsmerkmal Acrotecs ist die dezentrale, verbundähnliche Struktur. Die Unternehmen, welche oftmals seit Jahrzehnten in Familienhand waren, werden weiterhin von ihren Geschäftsführern geleitet, was eine Grundvoraussetzung für den Eintritt in die Gruppe ist. Die Acrotec-Gruppe unterstützt dabei ausdrücklich, wenn gewünscht, die familieninterne Nachfolgelösung. Ein Vorhaben, welches bereits mehrfach erfolgreich umgesetzt werden konnte.
Die Unternehmen behalten ihre Entscheidungsbefugnisse und ihre Teams sowie ihr ERP-System, das unverändert bleibt, der Integrationsgrad bleibt im Vergleich zu anderen Gruppen somit gering.
Der Eintritt in den Konzern erfolgt für Mitarbeiter und Kunden nahezu unbemerkt. Gleichzeitig ermöglicht die Unternehmensgruppe den Unternehmen durch ihr Kundenportfolio Zugang zu größeren Entwicklungsmöglichkeiten. Die Unternehmen stimmen sich transparent ab und ermitteln, welches Unternehmen für ein bestimmtes Projekt am besten geeignet ist, die meisten freien Kapazitäten hat oder die geringsten Investitionen tätigen muss. Mit anderen Worten: Im Durchschnitt verdoppelt sich dadurch die Entwicklung. Die Zugehörigkeit zu Acrotec eröffnet Tochterunternehmen neue Märkte und neue Kunden, die von dem breiten Spektrum der Leistungen und der Reaktionsfähigkeit der Gruppe begeistert sind.
Laut Sébastien Virtel, dem CEO der Medtech-Sparte, lässt sich der Erfolg leicht quantifizieren. Rund die Hälfte der Projekte, an denen die Tochtergesellschaften arbeiten, entsteht mittlerweile aus der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe, wovon schlussendlich alle profitieren. Denn bei Acrotec sind alle Führungskräfte der Unternehmen auch Anteilseigner der Unternehmensgruppe. Ein Investment, welches sich in der Vergangenheit aufgrund der überaus erfolgreichen Entwicklung der Gruppe für alle Unternehmer mehr als ausgezahlt hat.
Suche nach geeigneten Unternehmen, um die Zukunft gemeinsam zu gestalten
Um die Synergien weiter zu verstärken, ist Acrotec weiterhin auf der aktiven Suche nach Unternehmen, die die Erfolgsgeschichte weiterschreiben wollen.
Die Acrotec-Gruppe versucht heute, ihre Präsenz auf dem Instrumentenmarkt zu verstärken und gleichzeitig im Bereich der robotergestützten Chirurgie zu expandieren. Die Medizintechnik soll langfristig 40% des Umsatzes der Acrotec-Gruppe ausmachen. Mittelfristig soll ein Umsatz von 400 Mio. EUR in der Medtech-Sparte erreicht werden, womit die Gruppe weltweit zu den Top 5 der Zulieferer der Medtech-Branche gehören würde.
Über die Westfalenfinanz GmbH
Die Westfalenfinanz GmbH ist als Buy-Side-Advisor mit der
Suche nach weiteren interessanten Unternehmen für die Acrotec Group beauftragt.
Kontakt: Dr. Kasim Music
Mail: kasim.music@westfalenfinanz.com
Telefonnummer: +49 231 13970260
Text: Carolin Reiter