21.11.2023 | Patrick Seip

Herausforderungen und Chancen von Nachfolgeregelungen in einer sich schnell wandelnden Unternehmenswelt

Knapp 30.000 Unternehmen stehen laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn jährlich zur Übergabe an, nur etwa die Hälfte davon kann ihre Nachfolge auch zukunftsgerecht regeln.

Special Topic, Small & Midcaps

Unsere Unternehmenswelt von heute befindet sich in einem steten Wandel. Parallel verlaufende Krisenherde, zunehmender technologischer Fortschritt sowie demographischer Wandel und ein verstärkter Konsolidierungsdruck in vielen Branchen sorgen auf Unternehmensseite nicht nur für immer neue Herausforderungen, sondern steigern zeitgleich vielerorts den Transformationsdruck. Dadurch rückt auch die mittlerweile seit mehreren Jahren bestehende Nachfolgeproblematik immer öfter in den Vordergrund.

Besonders mittelständische Betriebe sind in puncto nachhaltiger Nachfolgelösung gefordert – insbesondere mit Blick auf den bevorstehenden Ruhestand vieler Geschäftsführer der Babyboomer-Generation. Knapp 30.000 Unternehmen stehen laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn jährlich zur Übergabe an, nur etwa die Hälfte davon kann ihre Nachfolge auch zukunftsgerecht regeln. Die Bedeutung einer gut durchdachten und rechtzeitig implementierten Unternehmensnachfolge wird in den kommenden Jahren also nicht geringer – im Gegenteil: In einem volatilen Umfeld ist sie einmal mehr essenziell, um sowohl Kontinuität und Mittelstandskultur als auch das individuelle Unternehmenserbe zu wahren.

Branchenperspektiven

So vielseitig wie die Branchen des deutschen Mittelstandes sind, so vielseitig sind auch ihr Wandel und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen. Ein Blick in die Sektoren Tiefbau/Infrastrukturbau, Gebäudeinstallation sowie in den durch Pandemie und Fachkräftemangel immer mehr in den Fokus gerückten Bildungsbereich zeigt, worauf sich die Unternehmen bei der Nachfolgersuche in nächster Zeit einstellen müssen.

Tief- und Infrastrukturausbau: Herausforderungen und Chancen bei der Nachfolgeplanung

Der Sektor des Tief- und Infrastrukturausbaus hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Transformation erlebt und stellt somit ein prägnantes Beispiel für die zunehmenden, sich schnell verändernden Anforderungen dar. Neben Herausforderungen wie dem technologischen Fortschritt, den weiterhin spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie verschärften Umweltauflagen – Stichwort Ressourcenschonung und Energieeffizienz – stehen vor allem Unternehmensnachfolgen im Fokus dieser Veränderungen. In den letzten Jahren konnte dadurch ein verstärkter Trend zur Konsolidierung in der Branche beobachtet werden. Kleinere Unternehmen suchen angesichts der steigenden Anforderungen vermehrt nach Möglichkeiten, sich mit größeren Partnern zu vereinen. Einerseits, um ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stärken, und andererseits, um von den dadurch geschaffenen Skaleneffekten zu profitieren. Zeitgleich ergeben sich durch staatliche Investitionsprogramme im Infrastrukturbereich strategische Chancen für Unternehmenskäufe – insbesondere für jene Betriebe, die bereits über Know-how und Erfahrung in der Realisierung öffentlicher Projekte verfügen. Sie können von größeren Auftragsvolumen profitieren und ihr Portfolio durch die gezielte Suche nach geeigneten, ergänzenden Unternehmen nachhaltig erweitern.

Abb. 1 Aktuelle Herausforderungen für die Branche: Tief- und Infrastrukturausbau

Abb. 1 Aktuelle Herausforderungen für die Branche: Tief- und Infrastrukturausbau

Quelle: Eigene Darstellung

In den kommenden Jahren erreichen viele Inhaber mittelständischer Tiefbauunternehmen das Rentenalter, wodurch vorbereitende Maßnahmen für die Unternehmensnachfolge einmal mehr an Bedeutung gewinnen. Für Verkäufer bietet diese Entwicklung die Chance, ihre Investitionen zu monetarisieren und die Zukunft ihres Lebenswerks zu gestalten, während Käufer von neuen Wachstumschancen und dem Wissen etablierter Marktteilnehmer profitieren. Unzureichende Planung und Umsetzung von M&A-Transaktionen kann jedoch finanzielle Verluste und betriebliche Störungen verursachen. Insgesamt erfordert die sich wandelnde Unternehmenslandschaft im Tief- und Infrastrukturausbau aufgrund technologischer, regulatorischer und demographischer Veränderungen eine ganzheitliche Strategie, die sowohl das operative Tagesgeschäft als auch die Nachfolgeplanung berücksichtigt.

Gebäudeinstallation: Herausforderungen und Chancen bei der Nachfolgeplanung

Während ein Bauboom in der Niedrigzinsphase für anhaltendes Wachstum und hohe Auslastung im Bereich der Gebäudeinstallation sorgte, brachten verschiedene geopolitische Spannungen schnelle Abkühlung: Fortwährende Lieferkettenprobleme, Fachkräftemangel und eine schwächelnde Baukonjunktur fordern die Branche. Ebenso wirkt sich die zunehmende Unsicherheit bei Bauherren in Folge politischer Neuerungen z.B. bei Heizsystemen sowie Änderungen in den Förderungsrichtlinien auf die Unternehmen aus.

Trotz der diversen Herausforderungen bieten sich der Branche aber auch Chancen: Denn auf dem Weg zur Klimaneutralität spielen Gebäudeinstallationsunternehmen eine entscheidende Schlüsselrolle. Rund 18 Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland entstehen allein durch das Beheizen und Kühlen von Gebäuden sowie die Warmwasserbereitstellung. Ein Aspekt, der die Branche vermehrt in den Fokus zahlreicher Kaufinteressenten rückt.

Wie im Sektor des Tief- und Infrastrukturausbaus zeigen sich auch im Bereich Gebäudeinstallation immer stärkere Konsolidierungstendenzen, die vor allem durch die zunehmende Aktivität von Finanzinvestoren und den vermehrten Einsatz von Buy-&-Build-Strategien weiter vorangetrieben werden. Aber auch unter Strategen wächst das Interesse an der Branche, insbesondere an Unternehmen aus dem Bereich Heizungsbau und der Elektroinstallation. So treten beispielsweise Stadtwerke immer häufiger als potenzielle Käufer auf, da sie durch den gezielten Zukauf ergänzender Unternehmen ihren Kunden ein umfassenderes Leistungsangebot bieten können.

Abb. 2 Aktuelle Herausforderungen für die Branche: Gebäudeinstallation

Abb. 2 Aktuelle Herausforderungen für die Branche: Gebäudeinstallation

Quelle: Eigene Darstellung

Für Unternehmer aus der Branche, die in absehbarer Zeit ihre Nachfolge regeln müssen, ist diese Entwicklung ein Glücksfall. Durch das verstärkte Interesse steigt auch die Auswahl an potenziellen Nachfolgepartnern. Aber auch auf Käuferseite bieten sich dadurch für Unternehmer Chancen: Beispielsweise kann der Erwerb eines kleinen Elektrikbetriebs für einen Heizungsinstallateur mit Blick auf die Diversifizierung seines Leistungsangebots durchaus sinnvoll sein. Die Inbetriebnahme von Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen, die häufig Hand in Hand gehen, kann somit durch eigenes Personal bewältigt und so die Abhängigkeiten von nachgelagerten Gewerken reduziert werden.

Bildung: Herausforderungen und Chancen bei der Nachfolgeplanung

Wie in kaum einer anderen Branche hat die Pandemie im Bildungssektor zu kurzfristigen, disruptiven Änderungen geführt. Dabei wurden von einem auf den anderen Tag die Schwächen des traditionellen Präsenzunterrichts und der umgehende Bedarf an digitalen Weiterbildungsangeboten aufgezeigt. Ein Aspekt, der sich auch auf bevorstehende Nachfolgeregelungen in der Branche auswirkt. Denn die durch die Pandemie entstandene Möglichkeit, überregional und ortsunabhängig neue Kundengruppen zu erschließen, hat nicht nur den Wettbewerb in der Branche erhöht. Durch den Wegfall der natürlichen regionalen Markteintrittsbarriere stehen nun plötzlich ehemalige, jahrzehntelange Marktführer aus ländlichen Gebieten im Wettbewerb mit jungen, urbanen Unternehmen. Darüber hinaus steigt der Druck auf Unternehmen für zusätzliche Investitionen, wie beispielsweise Marketinginvestitionen im digitalen Raum, um mit den geänderten Anforderungen Schritt zu halten. Hinzukommt die branchenübergreifende Nachfrage an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Zuge des Fachkräftemangels.

Ähnlich wie in anderen Branchen hat es sich dabei in den vergangenen Monaten gezeigt, dass Unternehmen mit Größenvorteilen und schneller Anpassungsfähigkeit klar im Vorteil sind. Ein Aspekt, der sich auch auf die Nachfolgeregelungen in der Branche auswirkt. Der Bildungsmarkt ist nach wie vor stark fragmentiert, und die durch die Pandemie entstandenen Herausforderungen sowie Chancen befeuern den bereits losgetretenen Konsolidierungstrend. Denn die notwendigen Veränderungen sind von Unternehmen bzw. Gruppen mit Größenvorteilen im Vergleich zu kleineren Betrieben deutlich schneller und effektiver umzusetzen.

Abb. 3 Aktuelle Herausforderungen für die Branche: Bildung

Abb. 3 Aktuelle Herausforderungen für die Branche: Bildung

Quelle: Eigene Darstellung

Dass das vorhandene Potenzial des Bildungssektors als Wachstumsmarkt erkannt wurde, zeigt sich insbesondere in dem zunehmenden Engagement institutioneller Investoren. Diverse Private-Equity-Fonds haben in den vergangenen Jahren Bildungsdienstleistungsgruppen erworben bzw. diese im Rahmen von Buy-&-Build-Strategien aufgebaut – sowohl innerhalb Deutschlands bzw. in der DACH-Region als auch international. Im Fokus standen dabei bislang vor allem der breite Bereich der geförderten Aus- und Weiterbildung, aber auch spezielle Nischen wie Kindertagesstätten oder spezialisierte Hochschulen.

Ganzheitliche Nachfolgestrategie wird umso wichtiger – vor allem in einem volatilen Umfeld

Ganz gleich welcher Branche man sich widmet – Nachfolgeregelungen stellen Unternehmen immer wieder vor spezifische, oftmals auch unbekannte Herausforderungen. Und das nicht erst seit der Pandemie, der Fachkräfte- und Lieferkettenproblematik oder dem gestiegenen Transformationsdruck. Sicherlich haben Faktoren wie diese die Anforderungen an Unternehmen nachhaltig verändert. Und sie nehmen auch Einfluss auf den ohnehin sensiblen Bereich der Unternehmensnachfolge. Nichtsdestotrotz ergeben sich dadurch auch langfristige Chancen – sowohl für Verkäufer als auch für Käufer, um von den Veränderungen in ihren jeweiligen Branchen zu profitieren. Für Betriebe, die in den kommenden Monaten und Jahren ihre Nachfolge regeln müssen, wird es einmal mehr entscheidend sein, dabei auf eine gut durchdachte Strategie zu setzen. Eine Strategie, die sowohl das operative Tagesgeschäft als auch die Anpassung an unsere schnell wandelnde Unternehmenswelt berücksichtigt.

Über Nachfolgekontor und sonntag corporate finance

Die Nachfolgekontor GmbH ist im Verbund mit der sonntag corporate finance GmbH eines der führenden M&A-Beratungshäuser im deutschen Mittelstand. Das knapp 30-köpfige Expertenteam begleitet mittelständische Unternehmer exklusiv durch den gesamten Verkaufs-prozess. „Unsere Aufgabe besteht darin, Lebenswerke zu sichern“, lautet das Selbstverständnis. Dabei profitieren die Kunden von einem einzigartigen, mehrfach von der Wirtschaftspresse ausgezeichneten Ansatz, der die Identität ihrer Unternehmen in besonderem Maße schützt. Durch den exzellenten Zugang zum Mittelstand haben sich Nachfolge-kontor und sonntag corporate finance auch als starker Partner an der Seite renommierter nationaler und internationaler Großunternehmen und Investoren bei Zukäufen etabliert. www.nachfolgekontor.de

Patrick Seip
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Patrick Seip

Patrick Seip, Managing Director, sonntag corporate finance

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