10.06.2025 | Thomas Schiffelmann

Die Gründung eines Stifterkreises: Am Beispiel der Handicap International Stiftung

Ein Stifterkreis ist ein Zusammenschluss von Stiftern, die eine gemeinnützige Organisation mit einem größeren Geldbetrag unterstützen, unabhängig davon, ob als Grundstockvermögen, Zustiftung, Großspende oder mit ihrem Erbe.

Nach dem GfK Charity* Scope, einem in Kooperation von Deutschem Spendenrat und der Gesellschaft für Konsumforschung erhobenen Spendenpanel, geben die Deutschen durchschnittlich sechs Milliarden Euro pro Jahr an Zustiftungs- und Stiftungsgründungkapital. Während es für Kleinspender klar umrissene Förderprojekte gibt, wie z.B. Kinderpatenschaften, fehlen für die Stifter vergleichbare Angebote. Doch auch Stifter möchten der Studie zufolge konkrete Projekte mit greifbaren Resultaten vorgestellt bekommen und unterstützen.

Definition und Ansatz eines Stifterkreises

Ein Stifterkreis ist ein Zusammenschluss von Stiftern, die eine gemeinnützige Organisation mit einem größeren Geldbetrag unterstützen, unabhängig davon, ob als Grundstockvermögen, Zustiftung, Großspende oder mit ihrem Erbe. Der zentrale Ausgangspunkt des Stifterkreises ist der Wunsch des Stifters. Dieser Wunsch muss zunächst erfragt werden, um die Realisierbarkeit zu überprüfen. Stifter haben in der Regel den Wunsch, mit ihrem Engagement einfach und unkompliziert zu beginnen. Dem Stifter sollte daher ein Zugang zu möglichen Förderprojekten und Beteiligungsmöglichkeiten gegeben werden. Mit zunehmender Vertrauensbildung und Beziehungsentwicklung zwischen dem Stifterkreis und dem Stifter kann sein soziales Engagement ausgebaut werden. Die Betreuung der Stifter erfolgt primär in persönlichen Gesprächen.

Zielgruppe eines Stifterkreises

Zielgruppe eines Stifterkreises sind alle natürlichen Personen, die die finanziellen Mittel haben, in den nächsten zehn Jahren über 50.000 Euro für einen oder mehrere gemeinnützige Zwecke ausgeben zu können. Das Stiftungsangebot ist für Personen und Unternehmen konzipiert, denen die Notwendigkeit des Engagements ersichtlich ist und die sich gemeinnützig engagieren wollen. Die eigene Präsenz in der Öffentlichkeit ist nicht entscheidend. Stifter suchen vielmehr nach Möglichkeiten, ihr Engagement effizient umzusetzen. Sie werden primär durch andere Stifter motiviert, die sich schon engagieren. Die Zielgruppe lässt sich unterteilen in Stiftungsgründer und Erblasser.

Stiftungsgründer

Stiftungsgründer sind Privatpersonen und Unternehmen mit einem Vermögen von über 500.000 Euro oder einem Jahreseinkommen von über 125.000 Euro, die sich mit einer eigenen Stiftung oder Zustiftung für gemeinnützige Zwecke engagieren wollen.

Erblasser

Erblasser sind Privatpersonen, die ihr Vermögen ganz oder teilweise einer gemeinnützigen Organisation testamentarisch vererben wollen.

Angebote eines Stifterkreises

In einem Stifterkreis können Privatpersonen und Unternehmen unkompliziert und unentgeltlich eine eigene Stiftung gründen und verwalten lassen, eine gemeinnützige Organisation testamentarisch bedenken oder diese mit einer größeren Projektspende unterstützen. Der Stifterkreis übernimmt dabei sowohl die Errichtung und Verwaltung der neuen Stiftung als auch deren steuerliche Anerkennung beim Finanzamt und gegebenenfalls die rechtliche Anerkennung bei der Stiftungsaufsicht. Er bietet die Testamentsgestaltung und -vollstreckung an und hilft bei der Recherche und Auswahl eines passenden Förderprojektes. Bei der Gründung einer Stiftung unterscheidet man grundsätzlich zwischen einem Stiftungsfonds, einer treuhänderischen und einer rechtsfähigen Stiftung.

Stiftungsfonds

Der Stiftungsfonds ist rechtlich gesehen eine Zustiftung, also eine Zuwendung in den Vermögensstock einer bestehenden Stiftung. Der Stifter hat jedoch einige Gestaltungsmöglichkeiten wie in einer eigenen Stiftung. So können die Stifter für ihren Stiftungsfonds einen eigenen Namen und einen bestimmten Förderzweck bestimmen. Damit das Stiftungsengagement transparent wird, hat der Stiftungsfonds, wie die eigene Stiftung auch, eine separate Buchhaltung.

Treuhänderische Stiftung

Bei einer treuhänderischen Stiftung handelt es sich um ein Sondervermögen, das ein Stifter einem Treuhänder zur Verwirklichung eines oder mehrerer Zwecke überträgt. Die treuhänderische Stiftung ist keine Rechtsperson. Sie wird vom Treuhänder rechtlich vertreten. Sie gründet sich auf eine Stiftungssatzung und einen Treuhandvertrag, den der Stifter mit dem Treuhänder seiner Wahl abschließt. Durch diese Konstruktion entfallen für die treuhänderische Stiftung aufwändige Genehmigungsverfahren und Verwaltungsaufgaben.

Rechtsfähige Stiftung

Eine rechtsfähige Stiftung wird durch ein Stiftungsgeschäft errichtet. Dabei handelt es sich um eine Willenserklärung des Stifters, die entweder zu Lebzeiten abgegeben oder in einem Testament festgehalten wird. Die Stiftung ist eine eigene Rechtsperson und erlangt ihre Rechtsfähigkeit nur mit behördlicher Genehmigung. Die staatliche Anerkennung erfolgt durch die Stiftungsbehörde des Bundeslandes, in dem die Stiftung ihren Sitz hat. In der Satzung bestimmt der Stifter das grundlegende Profil seiner Stiftung.

Aufbau eines Stifterkreises

Beim Aufbau eines Stifterkreises steht der Stifter im Mittelpunkt aller Überlegungen. Für die angestrebte Bindung des Stifters ist in erster Linie seine Zufriedenheit wichtig, denn sie bildet die Grundlage für eine hohe Loyalität gegenüber der Organisation. Die Voraussetzung für den erfolgreichen Aufbau eines Stiftungsangebots ist eine bestimmte Anzahl an Förderern. Je nach Größe müssen die Instrumentarien für einen Stifterkreis dimensioniert sein. Zunächst ist zu definieren, welche Art von Stiftungsangebot man seinen Förderern unterbreiten will. Will man nur die Gründung von treuhänderischen oder auch von rechtsfähigen Stiftungen anbieten? Ab welchem Stiftungsvermögen bietet man die Stiftungsgründung an? Bei all diesen Fragen sollte der Angebotscharakter betont werden. Bei der Satzungsgestaltung sollte man dem Stifter möglichst große Freiheiten einräumen: Der Stifter sollte Auswahlmöglichkeiten bei der Benennung des Stiftungszwecks haben. Hier bieten sich sowohl inhaltliche als auch regionale Kriterien an.

Praxisbeispiel: Handicap International Stiftung

Viele Menschen möchten langfristig Zwecke fördern, die ihnen am Herzen liegen. Mit einer Zustiftung in die Handicap International Stiftung können auch Sie – gemeinsam mit vielen anderen Zustiftern – einen langfristigen Kapitalstock aufbauen. Zusätzlich können Sie eine Zuwendung in das Verbrauchsvermögen leisten, das im Bedarfsfall für notwendige Maßnahmen verwendet wird, zum Beispiel für ein konkretes Projekt oder in einer Notsituation.

Dauerhafte Zustiftung

Diese Form der Zustiftung ist eine Zuwendung in den zu erhaltenden Vermögensstock der Handicap International Stiftung. Ihre Zustiftung bleibt ungeschmälert erhalten, lediglich die Erträge dienen der Mitfinanzierung von konkreten Projekten oder der Unterstützung in Notsituationen. Damit bleibt Ihre Zustiftung dauerhaft erhalten.

Flexible Zustiftung

Die Handicap International Stiftung kombiniert die Vorteile einer Ewigkeits- und Verbrauchstiftung. Sie können flexibel entscheiden, ob Sie in den Vermögensstock zustiften und zur Ertragssteigerung beitragen möchten. Ihr zugestiftetes Kapital bleibt so ungeschmälert erhalten. Ihr zugewendetes Kapital kann auch ein Verbrauchsvermögen aufbauen und der Mitfinanzierung von konkreten Projekten oder der Unterstützung in Notsituationen dienen. Im Bedarfsfall können wir Menschen mit Behinderung flexibel und schnell aus diesem Verbrauchsvermögen helfen.

Über Handicap International

Handicap International (Humanity & Inclusion) ist eine gemeinnützige Organisation
für Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit, die in rund 60 Ländern aktiv ist. Wir
setzen uns für eine solidarische und inklusive Welt ein. Wir verbessern langfristig die Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderung und unterstützen diejenigen, die besonderen Schutz benötigen. Außerdem arbeiten wir für eine Welt ohne Minen und Streubomben sowie für den Schutz der Zivilbevölkerung im Krieg. Handicap International ist Co-Preisträgerin des Friedensnobelpreises von 1997.

Hier gelangen Sie zur Website von Handicap International*

*externe Webseite

Autor
Thomas Schiffelmann

Thomas Schiffelmann ist Leiter Marketing der humanitären Hilfsorganisation Handicap International und Vorstand der Handicap International Stiftung. Zudem ist der ausgebildete Bankkaufmann und diplomierte Wirtschaftswissenschafter Autor und Dozent für Stiftungsmanagement an der Frankfurt School of Finance & Management. Darüber hinaus promoviert er derzeit nebenberuflich an der Munich Business School in Kooperation mit der Sheffield Hallam University
zu Menschenwürde in der Wirtschaft.

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