22.03.2023 | Mark Uwe Pawlytta

Nachfolgeplanung für Unternehmerfamilien

In Deutschland tritt rund ein Viertel aller Unternehmensnachfolgen rechtlich und steuerlich unvorbereitet ein. Viele erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer scheuen den Umgang mit der Nachfolgeplanung.

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In Deutschland tritt rund ein Viertel aller Unternehmensnachfolgen rechtlich und steuerlich unvorbereitet ein. Viele erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer scheuen den Umgang mit der Nachfolgeplanung.

Das Thema Vorsorge für den eigenen Tod ist für viele Menschen unangenehm. Die Psychologie ist nicht zu unterschätzen, wenn die Beschäftigung mit einem Testament die Möglichkeit des eigenen Ablebens ganz real werden lässt. Ferner scheuen viele die Entscheidung, wer die operative Nachfolge und/oder die Anteilsnachfolge antreten soll. Die Entscheidung für einen Nachfolger ist auch eine Entscheidung gegen andere, was Konflikte auslösen kann, die lieber verdrängt werden. Das gilt erst recht, wenn die erfolgreiche Nachfolge Familienangehörigen nicht zugetraut wird und eine familienfremde Lösung die bessere Wahl wäre. Schließlich besteht auch die Vorstellung, die Nachfolge perfekt lösen zu müssen, damit das Unternehmen erfolgreich weitergeführt werden kann. Da jedoch eine perfekte rechtliche, steuerliche und ökonomische Nachfolgelösung, die zudem alle familiären Konflikte löst oder vermeidet, herausfordernd ist und viel Zeit in Anspruch nimmt, die Unternehmer im Alltag nicht haben, wird erst gar nicht mit der Arbeit an einem Nachfolgekonzept begonnen. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt aber die Richtigkeit des Mottos „Weniger ist besser als nichts“, denn schon wenige Maßnahmen können große Effekte erzielen.

Frühzeitige Planung

Einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einer guten Nachfolgelösung ist die generelle Bereitschaft, sich vom ersten Tag des Unternehmerdaseins an mit der Frage zu beschäftigen, was im „Ernstfall“ passieren soll. Wer soll nach dem Tod die Firmenanteile erhalten und die operativen Geschäfte führen? Mindestens genauso wichtig ist die Antwort auf die Frage nach der Vertretungsregelung nach einem schweren Unfall oder während einer schweren Krankheit. Das mag eigenartig klingen, wenn man gerade als Gründer, Käufer oder Erbe von Firmenanteilen vor neuen Aufgaben steht und dann ausgerechnet seine Nachfolge regeln soll. Doch es geht um zwei Aspekte: Wer vom ersten Tag an die Beschäftigung mit Nachfolgefragen als wichtige Unternehmeraufgabe begreift, die etwa gleichberechtigt neben strategischen Themen der Unternehmensplanung steht, verliert die Scheu, sich immer wieder mit solchen Fragen auseinanderzusetzen. Es baut sich also im Unternehmerleben kein Hemmnis vor diesem Thema auf. Der zweite Aspekt ist, dass es Unternehmerinnen und Unternehmern in einem frühen Stadium erfahrungsgemäß auch leichter fällt, sich für eine Lösung zu entscheiden, selbst wenn diese (noch) nicht perfekt sein mag.

Ein kurzer Planungshorizont kann helfen

Neben der inneren Bereitschaft, die Arbeit an Nachfolgelösungen von Beginn an als unternehmerische Notwendigkeit zu verstehen, ist der Planungshorizont ein weiterer wichtiger Aspekt. Es entlastet, wenn man erst gar nicht versucht, eine Nachfolgelösung zu finden, die sich für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre als optimal erweisen muss. Es ist im Zweifel besser, in kürzeren Zeiträumen zu planen und die Nachfolgelösung alle zwei oder drei Jahre zu überprüfen. Das Gefühl, Dinge in absehbarer Zeit korrigieren oder verbessern zu können, entspannt und trägt auch dazu bei, sich mit Nachfolgefragen leichter zu beschäftigen.

Wichtige Bausteine einer Nachfolgelösung

Doch welches sind nun die Bausteine einer gelungenen Nachfolgelösung? Da wäre zunächst eine (Vorsorge-)Vollmacht zu nennen, in der eine Person des Vertrauens eingesetzt wird, die wichtige Entscheidungen während einer längeren Krankheit treffen kann. Es kann sinnvoll sein, für private und geschäftliche Angelegenheiten unterschiedliche Personen zu bevollmächtigen, etwa für Entscheidungen, die die Gesundheit betreffen. Mit der Vollmacht allein ist es nicht getan, sondern es ist wichtig, bestimmte Unterlagen, Schlüssel und Informationen für den Bevollmächtigten als Person des Vertrauens zu hinterlegen. Eine Checkliste ist auch hilfreich, etwa mit einer Auflistung wichtiger Ansprechpartner im Unter-nehmen, wichtiger Kunden oder bedeutsamer Patente und Verträge. Auch an digitale Passwörter muss gedacht werden, ohne die heute fast nichts mehr geht. Das Ziel muss sein, bei einem kurzfristigen Ausfall die Ge-schäfte des Unternehmens weiter betreiben zu können. Selbst im Todesfall ist eine gute Vollmacht von großer Bedeutung, da es häufig viele Monate dauert, bis die Nachlassgerichte ein Testament eröffnen und anschließend einen Erbschein erteilen.

Das Testament als wichtiger Baustein für eine gute Nachfolgeregelung muss die klare Anordnung enthalten, wer Erbe wird und die Firmenanteile erhält. Hierbei sollte überlegt werden, ob z.B. mehrere Erben eine gute Idee sind. Sie bilden eine Erbengemeinschaft, in der häufig jede kleine oder große Maßnahme abgestimmt werden muss. Das kann das Unternehmen blockieren, denn Erben verwalten das Unternehmensvermögen gemeinschaftlich und müssen die Mitgliedschaftsrechte einheitlich ausüben. Und familiäre Konflikte und offene Rechnungen aus der Vergangenheit lösen sich am Gesellschaftertisch nicht einfach auf. Im Gegenteil wirkt ein Erbfall hin und wieder wie ein Brandbeschleuniger für Konflikte, die zuvor nur schwelten, solange der Erblasser noch lebte. Nicht selten lassen sich Unternehmer auch von der Planung abhalten, weil die Kinder noch zu klein sind. Die Praxis hat hierfür jedoch Testamentsvollstreckerlösungen entwickelt. Eine Person des Vertrauens, die zugleich unternehmerisch geeignet ist, könnte den Nachlass für die Kinder verwalten, bis diese reif genug sind, um Verantwortung im Unternehmen zu übernehmen. In dieser Zeit kann auch eine Abfindungslösung für die weichenden Erben entwickelt werden, die nicht nachfolgen sollen oder wollen.

Als dritter Baustein ist für verheiratete Unternehmerinnen und Unternehmer der Ehevertrag zu nennen. Ein guter Ehevertrag ist steuerlich attraktiv, schafft Klarheit und schützt in der Krise die eigenen Nerven und die Firma. Auch hier hilft es, früh anzufangen. Wer nach zehn oder fünfzehn Ehejahren mit Blick auf die Wertsteigerungen der Firma das Thema Ehevertrag erstmalig anpackt, muss sich auf Diskussionen und fragliche Kompromisse einstellen.

Wer also sein unternehmerisches Lebenswerk schützen möchte, sollte früh beginnen, sich mit der Nachfolge zu beschäftigen. Bevor eine Nachfolgelösung ganz verdrängt oder über Jahre nach einem perfekten Konzept gesucht wird, sollten praktikable (Übergangs-)Lösungen gewählt werden, die kurz- bis mittelfristig wirken. Es empfiehlt sich, diese alle zwei bis drei Jahre zu überprüfen. Als zentrale Bausteine sind Vollmachten, ein Testament und ein Ehevertrag zu nennen. Neben rechtlichen Lösungen sind die verschärften steuerlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Unternehmerfamilien leben und arbeiten häufig international, Kinder studieren im Ausland und arbeiten dort auch für eine gewisse Zeit. So haben z.B. die Gefahren der sogenannten Wegzugsteuer – einer fiktiven Veräußerungsgewinnsteuer – in den vergangenen Jahren zugenommen. Mit einer vorausschauenden Planung lassen sich diese Gefahren vermeiden.

Mark Uwe Pawlytta
Autor
Mark Uwe Pawlytta

Mark Uwe Pawlytta kümmert sich seit mehr als 20 Jahren um die Sicherung des Vermögens von Unternehmern, Privatpersonen und Stiftungen und leitet den Bereich Familienunternehmen, Nachfolge & Stiftungen der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Deutschland.

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